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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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seinen Ruhmesträumen hatte er den Trick gelernt, die Wächter zu vereinzeln, noch ehe seine Anwesenheit das in der Tiefe schlummernde Übel störte.
    »Dann will ich eingestehen, Lady«, flüsterte er heiser, »dass ich deine Hilfe wahrhaft brauche. Die Methode, Dämondim zu verinseln, greift hier nicht. Daher wollte ich das ungeschriebene Wissen aus der Tiefe deines Herzens. Deine Begegnung mit der uralten Theurgie der Würgerkluft - der Theurgie, die diese Runen geschrieben hat - hat dir ein Geheimnis enthüllt, auch wenn du es vielleicht selbst nicht verstehst. Ich hätte es zu gebrauchen gewusst, aber die Mahdoubt hat mich daran gehindert, es an mich zu bringen. Daher bleibt dies deine Aufgabe. Lady, wir gehen hier alle miteinander zugrunde, wenn du dich nicht in deine finsterste, unversöhnlichste Wut versetzt. Du musst Hass und Rache verkörpern oder sterben.«
    Linden funkelte ihn an, als wären ihre dunkelsten Leidenschaften auf ihn konzentriert.
    »Dieses Übel ist den Haruchai unbekannt«, warf Stave ein, »und zu fern, um deutlich wahrgenommen zu werden. Trotzdem erkennen wir, dass es noch schlummert. Vielleicht ist keine übermäßige Eile geboten.«
    Der ehemalige Meister hatte unrecht. Linden musste aus der Höhle und von dem Wagnis fort, ehe die Nähe von so viel Bösartigkeit ihre Nerven ruinierte.
    Fand und zerschnitt sie nicht genau den richtigen magischen Strang, würde sie Jeremiah niemals erreichen. Die Ranken der Gräuelinger umgaben nicht nur die Brücke, sondern reichten auch nach innen. Ein Fehler, der Linden hier unterlief, musste in der Verlorenen Tiefe ein Chaos auslösen und konnte Jeremiah für immer isolieren - oder töten.
    »Dann gib mir den Stab«, verlangte sie leise. »Lass ihn los. Ich gebe ihn dir zurück, wenn ich den Zugang gefunden habe. Halte ich mein Versprechen nicht, brauchst du die deinigen nicht zu halten. Das vergesse ich bestimmt nicht. Aber ich kann es nicht mit dir und dem Bann aufnehmen, solange die Gefahr besteht, dass das Ungeheuer in der Kluft aufwacht.«
    Der Insequente fletschte die Zähne zu einer barbarischen Grimasse: wild und drohend. Einen Augenblick lang glaubte Linden, er werde sich weigern und das ungeheure Risiko, das Portal selbst zu öffnen, auf sich nehmen. Seine Gier …
    Aber unter der Maske scheinbarer Überlegenheit war seine Angst so groß wie die ihrige, und sie wuchs - und so bemühte er sich, seinen Stolz zu überwinden, und überließ ihr wortlos den Stab mit den eingeschnitzten Runen.
    »Auserwählte«, sagte Stave wie bestätigend. »Linden.«
    Linden nahm ihren Stab sofort entgegen und trat näher an das nachtschwarze Gewirr aus Magien heran, das ihren Weg zu Jeremiah versperrte, während sie mit aller Intensität die Anwesenheit Covenants herbeisehnte. Auch wenn er ihr nicht helfen oder sie anleiten konnte, würde er wenigstens verstehen, worin der Egger irrte. Thomas Covenant hatte die ehemaligen Bewohner dieses Orts aus der Perspektive des Bogens der Zeit gekannt. Er war Zeuge jeder Manifestation ihres gefährlichen Wissens geworden, hatte ins Herz ihrer absurdesten Geheimnisse geblickt. Er würde verstehen, dass der Insequente durch seine Gier irregeführt worden war.
    Das Wissen des Eggers über die Gräuelinger war zu neu: Er hatte es gewonnen, als ihr Selbsthass schon seit Jahrtausenden aus dem Land verschwunden war. Aber Linden hatte ihnen gegenübergestanden, als sie auf dem Höhepunkt ihrer Verachtung gestanden hatten. Und Covenant hatte sie gekannt, als sie zu Recht als bewundernswert und erhaben gegolten hatten. Nach Esmers Schilderung hatten sie in Höhlen gelebt, die reich geschmückt und majestätisch wie Schlösser waren, und ihre gewaltige Macht und ihr gesamtes Wissen in deren Ausgestaltung gelegt. Ein Erdzeitalter lang unterdrückten sie die schaurigen Übel, die in den Tiefen des Donnerbergs lauern …
    Covenant hatte Verachtung und Bestrafung schon längst den Rücken gekehrt, ehe Lord Foul ihn getötet hatte. Die schützenden Barrieren der Gräuelinger ließen sich durch keine Macht überwinden, die auf Zorn und dem Wunsch nach Vergeltung basierte. Wesen, die alles riskiert hatten, um das Wagnis zu errichten, hatten es nicht im Zorn getan und keinen Wunsch nach Vergeltung gekannt.
    Es sei denn, dachte Linden plötzlich, es sei denn, die Gräuelinger hätten ihre Barrieren errichtet, nachdem die Wüteriche sie gelehrt hatten, sich selbst zu hassen. Dann war es denkbar, dass nicht der Egger, sondern sie selbst

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