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09 - Old Surehand III

09 - Old Surehand III

Titel: 09 - Old Surehand III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mit ihnen zusammenzutreffen. Die landschaftlichen Schönheiten, welche ich unterwegs zu bewundern hatte, will ich nicht beschreiben. Nie in meinem Leben habe ich mich so anstößig benommen wie in dieser Stunde. Die Bäume dort am See wissen ein Wort davon zu reden! An der Vorderseite voller Harz und an Gesicht und Händen zerstoßen und zerschunden, kam ich nach der angegebenen Zeit in unserm Lager an, wo man mich fragte, wo Winnetou sei. Ich erzählte, was wir gesehen und gehört hatten, und ließ die Gefährten vom Seeufer bis ein Stück in den Wald hinein eine geradlinige Postenkette bilden. Das war das beste, weil einzige, was wir unter diesen Umständen tun konnten.
    Wir saßen alle an der Erde, die Gewehre in den Händen. Es verging eine Viertelstunde; da drang von der Halbinsel ein plötzliches, markerschütterndes Geheul zu uns herauf. Die Indianer, welche an uns vorübergekommen waren, hatten die Tramps überfallen. Dabei war kein Schuß zu hören. Die Weißen hatten sich also von den Roten ohne Gegenwehr überwältigen lassen. Nun herrschte wieder tiefe Stille. Ein einziger Augenblick im nächtlichen Leben der Urwaldwildnis, ein einziger! Und doch, was mochte er verändert und gekostet haben und vielleicht noch kosten! Das ist der blutige Westen!
    Es mochte wieder eine Stunde vergangen sein, da erlosch auf der Halbinsel das Feuer. Das zweite weiter unten brannte fort. Nach abermals zwei Stunden hörte ich laute Schritte. Das konnte nur Winnetou sein, denn ein anderer Mensch hätte sich herangeschlichen. Ja, er war es, ebenso zerschunden und zerkratzt wie ich, wie wir am nächsten Morgen sahen. Er, der stets Umsichtige, beruhigte uns zunächst:
    „Meine Brüder mögen ruhig beisammen bleiben; sie haben nichts zu befürchten. Es wird bis früh kein Feind kommen!“
    Ich zog also die Postenkette ein und richtete, als wir uns wieder zusammengesetzt hatten, an den Apachen die Frage:
    „Mein roter Bruder ist unten beim letzten Feuer gewesen?“
    „Ja“, antwortete er.
    „Hatten die Indianer dort gelagert, welche uns begegneten?“
    „Ja.“
    „Konntest du erfahren, welchem Stamm sie angehörten?“
    „Ich erfuhr es. Zwei von ihnen waren zurückgelassen worden, um die Pferde zu bewachen. Old Shatterhand wird sich wundern, sehr wundern!“
    „Es sind doch nicht etwa die Capote-Utahs?“
    „Sie sind es, mit ihrem Häuptling Tusahga Saritsch!“
    „Das ist freilich überraschend! Sie müssen mit dem ‚General‘ zusammengetroffen sein, der es verstanden hat, sie zu gewinnen. Ich vermute, daß er diese Gegend von früher her genau kennt, und so war es möglich, daß sie uns vorausgekommen sind.“
    „So ist es. Mein Bruder hat es erraten. Die beiden Wachen, welche ich belauschte, sprachen davon, und ich hörte es. Der ‚General‘ ist nach der Halbinsel gegangen und nicht wiedergekommen; da haben sie sich aufgemacht, ihn zu suchen.“
    „Was hat er dort gewollt?“
    „Das hat er nicht gesagt. Er hat niemand mitnehmen wollen. Es muß ein Geheimnis gewesen sein. Darum sind sie mißtrauisch geworden und ihm, nachdem es dunkel geworden war, nachgefolgt. Da sie dort sahen, daß er von den Tramps gefangengenommen worden war, sind sie über diese hergefallen und haben ihn befreit.“
    „War mein Bruder Winnetou noch einmal dort?“
    „Ja; aber die Utahs hatten das Feuer verlöscht.“
    „Weshalb?“
    „Das weiß Winnetou nicht.“
    „So hast du nichts sehen können?“
    „Weder etwas gesehen noch gehört.“
    „Hm! Was ist zu tun? Den ‚General‘ müssen wir unbedingt haben!“
    „Wenn kein Feuer brennt, ist es unmöglich, ihn zu bekommen.“
    „Leider hast du da recht. Wir müssen entweder bis sie wieder eines anzünden oder bis zum Anbruch des Tages warten. Weiter bleibt uns nichts übrig. Oder hast du einen andern, bessern Gedanken?“
    „Die Gedanken Old Shatterhands sind stets gut.“
    „So wollen wir schlafen, aber Doppelwachen auslosen!“
    „Winnetou ist einverstanden. Wir befinden uns an einem gefährlichen Ort, wo wir nicht vorsichtig genug sein können. Wir werden auch nicht hier am See, sondern ein Stück drin im Wald schlafen, wohin die letzten Posten, ehe es Tag wird, auch die Pferde schaffen müssen, damit die Capote-Utahs uns ja nicht etwa beim ersten Tageslicht zu zeitig zu sehen bekommen.“
    Wir zogen uns also von dem Wasser in den Wald zurück, ließen die Pferde aber jetzt noch weitergrasen. Von den beiden Wächtern mußte einer bei ihnen und der andere bei uns sein. Mich

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