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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Sie schon jetzt gekommen sind, Sergeant. Noch eine Woche, und wir werden bis in den letzten Winkel ausgebucht sein. Aber für Sie hätte ich natürlich Platz geschaffen. Polizeigeschäfte haben Vorrang, nicht wahr?«
    Barbara sah, daß ihre Fingerspitzen ganz schwarz waren, nachdem sie das Fenster geöffnet hatte. Sie wischte sie verstohlen an ihrer Hose ab. »Apropos Polizeigeschäfte, Mr. Treves ...«
    Er legte den Kopf schief wie ein Vogel. »Ja? Kann ich irgendwas ...«
    »Ist es richtig, daß ein gewisser Mr. Querashi hier gewohnt hat? Haytham Querashi.«
    Es schien kaum möglich, daß Basil Treves noch strammer stehen konnte, aber er schaffte es. Barbara wartete nur darauf, daß er salutieren würde. »Eine unglückselige Geschichte«, sagte er förmlich.
    »Daß er hier gewohnt hat?«
    »Du meine Güte, nein! Er war hier durchaus willkommen. Mehr als willkommen. Im Burnt House gibt es keine Diskriminierung. Hat es nie gegeben, wird es nie geben.« Er warf einen Blick über die Schulter zur offenen Tür und sagte: »Gestatten Sie?« Als Barbara nickte, schloß er die Tür und fuhr mit gesenkter Stimme fort: »Ich muß allerdings der Ehrlichkeit halber gestehen, daß ich auf eine gewisse Trennung der Rassen sehe, wie Sie wahrscheinlich während Ihres Aufenthalts hier noch bemerken werden. Das hat mit meiner persönlichen Einstellung überhaupt nichts zu tun. Ich habe überhaupt nichts gegen Menschen anderer Hautfarbe. Nicht das geringste. Aber die anderen Gäste ... Offen gesagt, Sergeant, die Zeiten sind ziemlich schwierig. Es wäre geschäftlich unvernünftig, etwas zu tun, was Unwillen hervorruft. Wenn Sie wissen, was ich meine.«
    »Mr. Querashi hat also in einem anderen Teil des Hotels gewohnt? Wollen Sie das damit sagen?«
    »Nicht gerade in einem anderen Teil, aber abseits von den anderen. Nur minimal. Ich bezweifle, daß er es überhaupt bemerkt hat.« Treves faltete wieder die Hände über seiner Brust. »Sehen Sie, ich habe mehrere Dauergäste. Es sind ältere Damen, und die können sich einfach nicht daran gewöhnen, daß die Zeiten sich geändert haben. Eine von ihnen hat Mr. Querashi am ersten Morgen, als er zum Frühstück herunterkam, sogar für einen Angestellten gehalten. Äußerst peinlich. Können Sie sich das vorstellen? Wirklich sehr unangenehm.«
    Barbara war nicht sicher, ob er meinte, daß es für Haytham Querashi unangenehm gewesen sei oder für die alte Frau, aber sie konnte es sich denken.
    »Ich würde gern mal das Zimmer sehen, in dem er gewohnt hat, wenn das möglich ist«, sagte sie.
    »Dann sind Sie also tatsächlich wegen seines Ablebens hier.«
    »Nicht wegen seines Ablebens. Wegen seiner Ermordung.«
    Treves sagte: »Ermordung? Du meine Güte!« Er griff hinter sich, bis seine Hand eins der beiden Betten ertastet hatte, und ließ sich darauf niedersinken. »Verzeihen Sie«, sagte er und senkte den Kopf. Er atmete mehrmals tief durch, und als er schließlich den Kopf wieder hob, fragte er gedämpft: »Muß es unbedingt bekannt werden, daß er hier gewohnt hat? Hier, im Burnt House? Werden die Zeitungen das bringen? Ich meine, gerade jetzt, wo das Geschäft endlich einen kleinen Aufschwung zu nehmen scheint ...«
    Soviel zu der Frage, ob seine Reaktion mit Entsetzen, Schuldbewußtsein oder menschlichem Mitgefühl zu tun hatte, dachte Barbara. Nicht zum ersten Mal sah sie ihre langgehegte Überzeugung bestätigt, daß der Homo sapiens in direkter Linie vom Abschaum abstammte.
    Treves sah wohl, was in ihr vorging, denn er fügte hastig hinzu: »Es ist nicht etwa so, daß es mir gleichgültig ist, was Mr. Querashi zugestoßen ist. Im Gegenteil. Es tut mir in der Seele leid. Er war trotz all seiner Eigenarten ein durchaus angenehmer Mensch, und ich bedauere, daß ihm so etwas zustoßen mußte. Aber wenn das Geschäft gerade jetzt, nach den langen Jahren der Rezession, einen Aufschwung nimmt, kann man nicht das kleinste Risiko eingehen -«
    »Seine Eigenarten?« unterbrach Barbara, um seinen Diskurs über die wirtschaftliche Lage der Nation abzubiegen.
    Basil Treves zwinkerte etwas verwirrt. »Nun ja, sie sind nun mal anders, nicht wahr?«
    »Sie?«
    »Diese Asiaten. Aber das wissen Sie doch. Das müssen Sie wissen wo Sie doch in London arbeiten. Himmel. Das kann niemand bestreiten.«
    »In welcher Hinsicht war er anders?«
    Treves interpretierte in die Frage offenbar etwas hinein, was sie gar nicht beabsichtigt hatte. Sein Gesicht verschloß sich, und er verschränkte die Arme. Aha,

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