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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Schultern und einer Fleischigkeit, die in späteren Jahren Fettleibigkeit erwarten ließ. Seine Haut war rosa und fleckig, seine Nase breit, sein Mund klein, sein Haar lang und dunkel und trocken. Seine Lippen waren breit und fleischig, aber was bei ihm als Erstes auffiel, waren die Augen. Er hatte die Augen seines Hohen Vaters: klein, eng stehend und eigenartig hell. Geistergrau nannten manche Männer den Farbton, aber in Wirklichkeit waren sie fast farblos, so wie zwei Splitter schmutzigen Eises.
    Als er Stinker bemerkte, lächelte er mit feuchten Lippen. »Da ist er ja. Mein griesgrämiger alter Freund.« Den beiden Männern neben ihm erklärte er: »Stinker ist schon bei mir, seit ich ein Junge war. Mein Hoher Vater hat ihn mir geschenkt, als Zeichen seiner Liebe.«
    Die beiden Lords wechselten einen Blick. »Ich hatte gehört, Euer Diener sei tot«, sagte der mit den schiefen Schultern. »Erschlagen von den Starks, heißt es.«
    Lord Ramsay lachte. »Die Eisenmänner werden Euch sagen, dass das, was tot ist, niemals stirbt, sondern sich wieder erhebt, härter und stärker. So wie Stinker. Er riecht allerdings nach Grab, da gebe ich Euch recht.«
    »Er riecht nach Pisse und Erbrochenem.« Der alte Lord mit den schiefen Schultern warf den Knochen zur Seite, an dem er genagt hatte, und wischte die Finger am Tischtuch ab. »Gibt es einen Grund, weshalb Ihr uns beim Essen mit ihm belästigen müsst?«
    Der zweite Lord, der alte mit dem geradem Rücken und der Brünne, betrachtete Stinker aus schwarzen Augen. »Seht noch mal hin«, drängte er den anderen Lord. »Sein Haar ist weiß geworden, und er ist vierzig Pfund leichter, aber das ist kein Diener. Erinnert Ihr Euch nicht an ihn?«
    Der krumme Lord sah noch einmal hin und schnaubte plötzlich. » Er? Ist es denn die Möglichkeit? Starks Mündel. Er hat doch gelächelt, immerzu gelächelt.«
    »Heutzutage lächelte er nicht mehr so oft«, gestand Lord Ramsay ein. »Vielleicht habe ich ihm ein paar seiner hübschen weißen Zähne ausgeschlagen.«
    »Ihr hättet ihm lieber die Kehle durchschneiden sollen«, sagte der Lord in der Brünne. »Einem Hund, der sich gegen seinen Herrn wendet, sollte man die Haut abziehen.«
    »Oh, ihm wurde die Haut abgezogen, hier und da«, meinte Ramsay.
    »Ja, Mylord. Ich war böse, Mylord. Aufsässig und …« Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, und dachte darüber nach, was er sonst angestellt hatte. Diene und gehorche, mahnte er sich, und er wird dich leben lassen und dir die Körperteile lassen, die du noch hast. Diene und gehorche und erinnere dich an deinen Namen. Stinker, Stinker, das kommt von Stinken, und Stinken klingt wie auf die Knie sinken. »… und … böse und …«
    »Du hast Blut am Mund«, fiel Ramsay auf. »Hast du wieder an deinen Fingern genagt, Stinker?«
    »Nein. Nein, Mylord, ich schwöre es.« Einmal hatte Stinker versucht, sich seinen Ringfinger abzubeißen, damit der Schmerz aufhörte, nachdem sie ihm die Haut davon abgezogen hatten. Lord Ramsay schnitt einem Mann nie einfach die Finger ab. Er bevorzugte es, sie zu häuten, damit das nackte Fleisch anschließend trocknete, barst und schwärte. Stinker war ausgepeitscht worden, auf die Streckbank geschnallt und überall geschnitten worden, doch das alles war nicht halb so quälend gewesen wie der Schmerz, der auf das Häuten gefolgt war. Es war die Sorte Schmerz, die in den Wahnsinn trieb, die man nicht lange aushalten konnte. Früher oder später schrie das Opfer: »Bitte, aufhören, aufhören, bitte, beendet den Schmerz, schneidet ihn ab «, und dann würde Lord Ramsay der Bitte nachkommen. Das war das Spiel, das sie spielten. Stinker hatte die Regeln gelernt, wie man an seinen Händen und Füßen sehen konnte, doch dieses eine Mal hatte er sie vergessen und versucht, den Schmerz selbst mit den Zähnen zu beenden. Ramsay hatte das nicht gefallen, und die Beleidigung hatte Stinker eine weitere Zehe gekostet. »Ich habe eine Ratte gegessen«, nuschelte er.
    »Eine Ratte?« Ramsays helle Augen glitzerten im Fackelschein. »Alle Ratten in Dreadfort gehören meinem Hohen Vater. Wie kannst du es wagen, eine davon ohne meine Erlaubnis zu verspeisen?«
    Stinker wusste darauf keine Antwort, also sagte er gar nichts. Ein falsches Wort konnte ihn eine weitere Zehe kosten, vielleicht sogar einen Finger. Bisher hatte er zwei Finger der linken Hand und den kleinen Finger der rechten Hand verloren, dazu am rechten Fuß den kleinen Zeh, dem allerdings drei

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