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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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bewahrt. Stell dir vor, sie seien durch Stränge aus Wissen und Zweck miteinander verbunden. Und der Egger hatte ihr erklärt, er habe den Trick gelernt, sie zu verinseln. Aber sein Wissen reichte offenbar nicht aus, um die hiesige Magie auszuschalten - oder er war außerstande, die Ähnlichkeit zwischen der Art, wie die Gräuelinger den Dämondim Gestalt gegeben hatten, und dem Schutzmechanismus am Zugang zu ihrem verborgenen Reich zu erkennen.
    Er wusste nicht, wie man den Stab gebrauchte …
    In gewissem Ausmaß war das Geflecht, das die Brücke bedrohte, Talmi; ein Ablenkungsmanöver. Wer nicht versuchte, in die Verlorene Tiefe einzudringen, konnte die Brücke auch mehrmals unbeschadet überqueren. Das wirklich gefährliche Gewirr befand sich hier, von den kryptischen Symbolen des Torbogens eingefasst. Jede Berührung eines falschen Stranges würde die Katastrophe auslösen. Zupfte man dagegen an dem richtigen Strang, würde sich die Verlorene Tiefe öffnen. Und zerschnitt man diesen Strang, verlor das nachtschwarze Geflecht seine Fähigkeit, die Brücke zum Einsturz zu bringen.
    Ja, natürlich, dachte Linden und seufzte innerlich. Wenn die Sache nur so einfach wäre. Mit Erdkraft und dem Gesetz an dem richtigen Strang zu zupfen oder ihn zu durchtrennen, war vermutlich nicht weiter schwierig. Aber diesen Strang inmitten der die Sinne verwirrenden Lehren der Gräuelinger aufzuspüren, war bestimmt so mühsam wie die Suche nach der Zäsur, mit der die Dämondimhorde den Weltübel-Stein herbeigeschafft hatte. Und diesmal konnte sie sich nicht an den flüchtigen Spuren der Horde orientieren. Sie musste auch ohne das ihren Gesundheitssinn verstärkende Sekret der Urbösen und Wegwahrer auskommen.
    Aber das war nicht ihr einziges Problem.
    Als Linden ihre Wahrnehmungsgabe weiter ausgreifen ließ, machte sich das in den Tiefen der Kluft hausende bösartige Wesen plötzlich stärker bemerkbar. Ein paar ängstliche Herzschläge lang fürchtete sie, es erhebe sich - aber das tat es nicht. Linden erkannte jetzt die Wahrheit. Die Kreatur schien sich nur zu erheben, weil sie so gewaltig, so mächtig war. Und noch schlimmer: Sie war empfindungsfähig. O Gott, das Böse lebte nicht nur, sondern besaß auch ein Bewusstsein. Es schlief - das konnte Linden spüren -, aber es war unruhig, zu bewussten Aktionen imstande. In ihrer Bösartigkeit übertraf diese Kreatur den Weltübel-Stein wie das Meer einen See, und diese Kraft richtete nur deshalb weniger Schaden an, weil sie so ungeheuer tief im Erdinneren vergraben war. Trotzdem erschien sie Linden schrecklicher als eine Horde von Skurj oder Sandgorgonen. Gegen ein Wesen dieser Art konnte nur wilde Magie helfen; der Stab des Gesetzes wäre machtlos gewesen.
    Als Linden nun in die Tiefe starrte, wurde ihr mit Schrecken klar, dass das Böse dort unten die Quelle von Kevins Schmutz war. Vielleicht unabsichtlich, aber eindeutig lieferte diese Kreatur die Energie, die Kastenessen, Esmer und der Wüterich Moksha umgeformt hatten, um ihren schädlichen Dunst entstehen zu lassen. Schafften sie und ihre Gefährten es nicht, Jeremiah zu befreien und mit ihm zu flüchten, ehe dieses Wesen ganz erwachte …
    Am liebsten hätte Linden jetzt Covenant zur Hilfe gerufen. Schließlich hatte sie ihn doch deshalb gezwungen, ins Leben zurückzukehren? Damit er ihr die Last abnahm, gegen Ungeheuer bestehen zu müssen? Ihr fehlte sein Instinkt für »unmögliche« Lösungen. Ohne ihn waren sie und Jeremiah und alle ihre Freunde verloren.
    Doch Covenant fand sich noch immer nicht in sich selbst zurecht.
    Während Linden zauderte, verlangte der Egger plötzlich: »Sprich, Lady.« Er war hörbar um Strenge in seiner Stimme bemüht, klang jedoch eher ängstlich. »Wolltest du mir nicht beweisen, dass ich deiner Hilfe bedarf?« Leiser fügte er hinzu: »Wir dürfen es nicht wagen, allzu lange hier zu verweilen.«
    Natürlich; er war lehrenkundig genug, um die Gefahr zu erkennen, die unruhig in der Tiefe schlummerte.
    Von eigenen Ängsten angestachelt, wandte Linden sich ihm ruckartig zu und fauchte ihn dann - den Stab noch immer in beiden Händen - an: »Du weißt nichts, habe ich recht? Du redest und redest, du erzählst uns gern, dass du die Welt retten wirst, aber du hast keine Ahnung, was zu tun ist, wenn diese Kreatur aufwacht.«
    Der Insequente zuckte zusammen. Irgendetwas in der Tiefe seiner Augen ließ auf Angst schließen. Trotzdem ließ er weder den Stab des Gesetzes noch den Weißgoldring los. In

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