Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
09 - Befehl von oben

09 - Befehl von oben

Titel: 09 - Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
verstehend, nicht begreifend, daß ein Leben, das doch vor so kurzer Zeit erst begonnen hatte, mit Sicherheit jetzt endete, baten seine Eltern, es in Ordnung zu bringen, wie sie es stets in seinen acht Jahren getan hatten. Der Raum stank nach Blut und Schweiß und anderen Körperflüssigkeiten, und sein Blick kam aus immer größerer Ferne. Selbst als er ruhig dalag, schien er sich zu entfernen, und wahrhaftig, Dr. Moudi schloß die Augen und flüsterte ein Gebet für den Jungen, der schließlich nur ein Junge war, und wenn auch kein Muslim, so doch ein religiöses Kind, dem der Zugang zum Wort des Propheten unfair verwehrt worden war. Vor allem anderen war Allah barmherzig und würde gewiß diesem Jungen Gnade erweisen und ihn ins Paradies geleiten. Und besser, wenn das rasch geschah.
Wenn eine Aura schwarz sein konnte, dann war es diese. Der Tod umschlang den jungen Patienten Zentimeter um Zentimeter. Das schmerzhafte Atmen flachte ab, die Augen, seinen Eltern zugewandt, bewegten sich nicht mehr, und das gequälte Zucken der Glieder wanderte die Extremitäten hinab, bis sich nur noch die Finger rührten, immer schwächer, und dann auch nicht mehr.
Schwester Maria Magdalena, die hinter und zwischen Mutter und Vater stand, legte jedem von ihnen eine Hand auf die Schulter, und Dr. Moudi trat näher heran und hielt dem Patienten sein Stethoskop an die Brust. Da war noch Geräusch, Glucksen und schwaches Reißen, während die Nekrose Gewebe zerstörte - ein furchtbarer, immer noch dynamischer Prozeß; vom Herzen aber war nichts zu hören. Zur Sicherheit setzte er das hochbetagte Instrument an verschiedenen Stellen auf, dann wandte er sich vom Patienten ab.
»Er ist entschlafen. Es tut mir sehr leid.« Er hätte noch hinzufügen können, daß dies für Ebola ein gnädiger Tod gewesen war, jedenfalls nach Aussage der Bücher und Artikel. Dies war Moudis erste direkte Erfahrung mit dem Virus, und sie war schon schlimm genug gewesen.
Die Eltern trugen es mit Fassung. Daß es so kommen würde, hatten sie schon einen ganzen Tag gewußt, lange genug, um sich darauf einzustellen. Sie würden nach Hause gehen und beten, wie es sich gehörte.
Benedikt Mkusas Leiche würde verbrannt werden und das Virus mit ihr. Das Telex aus Atlanta war diesbezüglich unmißverständlich. Leider.
*
    Ryan machte ein paar Fingerübungen, als das Händeschütteln zu Ende war. Er wandte sich seiner Frau zu, die sich die Hand massierte und tief Luft holte. »Möchtest du etwas?« fragte Jack.
    »Etwas ohne. Zwei Eingriffe morgen vormittag.« Und sie hatten noch keine praktischere Lösung gefunden, Cathy zur Arbeit zu bringen.
»Wieviel von so was kommt noch auf uns zu?« fragte sie.
»Ich weiß nicht«, gestand der Präsident, obwohl er wußte, daß Termine schon Monate im voraus abgestimmt wurden und daß am Großteil des schon festgelegten Programms festgehalten würde, seinen Wünschen zum Trotz. Mit jedem Tag verwunderte es ihn mehr, daß es Leute gab, die sich nach diesem Job sehnten - es gab so viele Pflichten am Rande, daß der Job selbst kaum erfüllt werden konnte. Doch im Grunde waren es auch diese amtsfremden Pflichten, die den Job ausmachten.
Dann kam ein Bediensteter mit alkoholfreien Getränken für den Präsidenten und die First Lady. Die Papierservietten waren geprägt mit einer Abbildung des White House, darunter stand THE PRESIDENT'S HOUSE.
Ehemann und Frau bemerkten das im gleichen Augenblick, dann trafen sich ihre Blicke.
»Weißt du noch, wie wir das erstemal mit Sally in Disney World waren?« fragte Cathy.
Jack wußte, was seine Frau meinte. Kurz nach dem dritten Geburtstag ihrer Tochter, nicht lange vor ihrem Flug nach England ... und dem Beginn einer Reise, die, wie es schien, niemals enden würde. Sally hatte sich aufs Schloß im Zentrum des Magie Kingdom fixiert und schaute immerzu dorthin, egal, wo sie gerade waren. Sie hatte es Mickeys Haus genannt. Nun, jetzt hatten sie ihr eigenes Schloß. Für eine Weile jedenfalls. Aber die Miete dafür war recht hoch. Cathy ging zu Robby und Sissy Jackson hinüber, die sich mit dem Prinzen von Wales unterhielten.
Jack fand seinen Stabschef.
»Wie geht's der Hand?« erkundigte sich Arnie.
»Keine Beschwerden.«
»Sie können froh sein, daß es kein Wahlkampf ist. Viele Leute denken, beim freundlichen Händedruck müssen Knöchel knacken - so von Mann zu Mann und so. Wenigstens wissen es die hier besser.« Van Damm nippte an seinem Perrier und musterte den Raum. Der Empfang lief gut.

Weitere Kostenlose Bücher