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09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Mädchens bei sich. Er wurde auch von jemandem erkannt, der ihn den Mord begehen sah. Weshalb sollte ich ihn da noch untersuchen?«
    Fidelma unterdrückte einen Seufzer. »Es wäre…
    angebracht gewesen.«
    »Angebracht? Pah! Wenn ich mein Leben lang nur das getan hätte, was angebracht war, wären mir Hunderte von Patienten gestorben.«
    »Bei allem Respekt, das ist wohl kaum ein passender Vergleich.«
    »Ich bin nicht hier, um mich mit dir über Ethik zu streiten, dálaigh. Wenn du mit deinen Fragen fertig bist, mache ich mich wieder an meine Arbeit.«
    Fidelma beendete das Gespräch mit einem kurzen Wort des Dankes und ging. Aus dem Arzt war nicht mehr herauszuholen. Von Schwester Étromma war noch nichts zu sehen. Sie wartete einige Minuten vor der Apotheke, dann kam ihr ein Gedanke. Zu Fidelmas Talenten gehörte die fast unheimliche Fähigkeit, sich an jedem Ort zurechtzufinden, den sie einmal betreten hatte. Gedächtnis und Instinkt versetzten sie in die Lage, zu den Stätten in der Abtei zurückzukehren, zu denen man sie geführt hatte. So wartete sie nicht länger auf Schwester Étromma, sondern wanderte durch die Gänge zurück zum Zimmer der Äbtissin Fainder.
    Sie öffnete die Tür zum stillen Innenhof der Abtei und überquerte ihn langsam. Der Leichnam des Mönchs hing immer noch an dem hölzernen Galgen. Wie hieß er doch – Bruder Ibar? Seltsam, daß er auf demselben Kai einen Flußschiffer beraubt und ermordet haben sollte, nur einen Tag nach der Vergewaltigung und Ermordung Gormgillas.
    Plötzlich blieb sie mitten auf dem Hof stehen. Bruder Ibar war einer der zwei Menschen in der Abtei, mit denen Eadulf sich am Abend seiner Ankunft etwas länger unterhalten hatte.
    Sie kehrte um und schritt rasch die Treppe zu dem dumpfigen Gang hinauf, der zu Eadulfs Zelle führte. Bruder Cett war fort, an seiner Stelle hielt ein anderer Mönch die Wache.
    »Was willst du?« knurrte er grob, als er aus der Dunkelheit auftauchte.
    »Erstens möchte ich von dir ein besseres Benehmen sehen, Bruder«, entgegnete Fidelma scharf. »Zweitens möchte ich, daß du mir diese Zellentür hier öffnest. Ich habe die Vollmacht der Äbtissin.«
    Überrascht trat er einen Schritt zurück.
    »Ich habe keinen Befehl…«, brummte er mürrisch.
    »Ich erteile dir den Befehl, Bruder. Ich bin eine dálaigh. Bruder Cett hatte nichts dagegen, als ich vorhin mit Schwester Étromma hier war.«
    »Schwester Étromma? Mir hat sie nichts gesagt. Sie ist mit Cett zum Kai runtergegangen.«
    Der Mönch überlegte sich die Sache, während Fidelma ungeduldig wartete. Sie glaubte schon, er werde sich hartnäckig weigern. Doch dann setzte er sich widerwillig in Bewegung und zog die Riegel zurück.
    »Ich rufe dich, wenn ich wieder gehen will«, erklärte ihm Fidelma erleichtert und trat in die Zelle.
    Eadulf blickte überrascht auf.
    »Ich habe nicht damit gerechnet, dich so schnell wiederzusehen…«, begann er.
    »Ich muß dir ein paar weitere Fragen stellen. Ich möchte mehr über diesen Bruder Ibar wissen. Wir haben nicht viel Zeit, denn sie wissen nicht, daß ich noch einmal zu dir gekommen bin.«
    Eadulf zuckte die Achseln. »Da gibt es nicht viel zu berichten, Fidelma. An dem Tag, an dem ich ankam, saß er beim Abendessen im Speisesaal neben mir. Wir unterhielten uns kurz. Dann sah ich ihn nicht wieder – na, bis heute morgen dort unten.« Er nickte zum Hof hin.
    »Worüber habt ihr miteinander gesprochen?« Eadulf schaute sie nachdenklich an.
    »Er fragte mich, woher ich komme. Ich erklärte es ihm. Er sagte, er stamme aus dem Norden dieses Königreichs und sei von Beruf Schmied. Er war stolz auf seinen Beruf, aber enttäuscht, weil er in der Abtei nichts Besseres zu tun bekam, als Fesseln für Tiere anzufertigen. Seit der Ankunft von Äbtissin Fainder war er unglücklich. Ich erinnere mich, daß ich ihn damit tröstete, daß viele Gemeinschaften Tiere zu ihrer Ernährung brauchten und jede Aufgabe die Erfüllung wert sei. Er meinte…«
    »Weiter habt ihr nichts besprochen? Nur über Allgemeines geredet?« Fidelma bemühte sich, ihre Enttäuschung nicht durchblicken zu lassen.
    »Ach, er fragte mich noch nach einigen Gebräuchen bei den Angelsachsen, das war alles.«
    »Gebräuchen bei den Angelsachsen? Welche?«
    »Warum die Angelsachsen Sklaven hielten. Eine merkwürdige Frage, fand ich.«
    »Sonst nichts?«
    Eadulf schüttelte den Kopf. »Er war anscheinend unzufrieden mit der Arbeit, die er verrichten mußte. Das hat ihn wohl bis zu

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