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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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seiner eigenen Macht. Er ist weinend und allein gestorben, als ich ihm sein zweites Leben entrissen habe. Varamyr selbst hatte sein Herz verschlungen. Er hat mir viel und noch viel mehr beigebracht, und das Letzte, was ich von ihm gelernt habe, war, wie Menschenfleisch schmeckt.
    Das war allerdings als Wolf gewesen. Mit seinen menschlichen Zähnen hatte er Menschenfleisch noch nie angerührt. Dennoch missgönnte er seinem Rudel das Festmahl nicht. Die Wölfe waren so ausgehungert wie er selbst, mager und durchgefroren und hungrig, und ihre Beute … zwei Männer, eine Frau und ein Säugling, die vor der Niederlage in den Tod flohen. Sie wären sowieso bald gestorben, durch den Hunger oder die Kälte. Auf diese Weise ging es besser, schneller. Eine Gnade.
    » Eine Gnade«, sagte er laut. Seine Kehle war rau, trotzdem fühlte es sich gut an, eine menschliche Stimme zu hören, selbst wenn es nur die eigene war. Die Luft roch modrig und feucht, der Boden war kalt und hart, und das Feuer erzeugte mehr Rauch als Hitze. Er schob sich so nah an die Flammen heran, wie er nur wagte, hustete und zitterte abwechselnd, und seine Flanke pochte, wo die Wunde aufgegangen war. Seine Hose hatte sich bis zu den Knien mit Blut vollgesogen und trocknete zu einer harten braunen Kruste.
    Distel hatte ihn davor gewarnt. »Ich habe sie so gut genäht wie ich kann«, hatte sie gesagt, »aber du musst dich ausruhen und die Wunde in Ruhe heilen lassen, sonst wird das Fleisch wieder aufreißen.«
    Distel war seine letzte Gefährtin gewesen, eine Speerfrau, zäh wie eine alte Wurzel, warzig, vom Wind gegerbt und runzlig. Die anderen hatten sie unterwegs im Stich gelassen. Einer nach dem anderen ließen sie sich zurückfallen oder kämpften sich voran, strebten zu ihren alten Dörfern, zum Milkwater oder nach Hartheim oder einem einsamen Tod in den Wäldern entgegen. Varamyr wusste es nicht, und es kümmerte ihn auch nicht. Ich hätte einen von ihnen nehmen sollen, als ich die Gelegenheit hatte. Einen der Zwillinge oder den großen Mann mit dem vernarbten Gesicht oder den Jungen mit dem roten Haar. Doch er hatte Angst gehabt. Einer der anderen hätte mitbekommen können, was da geschah. Dann hätten sie sich gegen ihn gewandt und ihn umgebracht. Und Haggons Worte hatten ihn verfolgt. So war die Gelegenheit ungenutzt verstrichen.
    Nach der Schlacht hatten sich Tausende von ihnen durch den Wald geschleppt, hungrig, verängstigt und auf der Flucht vor dem Gemetzel, das an der Mauer über sie hereingebrochen war. Manche hatten darüber gesprochen, zu ihren verlassenen Häusern zurückzukehren, andere wollten sich für einen zweiten Angriff auf das Tor sammeln, doch die meisten irrten ziellos umher und wussten nicht, wohin sie gehen oder was sie tun sollten. Sie waren den Krähen in ihren schwarzen Röcken und den Rittern in ihrem grauen Stahl entgangen, doch nun wurden sie von unbarmherzigeren Feinden gejagt. Jeden Tag blieben mehr Leichen am Wegesrand zurück. Manche starben am Hunger, manche an der Kälte, manche an Krankheiten. Andere wurden von jenen erschlagen, die noch ihre Waffenbrüder gewesen waren, als sie mit Mance Rayder nach Süden gezogen waren, mit dem König-jenseits-der-Mauer.
    Mance ist gefallen, erzählten sich die Überlebenden verzweifelt, Mance ist in Gefangenschaft, Mance ist tot. » Harma ist tot und Mance gefangen genommen, die anderen sind davongelaufen und haben uns im Stich gelassen«, hatte Distel behauptet, während sie seine Wunde nähte. »Tormund, der Weiner, Sechsleib, all diese tapfere Räuber. Wo sind sie hin?«
    Sie erkennt mich nicht, hatte Varamyr da begriffen, und warum sollte sie auch? Ohne seine Tiere sah er nicht aus wie ein großer Mann. Ich war Varamyr Sechsleib, der Brot mit Mance Rayder gebrochen hat. Den Namen Varamyr hatte er sich mit zehn selbst gegeben. Ein Name, eines Herrn würdig, ein Name für die Lieder, ein mächtiger Name, der Furcht erregt. Trotzdem war er vor den Krähen davongerannt wie ein verängstigtes Kaninchen. Der schreckliche Herr Varamyr war zum Feigling geworden, aber er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass die Speerfrau das erfuhr, deshalb hatte er sich ihr gegenüber Haggon genannt. Später hatte er sich gefragt, wie er ausgerechnet auf diesen Namen gekommen war, von all den Namen, die er hätte wählen können. Ich habe sein Herz gefressen und sein Blut getrunken, und dennoch sucht er mich weiter heim.
    Eines Tages während der Flucht war ein Reiter auf einem weißen Pferd

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