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09 - Befehl von oben

09 - Befehl von oben

Titel: 09 - Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Röhrchen, stellte es ab und nahm sich ein viertes.
»Was ist los, Schwester?«
    »Herr Doktor, ich glaube, diese Proben müssen sofort untersucht werden. Bitte, Sie sollten auch frische Gummihandschuhe anziehen.«
Moudi kam herüber und blieb einen Meter entfernt stehen, während sie die Nadel herauszog. Er sah ihr ins Gesicht und in die Augen - wie die Frauen in seiner Heimatstadt Ghom war sie schlicht und keusch gekleidet. An diesen Nonnen gab es viel zu bewundern: gut gelaunt, fleißig und sehr fromm im Dienst an ihrem falschen Gott - das stimmte nicht ganz ... Er konnte es in ihren Augen sehen, deutlicher noch als an offenen Symptomen. Er sah, was sie bereits wußte.
»Bitte setzen Sie sich hin, Schwester.«
»Nein ... Ich muß ...«
»Schwester«, sagte der Arzt etwas nachdrücklicher. »Sie sind jetzt Patientin. Sie werden bitte tun, was ich sage, ja?«
»Herr Doktor, ich ...«
Seine Stimme wurde sanfter. Es hatte keinen Zweck, barsch zu sein, und wahrlich verdiente diese Frau keine solche Behandlung vor Gott.
»Schwester, nach all der Fürsorge und Hingabe, die Sie so vielen in diesem Hospital angedeihen ließen, bitte, erlauben Sie diesem demütigen Gast, Ihnen ein wenig davon zurückzugeben.«
Jean Baptiste tat, wie ihr geheißen. Zuerst streifte sich Dr. Moudi ein Paar frische Handschuhe über. Dann kontrollierte er ihren Puls, 88, ihren Blutdruck, 138/90, und dann maß er ihre Temperatur, 39 - alle Werte waren zu hoch, die ersten beiden wegen des dritten und alle zusammen wegen dem, was sie befürchtete. Es hätte alles mögliche sein können, von ganz Simplem bis ganz Letalem, aber sie hatte diesen Mkusa-Jungen behandelt, und das unglückliche Kind lag im Sterben. Er ließ sie hier sitzen, nahm vorsichtig die Röhrchen und brachte sie zu seinem Arbeitstisch.
Moudi hatte eigentlich Chirurg werden wollen. Als jüngster von vier Söhnen, Neffen des Führers des Landes, wartete er ungeduldig, erwachsen zu werden; sah zu, wie seine älteren Brüder gegen den Irak in den Krieg zogen. Zwei von ihnen waren gefallen, der dritte als Krüppel heimgekehrt, nur um später von eigener, verzweifelter Hand zu sterben, und da hatte er sich vorgenommen, Chirurg zu werden, um Allahs Kriegern besser das Leben retten zu können, damit sie weiter für die Heilige Sache kämpfen konnten. Sein Verlangen hatte sich geändert, und statt dessen hatte er Infektionskrankheiten studiert, denn es gab mehr als eine Art, für die Sache zu kämpfen, und nach Jahren der Geduld begann sein Weg sich jetzt abzuzeichnen.
Minuten später ging er zur Isolierstation. Den Tod umgibt eine Aura, wie Moudi wußte. Vielleicht war das Bild, das er vor sich sah, nur eine Vorstellung, aber die Tatsache, der es entstammte, war es nicht. Als ihm die Schwester die Blutproben gebracht hatte, teilte er sie in zwei Hälften, eine davon schickte er sorgfältig verpackt per Luftexpreß an die Centers for Disease Control (CDC) in Atlanta, Georgia, USA: weltweite Zentrale für die Analyse exotischer und gefährlicher Krankheitserreger. Die andere hatte er bis auf weiteres tiefgekühlt aufbewahrt. Die CDC waren effizient wie immer. Vor ein paar Stunden war das Telex eingetroffen: Ebola-Zaire war der Befund, gefolgt von einer langen Reihe vollkommen unnötiger Warnungen und Instruktionen. Seine Diagnose war dieselbe gewesen. Nur wenige Dinge töteten so wie das, und keines so schnell.
Es war, als ob Benedikt Mkusa von Allah selbst mit einem Fluch belegt worden wäre, doch das, wußte Moudi, konnte nicht sein, denn Allah war ein barmherziger Gott, der die Jungen und Unschuldigen nicht absichtlich quälte. Zu sagen, »es steht geschrieben«, wäre akkurater, aber kaum barmherziger für den Patienten und seine Eltern. Sie saßen an seinem Bett, in Schutzkleidung, und sahen ihre Welt vor ihren Augen sterben. Der Junge erlitt Schmerzen - entsetzliche Qualen. Teile seines Körpers waren tot und verrotteten, während sein Herz sich weiter bemühte zu pumpen und sein Gehirn, die Abläufe des Körpers zu steuern; Das einzige, das dem menschlichen Körper auch so was antun konnte, war massive Einwirkung ionisierender Strahlung. Die Folgen waren ähnlich. Einzeln nacheinander zuerst, dann paarweise, dann in Gruppen, dann alle auf einmal starben die inneren Organe ab. Der Junge war jetzt zu schwach zum Erbrechen, dafür trat am anderen Ende des Verdauungstrakts Blut aus. Nur die Augen waren noch beinahe normal, aber blutunterlaufen. Dunkle, junge Augen, traurig und nicht

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