Prinzessin meines Herzens
1. KAPITEL
Prinz Nico Cavelli saß an seinem antiken Schreibtisch und sah einige Unterlagen durch. Mit einem Blick auf die Uhr stellte der Thronfolger des Fürstentums Montebianco fest, dass ihm noch etwas Zeit blieb. Erst in ein paar Stunden würde das Staatsdiner stattfinden, das anlässlich seiner Verlobung gegeben wurde.
Plötzlich überkam ihn ein beklemmendes Gefühl. Er wollte den Hemdkragen lockern – und bemerkte, dass dieser bereits offen stand. Es kam ihm beinahe so vor, als würde sich eine Schlinge um seinen Hals legen. Aber wieso erweckte der Gedanke an die Eheschließung mit Prinzessin Antonella diesen Eindruck bei ihm?
So viel hatte sich in kürzester Zeit in seinem Leben verändert. Noch vor gut zwei Monaten war er bloß der jüngere Sohn gewesen. Der Playboy-Prinz. Alle paar Wochen hatte er die Geliebte gewechselt. Er hatte nichts Wichtigeres zu tun gehabt, als zu entscheiden, an welcher Party er abends teilnehmen wollte. Das war natürlich nicht die ganze Wahrheit über seine Person. Doch diese Version verbreiteten die Medien mit Vorliebe. Und Nico hatte die Journalisten gewähren lassen, denn so ließen sie seinen emotional sehr anfälligen Bruder in Ruhe.
Gaetano war der ältere Bruder, der Sensible, der ehelich geborene Sohn gewesen. Stets hatte Nico ihn beschützen müssen. Am Ende hatte er Gaetano allerdings nicht vor den Folgen seiner Entscheidungen bewahren können: Sein Bruder hatte seinen Sportwagen über eine Klippe gesteuert.
Wie sehr er Gaetano vermisste!
Zugleich ärgerte Nico sich auch über ihn. Sein Bruder hatte sich seinen Problemen nicht gestellt. Doch trotz allem: Nichts würde ihm Gaetano zurückbringen. Und nichts würde jetzt noch sein eigenes Schicksal ändern.
„Basta!“, murmelte Nico und konzentrierte sich wieder auf die Unterlagen. Er war der verbliebene Prinz. Obwohl er der uneheliche Sohn war, durfte er in Montebianco laut Verfassung den Thron besteigen. Zumal bei den heutigen medizinischen Möglichkeiten kein Zweifel bestand, wer sein Vater war. Ohnehin hatten alle Cavelli-Männer große Ähnlichkeit miteinander.
Nur Fürstin Tiziana missfiel Nicos neuer Status als Thronfolger. Er war ihr von Anfang an ein Dorn im Auge gewesen. Als Kind hatte er versucht, ihr Wohlwollen zu gewinnen – und hatte ihr einfach nichts recht machen können. Als Erwachsener verstand er, warum. Seine Anwesenheit erinnerte sie ständig an den Seitensprung ihres Mannes.
Und nach dem Tod seiner Mutter war Nico in den Palast gezogen. Seitdem sah die Fürstin in ihm eine regelrechte Bedrohung. Dass er nun Kronprinz geworden war, musste ein Albtraum für sie sein. Da spielte es auch keine Rolle, dass er Gaetano genauso geliebt hatte wie sie. Dass er alles geben würde, um ihn wieder lebendig zu machen.
Zumindest wollte er jetzt alles geben, um seinen höfischen Pflichten gerecht zu werden und damit das Vermächtnis seines Bruders zu ehren.
Als es nun klopfte, hob Nico den Kopf. „Herein.“
Sein Sekretär trat ein. „Der Polizeipräfekt hat einen Boten geschickt, Eure Hoheit.“
„Er soll hereinkommen.“
Kurz darauf erschien ein uniformierter Mann, der sich tief verneigte. „Eure Hoheit, der Präfekt lässt Euch grüßen“, begann er und leierte die üblichen Grußformeln und Glückwünsche herunter.
Nico versuchte, seine Ungeduld im Zaum zu halten. Ein wenig gereizt fragte er schließlich: „Worum geht es?“
Nicos Titel als Oberbefehlshaber der Polizei hatte eigentlich nur symbolischen Wert. Dass der Präfekt sich tatsächlich über eine Angelegenheit mit ihm austauschen wollte, verhieß nichts Gutes. Lächerlich! dachte Nico. Wahrscheinlich verspürte er dieses ungute Gefühl nur, weil er sehr bald seine Freiheit verlieren sollte.
Der Bote griff in seine Brusttasche und zog einen Umschlag heraus. „Der Präfekt möchte Euch darüber informieren, dass wir einige der gestohlenen antiken Statuen wiedergefunden haben. Außerdem soll ich Euch das hier überreichen, Eure Hoheit.“
Der Bote wartete respektvoll, während Nico den Umschlag aufriss. Darin befand sich ein Foto. Es zeigte ein Kind und eine Frau mit weizenblondem Haar, grünen Augen und Sommersprossen. Nico erkannte die Frau gleich. Als er den Blick auf das Kindergesicht richtete, fühlte er Wut in sich aufsteigen.
Das war unmöglich! So unvorsichtig war er nie. Niemals würde er einem Kind so etwas antun: es zeugen und sich dann einfach davonmachen. Genau das hatte er schließlich selbst erlebt. Es musste
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