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09 - Old Surehand III

09 - Old Surehand III

Titel: 09 - Old Surehand III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mit Gott; im Jenseits ist's zum Bitten vielleicht nicht mehr Zeit!“
    „Schäfchenhirt! Packe dich von hier! Ich will sterben ohne dich und ohne ihn! Geh mir aus den Augen!“
    Ich ging natürlich nicht, sondern fuhr fort:
    „Erinnert Euch, was ich auf Fenners Farm gesagt habe! Ihr sollt um eine einzige Minute der Verlängerung Eures Lebens zu Gott wimmern; Eure Seele soll zetern aus Angst vor der göttlichen Gerechtigkeit, und wenn die Faust des Todes Euren Körper krümmt, sollt Ihr nach Vergebung Eurer Sünden heulen!“
    „Fort, fort, sage ich!“ heulte er wütend. „Gebt mir ein Messer, ein Messer, sage ich, daß ich diesen Kerl, noch ehe ich sterbe, erstechen kann!“
    Old Surehand war herbeigekommen; er hörte das und sagte:
    „Den macht Ihr nun im letzten Augenblick auch nicht erst noch anders. Oder wollt Ihr es einmal mit dem Gebet versuchen?“
    Ich sah ihn an. Es war ihm wirklich ernst mit diesen Worten; dennoch fragte ich:
    „Warum gebt Ihr mir diesen guten Rat?“
    „Weil wir gestern vom Gebet gesprochen haben. Ihr glaubt ja doch so fest und unerschütterlich an seine Macht!“
    „Well! Wenn es Gott gefällt, so werdet Ihr einen Beweis von dieser Macht erhalten, doch jetzt, in diesem Augenblick noch nicht!“
    Old Wabble war nämlich jetzt nicht mehr bei sich. Er fiel in seinen früheren Zustand zurück und wechselte, wie vorhin, mit Wimmern und tierischem Brüllen ab. Ich entfernte mich. Als er nach einer halben Stunde ruhig geworden war, ging ich wieder hin zu ihm. Er erkannte mich und zischte mich an:
    „Kennst du noch den Fact, und wieder den Fact, und zum drittenmal den Fact, damals im Llano estacado? Bring mir nun von deinem Gott einen Fact, du Himmelsschaf!“
    Sollte ich ihm, der jetzt noch spottete, in meiner vorigen Weise antworten? Nein. Ich konnte nichts mehr für diese verlorene Seele tun. Es gab nur eine Macht, die helfen konnte, und das war nicht die meinige. Old Surehand hatte gemerkt, wohin ich wieder gegangen war, und war mir wieder nachgekommen; wir befanden uns allein bei dem Alten. Ich kniete nieder und betete, nicht leise, sondern laut, daß Old Surehand und Old Wabble es hörten. Was ich betete? Ich weiß es nicht mehr, und wenn ich es noch wüßte, würde ich es hier nicht wiederholen. Als ich fertig war und aufstand, waren Old Surehands Augen feucht. Er drückte mir die Hand und sagte leise:
    „Jetzt weiß ich, was richtig beten heißt! Wenn das nicht hilft, so will ihm Gott nicht helfen!“
    Old Wabble hatte mich, ganz gegen meine Erwartung, nicht ein einziges Mal unterbrochen. Sein Auge sah mich spöttisch an; aber aus seinem vor Schmerz verzerrten Mund war auch jetzt keine Silbe zu hören. Sollte er sich jetzt doch scheuen, mich zu verhöhnen? Das würde ein gutes Zeichen sein. Ich durfte diese Wirkung nicht stören und ging, indem ich Old Surehand mit mir fortzog.
    Nach einiger Zeit waren wir so weit, daß wir die Leichen in die Bodensenkung legen konnten, um sie dann erst mit Gezweig und dann mit Steinen zu bedecken. Da kam mir ein Gedanke, nein, kein Gedanke, sondern eine Eingebung; es war eine, das fühlte ich: Ich ließ den alten Wabble holen und nach dem Grab bringen. Das verursachte ihm große Schmerzen; er schrie in einem fort und fragte dann, warum er nicht habe liegenbleiben dürfen.
    „Ihr sollt sehen, wohin wir Eure skalpierten Kameraden legen“, antwortete ich. „Wir lassen einen Platz für Euch, denn ehe die heutige Sonne untergeht, liegt Ihr bei ihnen hier unter diesen Steinen. Ihr habt nur noch Zeit zur Reue und zum Sterben, weiter keine!“
    Ich hatte erwartet, daß er mich wütend anschreien würde; er war aber still, ganz still. Er sah zu, daß wir einen Tramp nach dem andern in die Vertiefung legten und dann mit Ästen und Zweigen bedeckten; er sah auch, daß wir Steine darüber aufhäuften und eine Lücke für seinen eigenen Körper ließen. Sein Auge folgte jeder unserer Bewegungen; er sagte immer noch nichts. Aber in seinem Blick lag eine immer größer werdende Angst; das bemerkte ich wohl. Nun waren wir endlich mit dem Grab, bis auf ihn – die letzte Leiche, fertig und gingen fort, scheinbar ohne uns um ihn zu kümmern. Ich fühlte aber eine Spannung, die gar nicht größer sein konnte.
    Da plötzlich erzitterte die Luft von einem Schrei, nicht anders, als wie sein erster Schrei gewesen war. Ich suchte ihn wieder auf. Die Schmerzen hatten ihn wieder gepackt, doch ohne ihm die Besinnung zu rauben. Er wand sich wie ein Wurm; er schlug

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