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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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muß sie haben, wenn wir als gleichwertige Partner zusammenarbeiten wollen.« Bei den letzten Worten hätte sie am liebsten gefaucht. Sie vertuschte diesen Impuls, indem sie die oberste Schublade der Kommode aufzog, um unter sorgfältig gefalteter Unterwäsche nach dem Schlüssel zu dem verschlossenen Lederkästchen zu suchen.
    »Wenn Sie mir das garantieren können ...« Treves hatte es - entgegen seinen Worten - offenbar so eilig, sein Wissen loszuwerden, daß er fortfuhr, ohne auf ihre Bestätigung zu warten. »Dann muß ich es Ihnen sagen. Es gab außer der Malik-Tochter noch jemand anders in seinem Leben. Das ist die einzige Erklärung.«
    »Wofür?« Barbara kramte in der zweiten Schublade. Ein Stapel perfekt gefalteter Hemden, die nach Farbe geordnet waren: weiß, elfenbein, grau und schließlich schwarz. In der dritten Schublade waren Schlafanzüge. Die vierte war leer. Querashi war mit leichtem Gepäck gereist.
    »Für seine nächtlichen Ausgänge.«
    »Haytham Querashi ist nachts ausgegangen? Häufig?«
    »Mindestens zweimal die Woche. Manchmal auch öfter. Und immer erst nach zehn. Anfangs glaubte ich, er besuche seine Verlobte. Das schien mir die logischste Erklärung zu sein, trotz der späten Stunde. Es wäre doch noch ganz normal gewesen, daß er sie vor der Hochzeit ein bißchen näher kennenlernen wollte. Diese Leute sind ja nun doch keine kompletten Heiden. Sie verschachern ihre Söhne und Töchter vielleicht an den Meistbietenden, aber ich vermute, sie übergeben sie nicht einfach wildfremden Menschen, ohne ihnen vorher Gelegenheit zu geben, Bekanntschaft zu schließen. Ist es nicht so?«
    »Ich habe keine Ahnung«, antwortete Barbara. »Fahren Sie fort.« Sie ging zum Nachttisch, einem wackligen Ding mit einer einzigen Schublade. Sie zog sie auf.
    »Nun, worauf ich hinauswill, ist, daß ich ihn an diesem besonderen Abend zufällig sah, als er das Hotel verließ. Wir haben uns kurz über die bevorstehende Heirat unterhalten, und er sagte, er wolle ein Stück die Promenade entlanglaufen. Um seine Nervosität vor der Hochzeit abzureagieren und so. Sie wissen schon.«
    »Ich verstehe.«
    »Als ich dann hörte, daß er ausgerechnet auf dem Nez umgekommen ist - der, wie Sie vielleicht wissen, Sergeant, von diesem Hotel aus genau entgegengesetzt von der Promenade liegt -, war mir sofort klar, daß er mir verheimlichen wollte, was er vorhatte. Und das kann nur bedeuten, daß er etwas vorhatte, was nicht ganz koscher war. Und da er das Hotel regelmäßig zu dem Zeitpunkt verließ, zu dem er am Freitag abend weggegangen ist, und da er am Freitag abend getötet wurde, kann man wohl mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, daß er an dem Abend nicht nur mit jemandem zusammentraf, mit dem er sich auch an den anderen Abenden getroffen hat, sondern außerdem mit jemandem, mit dem er sich eigentlich gar nicht hätte treffen dürfen.« Treves faltete wieder einmal seine Hände vor der Brust und sah Barbara an, als erwartete er, sie würde rufen: »Holmes, Sie versetzen mich in Erstaunen!«
    Doch da Haytham Querashi ermordet worden war und der Zustand der Leiche darauf schließen ließ, daß es sich nicht um einen willkürlichen Akt gehandelt hatte, war Barbara bereits klar gewesen, daß der Mann zum Nez hinausgefahren war, um dort jemanden zu treffen. Das einzig Neue, was Treves beigesteuert hatte, war die Tatsache, daß Querashi sich dort vielleicht regelmäßig mit jemandem getroffen hatte. Und dies war, auch wenn sie es nur widerwillig zugab, ein äußerst wertvolles kleines Detail. Sie warf dem Spürhund dafür einen Knochen zu.
    »Mr. Treves, Sie haben den falschen Beruf gewählt.«
    »Meinen Sie wirklich?«
    »Glauben Sie mir.«
    Solcherart ermutigt, trat Treves neben sie, um mit ihr zusammen den Inhalt der Nachttischschublade zu inspizieren: ein gelb gebundenes Buch, das, wenn man es an der Stelle aufschlug, wo das dazugehörige gelbe Satinlesebändchen steckte, eine in Klammern gesetzte Passage eines durchgängig arabischen Textes zeigte, eine Schachtel, die zwei Dutzend Kondome enthalten hatte, von denen aber die Hälfte fehlte, und einen braunen Briefumschlag in Standardgröße. Barbara verstaute das Buch in einem Plastikbeutel, während Treves sich zungenschnalzend über die Kondome und alles, was der Besitz solcher Utensilien vermuten ließ, entrüstete. Barbara ließ ihn ruhig weiterschnalzen und kippte den Inhalt des braunen Briefkuverts in ihre offene Hand. Zwei Schlüssel fielen heraus, der eine

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