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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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jetzt werden die Mauern hochgezogen, stellte Barbara mit Interesse fest und fragte sich, weshalb er glaubte, sich wappnen zu müssen. Doch sie wußte, daß es ihr nichts bringen würde, mit ihm in Konflikt zu geraten, deshalb beeilte sie sich, ihn zu beruhigen.
    »Ich meinte, da Sie ihn regelmäßig gesehen haben, könnten Sie mir jetzt sehr helfen, wenn Sie mir sagen, was Ihnen an seinem Verhalten als ungewöhnlich aufgefallen ist. Sicher hat es kulturelle Unterschiede zu Ihren übrigen Gästen -«
    »Er ist nicht der einzige Asiate, der hier gewohnt hat«, unterbrach Treves, immer noch darauf bedacht, seine Liberalität zu betonen. »Die Türen unseres Hotels stehen jedem offen.«
    »Aber ja. Natürlich. Dann nehme ich an, daß er Eigenarten hatte, die ihn auch von den anderen Asiaten unterschieden haben. Sie können sich darauf verlassen, daß ich alles, was Sie mir sagen, vertraulich behandeln werde, Mr. Treves. Aber vielleicht ist unter dem, was Sie über Mr. Querashi wissen, was Sie gesehen oder auch nur vermutet haben, die eine Tatsache, die wir brauchen, um dem, was ihm zugestoßen ist, auf den Grund zu gehen.«
    Ihre Worte schienen den Mann zu besänftigen und zu ermutigen, sich darüber Gedanken zu machen, wie wichtig er in dieser polizeilichen Untersuchung werden könnte. Er sagte: »Ich verstehe. Ja, ich verstehe« und setzte ein nachdenkliches Gesicht auf. Er strich seinen struppigen, recht ungepflegten Bart.
    »Kann ich sein Zimmer sehen?«
    »Aber natürlich. Ja. Ja.«
    Er führte sie den Weg zurück, den sie gekommen waren. Sie stiegen noch eine Treppe höher und gingen durch einen Korridor zum hinteren Teil des Gebäudes. Drei der Türen im Korridor standen offen, auf Gäste wartend. Eine vierte war geschlossen. Dahinter waren Fernsehstimmen zu hören, rücksichtsvoll gedämpft.
    Haytham Querashis Zimmer war das nächste, das fünfte am hintersten Ende des Ganges.
    Treves hatte einen Hauptschlüssel. Er sagte: »Ich war nicht mehr hier seit seinem ... Na ja ... seit dem Unfall ...« Aber es gab keinen Euphemismus für Mord, und er gab es auf, nach einem zu suchen. »Die Polizei kam kurz vorbei, um mir Bescheid zu sagen«, bemerkte er. »Sie haben mir nur gesagt, daß er tot sei und daß ich sein Zimmer zusperren solle, bis ich von ihnen höre.«
    »Wir haben immer alles gern unberührt, bis wir wissen, womit wir es zu tun haben«, erklärte Barbara. »Natürliche Ursachen, Mord, Unfall oder Selbstmord. Sie haben doch nichts im Zimmer angerührt, nicht wahr? Und auch sonst niemand?«
    »Niemand«, bestätigte er. »Akram Malik kam mit seinem Sohn vorbei. Sie wollten seine persönlichen Dinge, um sie nach Pakistan zurückzuschicken, und sie waren gar nicht glücklich, das können Sie mir glauben, als ich ihnen sagte, daß sie nicht in das Zimmer hineinkönnen. Muhannad hat sich benommen, als hätte ich mich mit der ganzen Welt gegen ihn und seine Leute verschworen.«
    »Und Akram Malik? Wie hat er reagiert?«
    »Ach, unser Akram ist immer sehr zugeknöpft, Sergeant. Der wäre nicht so dumm, mich merken zu lassen, was er denkt.«
    »Wie kommt das?« fragte Barbara, als Treves die Tür zu Haytham Querashis Zimmer öffnete.
    »Weil wir einander nicht ausstehen können«, erklärte Treves freundlich. »Ich kann Emporkömmlinge nicht leiden, und ihn macht es wütend, als einer betrachtet zu werden. Es ist ein Jammer, daß er nach England ausgewandert ist, wenn man sich's überlegt. In den USA, wo's in erster Linie darum geht, ob einer Geld hat, und kein Mensch sich darum kümmert, woher er kommt, wäre er viel besser gefahren. So, da sind wir.« Er machte Licht.
    Es war ein Einzelzimmer mit einem kleinen Fenster, das auf den Garten hinter dem Hotel hinausging. Die Einrichtung war so buntscheckig wie in Barbaras Zimmer. Gelb, rot und rosarot kämpften um den Vorrang.
    »Er schien sich hier recht wohl zu fühlen«, bemerkte Treves, während Barbara das Zimmer musterte, das deprimierend schmale Bett, den einsamen durchgesessenen Sessel ohne Armlehnen, den Kleiderschrank aus Holzimitat, die Lücken im Fransenbehang des Schirms an der Wandlampe. Über dem Bett hing ein Druck, wieder eine viktorianische Szene, eine junge Frau, die hingegossen auf einer Chaiselongue lag. Das Papier des Passepartouts war längst grau und fleckig.
    »Tja.« Barbara rümpfte die Nase über den Geruch im Zimmer, verbrannte Zwiebeln und verkochter Kohl. Das Zimmer befand sich über der Küche, zweifellos ein dezenter Hinweis für den

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