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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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hätte.
    In der Nähe des Büros sah Barbara die Boote, die Charlie vermietete. Außer den Motorbooten und Kajaks, die auf Gestellen lagen, warteten zehn Kanus und acht Zodiac-Schlauchboote auf dem Ponton. Zwei der Zodiacs waren von Möwen mit Beschlag belegt, deren Genossinnen kreischend über ihnen kreisten.
    Während Barbara sich die Zodiacs ansah, rief sie sich die Liste von Vergehen und Verbrechen ins Gedächtnis, die Belinda Warner aus der Kartei der Dienststelle zusammengestellt hatte. Zuvor hatte ihr Interesse sich auf die Einbrüche in den Strandhütten gerichtet, weil ihr dabei sofort Trevor Ruddock und sein fehlendes Alibi für den Mordabend eingefallen waren. Jetzt aber sah sie, daß es in der Liste einen weiteren interessanten Punkt gab.
    Sie ging auf den schmalen Ponton hinaus, um sich die Zodiacs näher anzusehen. Jedes der Boote war mit Rudern ausgerüstet, sie konnten aber auch mit Motoren versehen werden, die auf Gestellen ziemlich am Ende des Pontons lagen. Eins der Schlauchboote, bereits mit einem Motor versehen, lag schon im Wasser, und als Barbara den Zündschlüssel drehte, entdeckte sie, daß es sich um einen Elektromotor handelte, der praktisch geräuschlos war. Sie prüfte die Schraubenblätter, die ins Wasser eintauchten. Sie reichten keine sechzig Zentimeter tief.
    »Genau«, murmelte sie, nachdem sie das festgestellt hatte. »Ganz genau.«
    Sie blickte auf, als der Ponton plötzlich zu schwanken begann. Emily war ihr gefolgt und stand nun, mit einer Hand ihre Augen beschattend, vor ihr. Barbara konnte ihrem Gesicht ansehen, daß sie zu dem gleichen Schluß gelangt war wie sie selbst.
    »Was stand gleich wieder in unserer Kartei?« fragte Barbara rein rhetorisch.
    Emily antwortete ihr dennoch. »Daß ihm drei Zodiacs geklaut wurden. Alle drei wurden später in der Gegend vom Wade gefunden.«
    »Und wie schwierig wäre es, Em, abends heimlich einen Zodiac zu nehmen und ihn durchs seichte Wasser zu manövrieren? Wenn der Dieb ihn vor Morgen wieder zurückgebracht hätte, wäre es überhaupt nicht aufgefallen. Und Charlies Sicherheitsvorkehrungen sind ja nicht gerade das Gelbe vom Ei, oder?«
    »Nein, bestimmt nicht.« Emily wandte sich nach Norden.
    »Gleich auf der anderen Seite dieser Landzunge ist der Balford-Kanal, Barb. Da, wo du das Fischerhaus sehen kannst. In dem Kanal wäre selbst bei Ebbe Wasser. Und auch hier im Hafen wäre genug Wasser, um dorthin zu kommen. Für die größeren Boote würde es nicht reichen, aber für ein Schlauchboot - kein Problem.«
    »Und wohin führt der Kanal?« fragte Barbara.
    »Er führt direkt an der Westseite vom Nez entlang.«
    »Es könnte also jemand mit einem Zodiac den Kanal hinaufgefahren sein, um die Nordspitze des Nez herum, und dann irgendwo an der Ostseite angelegt haben, um von da aus zu Fuß zu der Treppe im Süden zu gehen.«
    Barbaras Blick folgte dem Emilys. Auf der anderen Seite der kleinen Bucht, in der der Jachthafen eingebettet lag, stieg eine Reihe bebauter Felder zu einem eingezäunten Privatbesitz an. Die Schornsteine des großen Gebäudes, das auf dem Besitz stand, waren deutlich sichtbar. Ein offensichtlich begangener Fußweg grenzte das freie Land von dem Privatgrundstück ab. Er führte am Nordrand der Felder entlang nach Osten bis zur Bucht, wo er sich nach Süden wandte und der Küste folgte. Als Barbara diesen Weg sah, fragte sie: »Wer wohnt in dem Haus da drüben, Em? Dem großen mit den vielen Schornsteinen.«
    »Das ist Balford Old Hall«, antwortete Emily. »Da wohnen die Shaws.«
    »Bingo«, murmelte Barbara.
    Doch Emily wollte von so einer simplen Lösung der Gleichung Motiv - Mittel - Gelegenheit nichts wissen. Sie sagte: »Davon bin ich noch nicht überzeugt. Komm, ab zur Senffabrik, bevor jemand Muhannad warnt. Wenn nicht Herr Reuchlein es schon getan hat«, fügte sie hinzu.
    Sahlah saß im Korridor des Krankenhauses und starrte auf die Tür zu Agatha Shaws Zimmer. Die Schwester hatte ihnen erklärt, daß jeweils nur eine Person zu der Patientin hineindürfe, und sie war froh, daß dieses Gebot sie eines Besuchs bei Theos Großmutter enthob. Gleichzeitig hatte sie ein ungeheuer schlechtes Gewissen über ihre Erleichterung. Mrs. Shaw war krank - schwer krank nach den vielen Apparaten zu urteilen, die Sahlah bei dem kurzen Blick in ihr Zimmer gesehen hatte -, und ihr Glaube befahl ihr, der Frau Gutes zu tun. Die, welche glaubten und gute Werke taten, lehrte der heilige Qur'aan, würden in die Gärten geführt

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