09 - Old Surehand III
auch wir bekamen ein freilich unzureichendes Frühstück; man tränkte die Pferde, und dann sollte aufgestiegen und fortgeritten werden. Wir wurden auf die Gäule gebunden, die Hände nach vorn, so daß wir die Zügel halten konnten; nun führte man die Beutepferde vor.
Die Osagenpferde machten denen, die sie reiten wollten, nicht viel zu schaffen; schlimmer schon war es mit Apanatschkas dunklem Rotschimmel; er ging, kaum daß der Reiter aufgestiegen war, sofort durch, und es dauerte lange, ehe Mann und Roß zurückkehrten. Jetzt stieg Cox auf Winnetous Iltschi. Dieser ließ das so ruhig geschehen, als ob er der allerfrömmste Rekruten- und Manegegaul sei. Schon wollte der Tramp es sich recht gemütlich im Sattel machen, da flog er in einem weiten Bogen durch die Luft, und gar nicht weit davon ertönte ein lauter Schrei: mein Hatatitla hatte seinen Kerl ganz ebenso prompt herabbefördert.
Die beiden Gestürzten standen fluchend auf und sahen zu ihrer Verwunderung die Rappen so unbeweglich dastehen, als ob gar nichts geschehen sei; sie schwangen sich also wieder auf, wurden aber zu ganz gleicher Zeit zum zweitenmal abgeworfen. Es wurde noch ein dritter Versuch gemacht, doch mit ganz demselben Mißerfolg. Old Wabble hatte heimlich kichernd zugesehen; jetzt brach er in ein lautes Lachen aus und rief dem Anführer zu:
„Nun wißt Ihr wohl, Mr. Cox, warum ich den schwarzen Teufel nicht haben wollte? Diese Rappen sind so dressiert, daß sich selbst der beste Reiter der Welt keine Minute auf ihnen halten kann.“
„Warum sagt Ihr mir das jetzt erst?!“
„Weil ich Euch das Vergnügen gönnen wollte, auch einmal mit dem Parterre Bekanntschaft zu machen. Seid Ihr zufriedengestellt?“
„Der Teufel hole Euch! Lassen sie denn wirklich niemanden oben?“
„Keinen Menschen!“
„Fatal! Was ist da zu tun?“
„Wenn Ihr nicht unterwegs verschiedene Ärgernisse haben wollt, so setzt einstweilen ihre früheren Besitzer darauf! Später kann man ja den Versuch machen, ob die Racker gefüge zu machen sind.“
Dieser Rat wurde befolgt. Wir bekamen unsere Pferde, und dann wurde aufgebrochen. Als wir dem Taleingang zuritten, kam Cox an meine Seite und sagte:
„Ich denke, daß es Euch nicht in den Sinn kommt, Euch durch Widersetzlichkeit Eure Lage zu erschweren! Kennt Ihr den richtigen Weg?“
„Ja.“
„Hoffentlich führt Ihr uns nicht irr!“
„Fällt mir nicht ein!“
„Wohin geht es heut?“
„Nach einem Spring jenseits des Rush-Creek.“
Mir war es außerordentlich lieb, daß er es für ganz selbstverständlich hielt, daß ich den Führer zu machen hatte, weil ich nach der Aussage des Apachen mir die Lage der Bonanza gemerkt hatte. Um nun zu wissen, wie es mit den Ortskenntnissen der Tramps stehe, erkundigte ich mich:
„Ihr kennt doch wohl die Gegend nach dem Squirrel-Creek hinauf?“
„Nein.“
„Oder einer eurer Leute?“
„Auch nicht“, war er so dumm, zu antworten.
„So ist niemand von euch schon dort gewesen?“
„Keiner! Ihr werdet uns also den Weg zeigen.“
„Das mag Winnetou tun!“
„Der hat sich die Stelle nicht gemerkt, wo das Gold liegt.“
„Und Ihr seid der Ansicht, daß ich sie Euch wirklich zeigen werde?“
„Natürlich!“
„Sonderbarer Mensch, der Ihr seid!“
„Wieso?“
„Was habe ich davon, wenn ich Euch zu dem Gold verhelfe? Nichts, gar nichts! Der Tod ist mir zugesprochen; es geht mir an das Leben, ob Ihr die Bonanza bekommt oder nicht. Denkt Ihr da, daß es mir Vergnügen macht, euch alle dafür, daß ihr uns überfallen und ausgeraubt habt und daß ich ermordet werde, zu Millionären zu machen?“
„Hm!“ brummte er, ohne weiter etwas zu sagen.
„Ihr scheint die Sache noch gar nicht von dieser Seite betrachtet zu haben?“
„Freilich nicht; aber Ihr habt Rücksicht auf Eure Kameraden zu nehmen.“
„Wieso?“
„Wenn wir die Bonanza nicht bekommen, müssen sie alle sterben!“
„Was geht das mich an, da ich sterben muß? Wer nimmt Rücksicht auf mich? Was habe ich, wenn ich tot bin, davon, daß die andern leben?“
„Chimney corner! Ihr werdet doch nicht so grausam mit ihnen sein!“
„Ich? Grausam? Ihr scheint ein sehr lustiger Kerl zu sein! Spricht der Mensch von Grausamkeit und ist es doch selbst, der sie ermorden will, falls er das Geld nicht bekommt! Ihr braucht uns ja nur freizugeben, so kann von Grausamkeit gar keine Rede sein!“
„Daß ich verrückt wäre!“
„So macht auch mir nicht die Vorwürfe, die nur Euch
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