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09 - Old Surehand III

09 - Old Surehand III

Titel: 09 - Old Surehand III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wirkung dieser Worte zu beobachten. Kein Indianer machte die geringste Bewegung; sie standen wie die Statuen. Ihr Häuptling betrachtete mich mit angstvollen Augen und antwortete dem Apachen in bittendem Ton:
    „Ich sehe, daß du Winnetou bist, und glaube auch, daß das Bleichgesicht dort Old Shatterhand ist. Ich mag sein Zaubergewehr nicht auf mich gerichtet haben. Sag ihm, daß er es senken möge!“
    „Old Shatterhand tut, was er will; er nimmt keinen Befehl eines andern an, auch nicht von mir, der ich sein Freund und Bruder bin.“
    „So bitte ihn!“
    „Auch darauf hört er nicht. Er ist nur dann bereit, eine Bitte zu erfüllen, wenn sie aus dem Mund seines Bruders Old Surehand kommt.“
    Da wendete sich Tusahga Saritsch an seinen bisherigen Gefangenen:
    „So bitte du Old Shatterhand, das Zaubergewehr nicht länger auf mich zu richten.“
    Jetzt fühlte sich Old Surehand im richtigen Fahrwasser; er antwortete:
    „Ich werde diese Bitte nur dann aussprechen, wenn du meine Wünsche schnell und ohne allen Widerspruch erfüllst!“
    „Was wünschest du?“
    „Bin ich frei?“
    „Nein!“
    „Pshaw! Old Shatterhand braucht nur den Drücker zu bewegen, so bist du eine Leiche. Ich bin schon frei. Niemand kann mich festhalten. Dennoch frage ich, um dir Gelegenheit zu geben, deinen guten Willen zu zeigen. Also sag: Bin ich frei?“
    „Wie kann ich dich freigeben? Du hast zwei unserer Krieger getötet!“
    Da sagte Winnetou:
    „Der Häuptling der Capote-Utahs will nicht einsehen, wer hier zu befehlen und wer zu gehorchen hat. Was sind das für Riemen, welche ich hier zu den Füßen meines Bruders Surehand liegen sehe?“
    „Es sind die, mit denen ich bis heut früh gefesselt war“, antwortete der Genannte.
    „Heb sie auf und binde damit Tusahga Saritsch die Arme und die Füße!“
    Der Häuptling wollte aufspringen; da ließ ich den noch unaufgezogenen Hahn knacken.
    „Halt! Still!“ warnte ihn Winnetou. „Noch eine solche Bewegung, so trifft dich die Kugel! Hört, alle ihr Männer vom Stamm der Utah: Von den Worten, die ich euch jetzt sage, geht kein Laut und keine Silbe ab. Ihr seid unsere Gefangenen, legt eure Waffen ab und laßt euch von uns binden. Morgen früh erhaltet ihr die Waffen und die Freiheit wieder und könnt gehen, wohin ihr wollt. Wer sich das nicht gefallen lassen will, der hebe seine Hand empor; aber wer sie emporhebt, der bekommt sofort die Kugel in den Kopf!“
    Es gab natürlich keine Hand, welche in die Höhe gehalten wurde.
    „Ihr habt unsern Freund und Bruder Surehand gebunden mit euch herumgeschleppt; ihr habt ihm die Wahl zwischen dem Tod und dem Kampf mit den Bären gelassen; das muß gesühnt werden. Wir legen euch eine milde, eine geringe Sühne auf; ihr sollt dafür eine Nacht gefangen sein. Morgen früh seid ihr alle wieder frei. Wer darauf eingeht, der handelt klug; wer unsere Güte von sich weist, den kostet es das Leben. Winnetou hat gesprochen. Howgh!“
    Es ließ sich nicht ein einziges Wort des Widerspruches hören, und so sagte ich:
    „Auch ich, Old Shatterhand, gebe den Kriegern der Capote-Utah mein Wort, daß sie morgen früh wieder frei sein werden, wenn sie sich jetzt binden lassen. Der Häuptling soll der erste sein, der die Riemen bekommt. Dick Hammerdull und Pitt Holbers, ihr beide versteht euch auf dieses Geschäft! Auch ich habe jetzt gesprochen. Howgh!“
    Es ist etwas ganz eigenes um die fast unausbleibliche Wirkung, welche so ein ruhiges, festes und selbstbewußtes Auftreten auf Leute, wie die Utahs waren, hervorbringt. Der Ruf, in welchem wir standen, und die Furcht vor meinem vermeintlichen Zaubergewehr hatten wohl auch ihren Anteil daran, aber das Äußere besonders des Apachen und die Art und Weise, wie er sich gab und wie er sprach, brachten auch hier das hervor, was er beabsichtigte: Der Häuptling wehrte sich nicht, als ihm die Riemen angelegt wurden, und seine Untergebenen konnten nicht anders, als diesem Beispiel folgen. Erst als der letzte gefesselt war, ließ ich den Stutzen sinken. Die Arme taten mir weh.
    Das nächste war, daß sich Old Surehand in den Wiederbesitz seines Eigentums setzte; es war nichts davon abhanden gekommen, ein Umstand, der ihn versöhnlich stimmte. Er erklärte uns also:
    „Eigentlich haben diese Indianer einen Denkzettel verdient, denn es ist nicht angenehm, mehrere Tage lang als Gefangener umhergeschleppt zu werden. Daß ich ihnen zwei Leute erschossen habe, dürfen sie mir nicht anrechnen, weil ich mich meines

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