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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Eltern hatte locken wollen, beeindrucken zu lassen. Als einziger Sohn eines Mannes, der sich brennend Enkelkinder wünschte, hätte Muhannad durchsetzen können, daß die Frau, die er schließlich zur Ehefrau nahm, alle seine Vorstellungen von einer idealen Lebenspartnerin verkörperte. Er hätte seine Wünsche zu Bedingungen machen können, die sein Vater ihm nicht abzuschlagen gewagt hätte. Und danach hätte er die Kandidatinnen, die seine Eltern ihm vorstellten, bewerten und jede zurückweisen können, die diesen Wünschen nicht entsprochen hätte. Doch er hatte sich der Wahl seines Vaters, die auf sie gefallen war, widerspruchslos gefügt, und an dem Abend, an dem sie einander zum ersten Mal begegnet waren, hatte er ihr Heiratsabkommen besiegelt, indem er sie ohne viel Federlesens in die dunkle Obstplantage geführt und dort mit ihrem ersten Sohn geschwängert hatte.
    »Wir sind ein besonderes Paar, Meri-jahn«, murmelte sie und schob sich näher an ihn heran. »Wir sind gut füreinander.« Sie drückte ihren Mund auf seinen Nacken. Der Geschmack seiner Haut erhöhte ihre Begierde. Sie schmeckte leicht salzig, und sein Haar roch nach den Zigaretten, die er zu rauchen pflegte, wenn sein Vater nicht zugegen war.
    Sie strich mit der Hand seinen nackten Arm hinunter, aber nur ganz leicht, so daß die drahtigen Härchen ihre Handfläche kitzelten. Sie umfaßte seine Hand und schob ihre Finger dann in das dichte krause Haar auf seinem Bauch.
    »Du warst gestern so lange auf, Muni«, flüsterte sie, den Mund an seinen Hals gedrückt. »Ich wollte dich hier haben. Worüber habt ihr so lange geredet, du und dein Cousin?«
    Sie hatte ihre Stimmen bis tief in die Nacht hinein gehört, lange noch, nachdem ihre Schwiegereltern nach oben gegangen waren, um sich schlafen zu legen. Während sie dagelegen und ungeduldig auf ihren Mann gewartet hatte, hatte sie sich gefragt, was es Muhannad kosten konnte, daß er sich seinem Vater widersetzt und den Verstoßenen ins Haus gebracht hatte. Muhannad hatte ihr seinen Plan am Abend, bevor er ihn in die Tat umsetzte, anvertraut. Sie hatte ihn gebadet. Und danach, während sie Körpermilch in seine Haut massierte, hatte er ihr mit leiser Stimme von Taymullah Azhar erzählt.
    Es sei ihm egal, was der alte Scheißer sage, hatte er ihr erklärt. In dieser Geschichte mit Haytham, bei der es ja immerhin um einen Todesfall ging, würde er seinen Vetter zu Hilfe holen. Er trete aktiv für die Rechte der pakistanischen Einwanderer ein. Er wisse das von einem Mitglied von Jum'a, der ihn auf einer Konferenz ihrer Leute in London hatte sprechen hören. Er hatte über das Rechtssystem gesprochen und erläutert, wie schnell die Einwanderer - ob sie nun legal oder illegal ins Land gekommen waren - in der Falle saßen, wenn sie sich im Umgang mit Polizei, Anwälten oder Gerichten von ihren Traditionen und den Gepflogenheiten ihrer Kultur leiten ließen. Dies alles hatte Muhannad im Kopf behalten. Und als Haythams Tod nicht unverzüglich zur Folge eines Unfalls erklärt worden war, hatte er sich beeilt, seinen Vetter zu mobilisieren. Azhar kann helfen, hatte er Yumn erklärt, als diese begonnen hatte, sein Haar zu bürsten. Azhar wird helfen.
    »Aber wobei denn, Muni?« hatte sie gefragt, sofort besorgt, was die Ankunft dieses Eindringlings für ihre eigenen Pläne bedeuten könnte. Sie wollte nicht, daß Muhannad Zeit und Gedanken auf Haytham Querashis Tod verschwendete.
    »Er wird uns helfen, dafür zu sorgen, daß diese verdammte Polizei den Mörder schnappt«, sagte Muhannad. »Die werden natürlich versuchen, es einem Pakistani in die Schuhe zu schieben. Aber das werde ich nicht zulassen.«
    Diese Erklärung gefiel Yumn. Sie liebte diese Aufmüpfigkeit an ihm. Auch sie besaß diesen aufmüpfigen Zug. Sie begegnete ihrer Schwiegermutter zwar mit allen Anzeichen des Gehorsams, genau wie Brauch und Tradition es verlangten, doch in Wirklichkeit bereitete es ihr großes Vergnügen, Wardah zu demonstrieren, mit welcher Mühelosigkeit die gehorsame Schwiegertochter ein Kind nach dem anderen gebären konnte. Sie hatte den Ausdruck bitteren Neides nicht vergessen, der über Wardahs Gesicht gehuscht war, als sie ihr nur zwölf Wochen nach der Geburt ihres ersten Sohnes stolz von ihrer zweiten Schwangerschaft Mitteilung gemacht hatte. Und sie ließ keine Gelegenheit verstreichen, sich vor ihrer Schwiegermutter im Glanz ihrer Fruchtbarkeit zu sonnen.
    »Aber hat dein Vetter deinen Verstand, Meri-jahn?«

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