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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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nicht da. Akram könnte natürlich einen Engländer einstellen, aber dann bliebe es nicht in der Familie.«
    »Es sei denn, Sahlah würde ihn heiraten.«
    Azhar schüttelte den Kopf. »Ausgeschlossen. Das würde niemals erlaubt werden.« Er bot ihr sein Feuerzeug an, und erst jetzt merkte Barbara, daß sie die Zigarette, nach deren Genuß sie so gelechzt hatte, gar nicht angezündet hatte. Sie beugte sich über die Flamme. »Sie sehen also, Barbara«, schloß Azhar, »die pakistanische Gemeinde hatte allen Grund, Haytham Querashi am Leben zu erhalten. Das Motiv zu seiner Ermordung werden Sie nur bei den Engländern finden.«
    »Ach was?« gab Barbara zurück. »Wissen Sie was, Azhar, ich finde, wir sollten das Pferd erst mal satteln, ehe wir lospreschen.«
    Azhar lächelte. Es sah aus, als lächelte er trotz einer inneren Stimme, die ihm sagte, es zu unterlassen. »Packen Sie Ihre Arbeit immer mit solcher Leidenschaft an, Sergeant Barbara Havers?«
    »Da vergeht die Zeit schneller«, versetzte Barbara.
    Er nickte. Auf der anderen Seite des Saales schlurfte das letzte alte Ehepaar zur Tür. Basil Treves machte sich am Büffet zu schaffen. Mit viel Geklapper füllte er sechs Menagefläschchen mit Öl aus einem Plastikbehälter.
    »Barbara, wissen Sie, wie Haytham umgekommen ist?« fragte Azhar leise, den Blick auf seine Zigarette gerichtet, die er über den Aschenbecher hielt.
    Seine Frage überraschte Barbara. Und noch mehr überraschte sie ihr augenblicklicher Impuls, ihm die Wahrheit zu sagen. Sie dachte einen Moment darüber nach und versuchte herauszubekommen, woraus dieser Impuls entsprungen war. Und sie fand ihre Antwort in jenem flüchtigen Moment der Wärme, den sie zwischen ihnen gespürt hatte, als er ihren leidenschaftlichen Einsatz für ihre Arbeit angesprochen hatte. Aber sie hatte auf bittere Art gelernt, jedem Gefühl der Wärme, das sie einem anderen Menschen, besonders einem Mann gegenüber, empfand, zu mißtrauen. Wärme führte zu Schwäche und Unschlüssigkeit. Diese beiden Eigenschaften waren gefährlich im Leben. Sie konnten tödlich sein, wenn es um Mord ging.
    Sie wich aus, indem sie sagte: »Die Obduktion soll heute vormittag stattfinden.« Sie wartete darauf, daß er sagte: »Und wenn der Befund da ist ...?« Aber er sagte es nicht. Er sah ihr lediglich forschend ins Gesicht, das sie mit einem Ausdruck, der nichts verriet, zu verschließen suchte.
    »Dad! Barbara! Schaut mal!«
    Gerettet, dachte Barbara. Sie sah zum Garten hinaus. Hadiyyah stand mit ausgebreiteten Armen, den Wasserball auf dem Kopf, direkt vor der Tür.
    »Ich darf mich nicht bewegen«, rief sie. »Ich darf nicht mal mit der Wimper zucken. Wenn ich mich bewege, fällt er runter. Kannst du das auch, Dad? Kannst du das, Barbara? Könnt ihr so die Balance halten?«
    Ja, das war die Frage. Barbara wischte sich mit ihrer Serviette den Mund ab und stand auf. »Danke für das Gespräch«, sagte sie zu Azhar und dann zu seiner Tochter: »Die richtigen Jongleure können einen Ball auf der Nase halten. Ich rechne fest damit, daß du das bis zum Abendessen auch kannst.« Sie zog ein letztesmal an ihrer Zigarette und drückte sie dann im Aschenbecher aus. Schließlich nickte sie Azhar zu und ging aus dem Saal.
    Basil Treves folgte ihr.
    »Ah - Sergeant ...?« Er kam ihr vor wie eine Dickenssche Figur, wie Uriah Heep in Ton und Haltung, die Hände auf der Brust gefaltet, wie sie das schon von ihm kannte. »Wenn Sie vielleicht einen Moment Zeit haben? Gleich da drüben ...«
    »Da drüben« war die Rezeption, ein höhlenartiger kleiner Raum unter der Treppe. Treves begab sich hinter das Pult und bückte sich, um aus einer Schublade etwas hervorzuholen. Es war ein Bündel rosafarbener Zettel. Er reichte sie Barbara und beugte sich über den Empfangstisch. »Nachrichten«, hauchte er wie ein Verschwörer.
    Barbara fühlte sich flüchtig beunruhigt bei dem Gedanken, was die Ginwolke, die ihr ins Gesicht blies, zu bedeuten hatte. Sie warf einen Blick auf die Zettel und sah, daß sie aus einem Buch herausgerissen waren, Durchschläge eingegangener telefonischer Nachrichten. Einen Augenblick lang fragte sie sich, wie sie in so kurzer Zeit eine solche Masse von Anrufen hatte bekommen können, zumal niemand in London wußte, wo sie war. Doch dann sah sie, daß sie alle für H. Querashi bestimmt waren.
    »Ich bin mit den Hühnern aufgestanden«, flüsterte Treves. »Hab' das ganze Buch durchgesehen und alle seine Zettel herausgerissen. An den

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