09 - Old Surehand III
hat euch mitgeteilt, daß wir uns hier befinden und daß Schahko Matto bei uns ist?“
„So ist es.“
„Er hat für diesen Dienst die Auslieferung Apanatschkas, welcher hier neben dir sitzt, verlangt?“
„Ja.“
„Was wollte er mit Apanatschka tun?“
„Das weiß ich nicht, denn ich habe ihn nicht gefragt, weil uns dieser fremde, rote Krieger gleichgültig ist.“
„Wo befindet sich der weiße Mann?“
„Ich weiß es nicht.“
„Belüge mich nicht! Er wollte Apanatschka haben, den du ihm bringen solltest. Also mußt du wissen, wo er ist. Wenn du mir noch eine einzige Unwahrheit sagst, liefere ich dich an Schahko Matto aus, dessen Todfeind du bist. Merke dir das! Also sag, wo der Weiße sich befindet!“
Diese Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht; der Cheyenne antwortete:
„Er ist draußen bei meinen Kriegern.“
„Aber seine Squaw doch nicht mit?“
„Nein; sie ist da, wo wir die Pferde gelassen haben.“
Ehe ich weitersprechen konnte, ergriff Winnetou das Wort:
„Ich bin wiederholt bei den Cheyennes gewesen, habe aber Witsch Panahka nie gesehen. Wie kommt das?“
„Wir gehören dem Stamm der Nukweint-Cheyennes an, bei welchem der Häuptling der Apachen noch nicht gewesen ist.“
„Ich weiß, was ich wissen wollte. Mein Bruder Shatterhand mag weitersprechen!“
Dieser Aufforderung folgend, legte ich dem Cheyenne jetzt die Frage vor:
„Ich sehe, daß ihr die Tomahawks des Krieges ergriffen habt. Gegen wen ist euer Zug gerichtet?“
Er zögerte mit der Antwort; aber als ich da eine drohende Bewegung zu Schahko Matto hin machte, gestand er:
„Gegen die Osagen.“
„Ah, ich errate! Ihr hattet gehört, daß die Osagen ihr Lager verlassen haben, um gegen die Bleichgesichter zu ziehen, und wolltet diese Gelegenheit benutzen, es zu überfallen?“
„Ja.“
„So seid froh, daß ihr uns hier getroffen habt! Die Osagen sind umgekehrt; sie befinden sich wieder daheim und hätten euch, da ihr nur achtzig Mann zählt, die Skalpe genommen. Die Begegnung mit uns ist ein großes Glück für euch; sie rettet euch oder doch vielen von euch das Leben. Ich hoffe, daß dies eine Mahnung zur friedlichen Gesinnung für euch ist. Was gedenkt ihr denn jetzt zu tun?“
„Wir nehmen Schahko Matto mit uns fort. Apanatschka könnt ihr meinetwegen behalten.“
„Laß dich nicht auslachen! Du bist mein Gefangener; das weißt du sehr wohl. Und glaubst du, daß wir uns vor deinen achtzig Leuten fürchten? Die Nukweint-Cheyenne sind als Leute bekannt, die nichts vom Kampf verstehen.“
„Uff!“ fuhr er zornig auf. „Wer hat dir diese Lüge gesagt?“
„Es ist keine Lüge; das habt ihr heut bewiesen. Euer Angriff war so dumm ausgeführt, daß man euch für kleine Knaben halten möchte. Und dann habe ich mitten unter euch gestanden, ohne daß es einen einzigen gab, der mich anzurühren wagte. Hierauf bist du an meiner Hand wie ein folgsames Kind mit in das Haus gegangen. Wenn wir das ruchbar machen, wird ein großes Gelächter über alle Höhen und alle Savannen gehen, und die andern Stämme der Cheyennes werden sich von euch lossagen, weil sie sich eurer schämen müssen. Du hast zu wählen. Willst du Kampf, so erschießen wir dich hier, sobald draußen von deinen Leuten der erste Schuß fällt. Eure Kugeln tun uns nichts, weil uns die Wände schützen; sieh aber unsere Waffen an; du kennst jedenfalls –“
„Pshaw!“ unterbrach mich da Winnetou, indem er sich von seinem Sitz erhob und zu dem ‚Eisernen Messer‘ hintrat. „Warum so lange Reden! Wir werden gleich mit den Cheyennes fertig sein!“
Er riß den Medizinbeutel, den Witsch Panahka auf der Brust hängen hatte, mit einem schnellen Griff los. Der Cheyenne sprang mit einem Angstschrei auf, um ihm die Medizin wieder zu entreißen; ich sprang hinzu, drückte ihn auf den Stuhl nieder, hielt ihn dort fest und sagte:
„Bleib sitzen! Wenn du gehorchst, bekommst du deine Medizin wieder, sonst aber nicht!“
„Ja, nur wenn er gehorcht“, stimmte Winnetou bei. „Ich will, daß die Cheyennes friedlich heimkehren. Tun sie das, so soll ihnen nichts geschehen und niemand wird erfahren, daß sie sich hier wie kleine Kinder benommen haben. Geht Witsch Panahka aber nicht darauf ein, so werfe ich seine Medizin augenblicklich auf den Herd, um sie zu verbrennen, und dann werden unsere Gewehre zu sprechen beginnen. Howgh!“
Wer da weiß, was die Medizin für jeden Roten, zumal für einen Häuptling, zu bedeuten hat und welche Schande es ist, sie
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