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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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nicht.«
    »Mir geht es darum, einen Weg zu finden, die drückendsten Sorgen der Gemeinde zu beschwichtigen.«
    Sie beschloß, diese Erklärung im besten Sinne auszulegen: Vielleicht schlug er ja einen Weg vor, die Asiaten ruhig zu halten. Das wäre ihren eigenen Interessen natürlich sehr dienlich. Sie antwortete mit Bedacht. »Ich will nicht leugnen, daß die Gedanken an die Gemeinde mich sehr beschäftigen«, sagte sie und wartete ab, um zu sehen, worauf er hinauswollte.
    »Dann würde ich Ihnen regelmäßige Treffen mit der Familie vorschlagen. Das wird alle unsere Sorgen - nicht nur die der Familie, sondern auch die der Gemeinde - über Ihre Vorgehensweise bei den Ermittlungen beschwichtigen. Wären Sie dazu bereit?«
    Er wartete geduldig auf ihre Antwort. Sein Gesichtsausdruck war so kühl und ruhig, wie er von Anfang an gewesen war. Er gab sich so, als hinge nichts - am allerwenigsten der Frieden in Balford-le-Nez - von ihrer Kooperationsbereitschaft ab. Während Emily ihn beobachtete, erkannte sie plötzlich, daß er jede ihrer Antworten vorausgesehen und von vornherein geplant hatte, um zum Schluß, als logische Folge all dessen, was sie gesagt hatte, mit diesem Vorschlag herauszurücken. Sie war soeben von diesen beiden Männern ausmanövriert worden. Sie hatten ihr, in abgeschwächter Form, das Spiel vom guten und vom bösen Polizisten vorgeführt, und sie war darauf hereingefallen wie ein kleines Schulmädchen, das die Polizei in die Mangel genommen hatte, weil es im Laden ein paar Süßigkeiten gestohlen hatte.
    »Ich würde sehr gern soweit wie möglich mit Ihnen zusammenarbeiten«, sagte sie vorsichtig, nicht bereit, sich festzulegen. »Aber es ist in einem laufenden Ermittlungsverfahren schwierig, Ihnen zu garantieren, daß ich immer für Sie erreichbar sein werde, wenn Sie mit mir sprechen wollen.«
    »Eine bequeme Antwort«, stellte Muhannad fest. »Ich schlage vor, wir beenden diese Komödie, Azhar.«
    »Ich habe den Eindruck, Sie geben meinen Worten eine Auslegung, die nicht meiner Absicht entspricht«, sagte Emily.
    »Ich weiß genau, was Sie für Absichten haben: Wer gegen uns die Hand erhebt, soll ruhig ungeschoren davonkommen, auch wenn es Mord ist.«
    »Muhannad«, sagte Taymullah Azhar ruhig. »Geben wir Inspector Barlow doch eine Gelegenheit zum Kompromiß.«
    Aber Emily wollte keinen Kompromiß. Sie wollte sich nicht mitten in einem Ermittlungsverfahren zu Besprechungen verpflichtet sehen, bei denen sie gezwungen wäre, ständig auf der Hut zu sein, jedes Wort auf die Goldwaage zu legen und unter allen Umständen ihren Gleichmut zu bewahren. Sie hatte keine Lust auf dieses Spiel. Wichtiger noch, sie hatte nicht die Zeit dazu. Bei der Untersuchung dieses Falles lief ihnen schon jetzt die Zeit davon, und das war vor allem Maliks Umtrieben zu verdanken. Sie hinkten dem Zeitplan bereits vierundzwanzig Stunden hinterher. Aber Taymullah Azhar hatte ihr soeben einen Ausweg geboten, auch wenn ihm selbst das nicht klar war.
    »Würde die Familie an meiner Stelle einen Vertreter akzeptieren?«
    »Was für einen Vertreter?«
    »Jemanden, der zwischen Ihnen - der Familie und der Gemeinde - und den ermittelnden Beamten Verbindung hält. Wären Sie bereit, das zu akzeptieren?« Und endlich abzuhauen, fügte sie im stillen hinzu. Und dafür zu sorgen, daß Ihre Leute Ruhe geben, zu Hause bleiben, brav ihrer Arbeit nachgehen und nicht auf der Straße randalieren.
    Azhar tauschte einen Blick mit seinem Vetter. Muhannad zuckte kurz die Achseln. »Wir sind einverstanden«, sagte Azhar und stand auf. »Unter der Bedingung, daß diese Person von Ihnen abgelöst wird, falls wir sie als parteiisch, inkompetent oder unaufrichtig zurückweisen müßten.«
    Emily hatte sich mit dieser Bedingung einverstanden erklärt, und danach waren die beiden Männer endlich gegangen. Sie hatte sich das Gesicht mit einem Papiertuch abgetupft und es an ihrem schweißfeuchten Nacken zu kleinen Fitzelchen zerrieben. Nachdem sie sich die Überreste von der feuchten Haut gezupft hatte, ging sie daran, ihre Anrufe zu erledigen. Zuletzt hatte sie mit ihrem Superintendent gesprochen.
    Jetzt, nachdem sie den Bericht über Muhannad Malik gelesen hatte, schrieb sie den Namen Taymullah Azhars auf und erbat einen ähnlichen Bericht über ihn. Dann schob sie den Riemen ihrer Tasche über ihre Schulter und knipste die Lichter im Büro aus. Durch dieses Gespräch mit den Pakistanis hatte sie sich erst einmal einen kleinen zeitlichen Freiraum

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