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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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spiegelten den Silberglanz des Krill wider; sie entdeckte ihre Wut neu.
    Unter der Gewalt von Turiya Herems Hass und ihres eigenen Abscheus zitternd hob sie langsam den Arm.
    Covenant war noch immer zehn Schritte von ihr entfernt. Und auch er war schwach; schwer verletzt. Seine zerrissenen Sachen waren voller Blut; sie fühlten sich wie in fliegender Hast angelegte Verbände an. Er schaffte es kaum, auf den Beinen zu bleiben und den Dolch hochzuhalten. Er würde sie nicht schnell genug erreichen, um ihr in den Arm fallen zu können.
    Im nächsten Augenblick, im nächsten Moment würde sie sich erneut an die Schläfe schlagen. Dann würde er sterben.
    Vor Brustschmerzen keuchend rief er: »Joan!« Sein eigener Ablenkungsversuch. »Tu das nicht!
    Einer von uns muss sterben. Einer von uns muss weiterleben. Das weißt du! Du weißt auch, warum. Und ich denke, du hast schon zu viel gelitten.
    Joan, bitte! Lass mich leben!«
    Sie hörte ihn. Sie musste ihn gehört haben, denn sie zögerte. In ihrem Blick sammelten sich Überlegungen, verdichteten sich zu einem wahnwitzigen wilden Funkeln. Ihr Körper versteifte sich, als fürchtete sie, er könnte über sie herfallen.
    Ihre Antwort war ein gellender Schrei, der sich ihrer zugeschnürten Kehle entrang.
    »Aussätziger!«
    Mit gewaltiger Anstrengung hob sie erneut den Arm und ballte die Faust.
    Verdammnis, stöhnte Covenant innerlich.
    Seine Hände konnte er nicht benutzen. Die brauchte er, um den Krill festzuhalten. Der Dolch war sein einziges denkbares Verteidigungsmittel. Aber er würde nicht ausreichen. Covenants Lebens- und Willenskraft, sogar seine Liebe schien aus zu vielen Wunden aus seinem Körper zu rinnen. Auf dem felsigen Meeresgrund taumelnd war er zu erschöpft, um mehr zu tun, als hilflos die Zähne zu fletschen. Und die Gedemütigten konnten ihm nicht helfen. Sie hatten ihm schon zuvor das große Geschenk ihrer Unterstützung gemacht. Hier besaßen sie keine Substanz.
    Aber er war noch nicht tot. Und manchmal geschieht ein Wunder, um uns zu erlösen.
    Mit dem letzten Rest Luft, die er aus seinem verletzten Brustkorb pressen konnte, pfiff er leise, aber schrill durch die Zähne.
    Dann wartete er auf Tod oder Leben.
    Jede Verzögerung hätte tödlich sein können, aber die Antwort kam sofort: Irgendwo hinter ihm wieherten zwei Ranyhyn trotzig in die Nacht.
    Sobald er Mhornym und Naybahn hörte, fasste er den Krill fester und bot seine ganze Entschlossenheit auf.
    Auch Joan hörte sie. Sie hörte Pferde. Ohne den Arm sinken zu lassen, sah sie von Covenant weg.
    Im nächsten Augenblick veränderte ihr Gesichtsausdruck sich. Ihre Wut war verflogen. Sogar ihr Wahnsinn schien zu verfliegen. In ihren Augen standen Tränen, die sich mit dem Blut auf ihren Wangen, an ihrem Mund vermengten. Ihre Faust sank herab.
    Während Turiya Sippenmörder in ihrem Inneren spuckte und schnatterte, breitete sie die Arme aus, um Mhornym und Naybahn zu begrüßen.
    Trotz der Klippen und Priele trabten die beiden Ranyhyn sorglos und rasch auf sie zu. Dabei wieherten sie erneut - diesmal freundlicher, als sprächen jetzt Mitleid und Sorge aus ihren Stimmen. Gemeinsam drängten sie sich näher heran, als sehnten sie sich nach Joans Umarmung.
    Die Blessen auf ihren Stirnen leuchteten wie Echos von Loriks geheimnisvollem Schmuckstein, wie stumme Heilsversprechen.
    Covenant zögerte nicht. Er würde sich nicht mehr lange auf den Beinen halten können. Er musste handeln …
    Obwohl er selbst in Lebensgefahr war, opferte er einen Augenblick für die Gedemütigten. Er schwang den Krill und klatschte die Breitseite der Klinge an Clymes Brust. Diesen Vorgang wiederholte er bei Branl. Bedürftig wie ein Bittsteller berührte er beide mit den angedeuteten Möglichkeiten wilder Magie.
    Einen Herzschlag später setzte er sich schwerfällig in Bewegung und stolperte auf Joan zu.
    Der Wüterich versuchte sie zu warnen. Er heulte, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen; er brüllte laut, um den Zauber der Ranyhyn zu brechen. Aber für Joan war diese Magie älter als seine Herrschaft, viel älter. Sie hatte wie gewachsener Fels unter dem Geröll ihrer Verrücktheit überdauert. Von der Gegenwart ihrer einzigen großen Liebe überwältigt, wartete Joan mit weit ausgebreiteten Armen, während Covenant sich bemühte, sie zu erreichen. Fünf torkelnde Schritte. Sechs.
    Herr, steh mir bei. Sei mir gnädig, denn ich habe gesündigt.
    Unmittelbar bevor die Ranyhyn heran waren, um ihm seine Bürde abzunehmen, machte

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