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09 - Befehl von oben

09 - Befehl von oben

Titel: 09 - Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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teils, weil Ryans Zeit jetzt viel kostbarer war und nicht vergeudet werden durfte. Mehr als alles andere bedeutete es aber, daß er auf etwas zueilte, das er am liebsten gemieden hätte. Erst ein paar Tage zuvor hatte er Roger Durlings Einladung zur Vizepräsidentschaft angenommen, und das hauptsächlich als Mittel, sich dann ein für allemal aus dem Staatsdienst zurückziehen zu können. Warum war es nur so, daß er nie vor etwas weglaufen konnte? Gewiß sah das nicht nach Mut aus. Ganz im Gegenteil. Er hatte sich so oft gefürchtet, gefürchtet, nein zu sagen, weil Leute ihn für einen Feigling halten könnten. Gefürchtet, etwas zu tun, was nicht seinem Gewissen entsprach, und so oft war das, was es ihm auftrug, etwas, das zu tun er haßte oder sich fürchtete, aber es gab nie eine ehrenvolle Alternative, die er hätte wählen können.
    »Es wird schon in Ordnung gehen«, sagte van Damm zu ihm, als er den Gesichtsausdruck sah und wußte, was der neue Präsident denken mußte.
Nein, wird es nicht, konnte Jack nicht erwidern.
3 / Musterung
    Der Roosevelt Room ist benannt nach Teddy, und an der Ostwand hängt die Urkunde seines Friedensnobelpreises für die >erfolgreiche< Vermittlung im Russisch-Japanischen Krieg. Jetzt konnten Historiker sagen, daß diese Leistung die Japaner nur im Großmachtstreben bestärkt und die russische Seele so sehr verletzt hatte, daß Stalin - wohl kaum als Freund der Romanow-Dynastie zu bezeichnen - das Bedürfnis verspürt hatte, die Demütigung seines Landes zu rächen. Der Raum wurde für mittelgroße Essen und Treffen genutzt und lag günstig nahe beim Oval Office. Dahin zu gelangen erwies sich als schwieriger, als Jack erwartete.
    Für ein so bedeutendes Gebäude sind die Korridore des White House ziemlich eng, und der Secret Service war zahlenmäßig stark vertreten, wenn auch die Waffen verstaut waren. Das war eine willkommene Erleichterung. Ryan kam an zehn neuen Agenten vorbei, zusätzlich zu denen, die seine mobile Leibwache bildeten, was SWORDSMAN einen Seufzer der Verzweiflung abrang. Alles war jetzt neu und anders, und das Detail, das sonst einen recht geschäftigen Eindruck vermittelte, bisweilen sogar einen amüsanten, war jetzt bloß noch etwas, das ihn daran gemahnte, wie traumatisch sich sein Leben verändert hatte.
    »Was nun?« fragte Jack.
»Hier entlang!« Ein Agent öffnete eine Tür, und dahinter fand Ryan die Vigasistin des Präsidenten. Es ging formlos zu, und die Künstlerin, eine Frau Mitte Fünfzig, hatte alle Utensilien in einem Kunstlederkoffer bei sich. So oft er auch im Fernsehen gewesen war - ziemlich häufig in seiner vorherigen Stellung als Nationaler Sicherheitsberater -, diese Prozedur hatte er nie schätzen gelernt und mußte seine ganze Beherrschung aufbringen, nicht zu zappeln, während die flüssige Grundlage mittels Schwamm aufgetragen wurde, gefolgt von Puder und Haarspray und dem übrigen Aufhebens. Und das alles geschah ohne ein Wort der Frau, die aussah, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen.
»Ich habe ihn auch sehr gemocht«, sagte ihr Jack. Ihre Hände hielten inne, und ihre Blicke begegneten sich.
»Er war immer so nett. Er hat das gehaßt, wie Sie auch, hat sich aber nie beklagt, und meistens erzählte er Witze. Manchmal hab' ich die Kinder gemacht, so zum Spaß. Die mochten das, auch der Junge. Sie spielten dann vor dem Fernseher und bekamen Bänder von den Aufnahmeteams ...«
»Ist okay.« Ryan nahm ihre Hand. Jetzt war er doch jemandem vom Stab begegnet, die nicht ganz Geschäftigkeit war und die ihm nicht das Gefühl gab, ein Tier im Zoo zu sein. »Wie ist Ihr Name?«
»Mary Abbot.« Jetzt liefen ihr die Augen über, und sie wollte sich entschuldigen.
»Wie lange sind Sie schon hier?«
»Seit kurz bevor Mr. Carter das Haus verließ.« Mrs. Abbot wischte sich die Tränen ab und fing sich wieder.
»Nun, vielleicht sollte ich Sie dann ab und zu um Rat fragen«, sagte er sanft.
»Oh, nein, davon verstehe ich doch nichts.« Sie rang sich ein verlegenes Lächeln ab.
»Ich auch nicht. Ich glaube, ich muß es einfach lernen.« Ryan sah in den Spiegel. »Fertig?«
»Jawohl, Mr. President.«
»Danke, Mrs. Abbot!«
Er wurde auf einen hölzernen Lehnstuhl gesetzt. Die Scheinwerfer standen schon, was den Raum, wie es schien, bis fünfundzwanzig Grad aufheizte. Ein Techniker klemmte ihm ein Stereomikrofon an den Schlips und war dabei ebenso behutsam wie Mrs. Abbot, denn über jedes einzelne Mitglied des Aufnahmeteams wachte ein

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