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09 - Old Surehand III

09 - Old Surehand III

Titel: 09 - Old Surehand III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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traf wieder die erste Wache. Diese dauerte anderthalb Stunden; sie verging ohne Störung, und dann legte ich mich nieder, nachdem unsere Nachfolger geweckt worden waren.
    Als ich früh aufstand, war der Tag schon seit zwei Stunden da. Ich wollte zürnen, daß man mich so lange hatte schlafen lassen, doch Winnetou beruhigte mich mit der Versicherung:
    „Mein Bruder hat nichts versäumt. Ich hatte die letzte Wache und bin, sobald es hell wurde, spähen gegangen. Es ist für uns unmöglich, die Utahs auf der Halbinsel zu überfallen und ihnen ihre Gefangenen abzunehmen. Wir müssen wissen, wohin sie reiten, und ihnen dann vorauseilen, um uns eine passende Stelle zum Angriff auswählen zu können. Mein Bruder Shatterhand weiß, daß derjenige schon halb gesiegt hat, welcher den Vorteil zu erlangen weiß, den Ort des Kampfes schon vorher bestimmen zu können. Diesen Vorteil müssen wir haben.“
    Was er da sagte, war vollständig richtig, und so blieben wir da, wo wir geschlafen hatten, liegen, um den Abzug der Indianer zu erwarten. Winnetou entfernte sich in der Absicht, sie zu beobachten, was jetzt am hellen Tag eine ebenso schwierige wie gefährliche Aufgabe war. Die Pferde befanden sich natürlich nicht mehr am Seeufer, sondern bei uns im Wald.
    Wir warteten Stunde um Stunde. Die Halbinsel lag zu fern, als daß wir hätten sehen können, was dort vorging. Nur dem Schein des Feuers war es gestern möglich gewesen, bis zu uns heraufzudringen. Winnetou kam einigemal, um uns wenigstens über sich zu beruhigen; melden konnte er uns weiter nichts, als daß die Indianer noch nicht fort seien. Dann benachrichtigte er uns davon, daß er laute Beilschläge gehört habe; die Utahs schienen mit ihren Tomahawks einen Baum zu fällen, weshalb, das konnten wir natürlich nicht erraten. Endlich, endlich, als es schon über Mittag geworden war, kam er, um uns zu sagen, daß die Roten nun fort seien. Er hatte, vielleicht hundert Schritte entfernt und hinter einem Baum stehend, sie fortreiten sehen.
    „So müssen ihre Pferde von da, wo das zweite Feuer brannte, heraufgeholt worden sein?“ fragte ich.
    „So ist es“, nickte er. „Ich sah, daß sie gebracht wurden.“
    „Konntest du sie alle sehen, als sie fortritten?“
    „Nein. Es waren zu viele Bäume zwischen ihnen und mir.“
    „Natürlich waren die Gefangenen bei ihnen?“
    „Ich war so fern von ihnen, daß ich die roten Männer nicht von den weißen unterscheiden konnte, und weiter durfte ich mich nicht an die Halbinsel wagen.“
    „Nach welcher Richtung sind sie geritten?“
    „Nach Nordwest. Dies ist der Weg, den auch wir einschlagen werden.“
    „Hm! Wir müssen natürlich nach der Halbinsel. Reiten wir gleich hin, oder müssen wir erst spähen, ob wir dort sicher sind?“
    „Wir sind sicher. Winnetou ist natürlich erst hingegangen, um nachzusehen, ob die Utahs sich auch wirklich entfernt haben.“
    Da wir uns auf den Apachen verlassen konnten, stiegen wir auf, um nach der Halbinsel zu reiten. In der Nähe derselben angekommen, suchten wir zunächst die Fährte der Utahs auf. Ja, sie waren fort; wir brauchten nicht zu befürchten, überrascht zu werden. Wir ritten also ohne Sorge nach dem Ort, wo Old Wabble und die Tramps und dann die Indianer gelagert hatten. Dort stiegen wir von den Pferden.
    Das Gras und Moos war weit umher niedergetreten, wie es bei einem verlassenen Lagerplatz zu sein pflegt. Wir hatten keinen Grund, anzunehmen, daß wir einen Fund hier machen würden, dennoch ließen wir aus alter Gewohnheit unsere Blicke umherschweifen. Die Roten hatten sich nicht auf den eigentlichen Lagerplatz beschränkt; ihre Spuren führten nach mehreren Seiten von demselben fort. Wir trennten uns, um den verschiedenen Fährten nachzugehen, und hörten schon nach ganz kurzer Zeit Old Surehand rufen:
    „Kommt her; kommt her; kommt alle her! Hier liegen sie! Schnell, schnell!“
    Ich eilte nach der Richtung, aus welcher seine Stimme erklungen war. Welch ein Anblick erwartete mich da! Hier lagen sie unter den Bäumen, die Tramps, alle miteinander; es fehlte keiner! Ihren blutigroten Köpfen fehlten die Häute. Sie waren skalpiert worden. Man hatte sie, sogar nach ihrer Körperlänge, in einer Reihe nebeneinandergelegt, und ein weiterer Blick zeigte, daß sie vorher erstochen worden waren.
    Uns grauste! Sie hatten einer moralisch sehr tief stehenden Menschensorte angehört und waren vor keinem Verbrechen zurückgebebt, aber sie in dieser Weise und so zugerichtet hier vor

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