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09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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seinem Ende beschäftigt. Das letzte, was ich von dem armen Burschen hörte, war der Ruf: ›Fragt nach den Handschellen.‹ Ich glaube, da war er bereits nicht mehr ganz bei Sinnen. Es ist schrecklich, den Strick des Henkers schon zu spüren…«
    Fidelma war sichtlich enttäuscht und merkte nicht, wie Eadulf die Stimme versagte. Sie hatte gehofft, der verstorbene Bruder Ibar hätte etwas gesagt, was sich als ein Faden erweisen würde, mit dem sie das ganze eigenartige Netz aufräufeln und entwirren könnte. Sie zwang sich, Eadulf ein Lächeln zu schenken.
    »Macht nichts, ich werde dich bald wiedersehen.« Sie klopfte an die Tür.
    Der mürrische Bruder hatte wohl davor gewartet, denn die Tür ging sofort auf, und er ließ sie hinaus.

Kapitel 6
    Schwester Fidelma überquerte wieder den Hof, als Schwester Étromma sie einholte.
    »Du solltest doch vor der Apotheke auf mich warten«, schalt sie ärgerlich. »Du hättest dich verlaufen können, die Abtei ist schließlich keine kleine Dorfkirche.«
    Fidelma machte sich nicht die Mühe, sie darüber aufzuklären, daß sie sich die Wege zu und von einem Ort, den man ihr gezeigt hatte, leicht merken konnte. Auch erwähnte sie nicht, daß die Abtei zwar im Vergleich zu vielen Gotteshäusern in den fünf Königreichen sehr groß war, sie aber schon ausgedehntere Abteikomplexe in Armagh, Whitby und Rom gesehen hatte.
    »Ich hatte gehört, du wurdest zum Kai geholt«, sagte sie.
    Die Verwalterin schien zu erschrecken. »Wer hat dir das gesagt?«
    Fidelma wollte ihr nicht verraten, daß sie Eadulf noch einmal aufgesucht hatte, und fuhr deshalb fort:
    »Ich war auf dem Wege zu Äbtissin Fainder. Ich habe noch ein paar Fragen an sie. Hast du die Novizin Fial gefunden?«
    Schwester Étromma schaute einen Moment verlegen drein.
    »Nein, ich konnte sie nicht finden.«
    »Warum, in aller Welt, denn nicht?« Fidelma war empört.
    »Anscheinend hat sie schon einige Zeit niemand mehr gesehen.«
    »Was genau verstehst du unter ›einiger‹ Zeit?«
    »Man hat mir gesagt, sie sei seit mehreren Tagen nicht mehr gesehen worden. Wir suchen weiter nach ihr.«
    Fidelmas Augen funkelten gefährlich. »Bevor wir zur Äbtissin gehen, zeige mir bitte das Gästehaus, und zwar die Stelle, an der Bruder Eadulf geschlafen hat.«
    Die Verwalterin brauchte nicht lange, um Fidelma zum Gästehaus zu führen. Der Schlafraum für die Gäste war nicht groß, er enthielt nur etwa ein halbes Dutzend Betten.
    »In welchem Bett schlief Bruder Eadulf?« fragte Fidelma.
    Schwester Étromma zeigte auf das letzte Bett in der Ecke.
    Fidelma ging hin und setzte sich auf die Kante. Flüchtig schaute sie unter das Bett. Dort lag nichts.
    »Natürlich ist das Bett noch mehrmals benutzt worden, seit der Angelsachse hier übernachtete«, erklärte die Verwalterin.
    »Natürlich. Ist die Matratze seitdem gewechselt worden?«
    Schwester Étromma schien verwirrt. »Die Matratzen werden gewechselt, wenn es nötig ist. Ich glaube nicht, daß wir diese ausgetauscht haben, seit der Angelsachse hier schlief. Warum?«
    Fidelma zog die Decken von der Strohmatratze fort. Es war der übliche dünne Strohsack. Prüfend befühlte sie ihn hier und da.
    »Wonach suchst du?« wollte die Verwalterin wissen.
    Fidelma gab keine Antwort.
    Sie hatte etwas Härteres in dem Stroh ertastet, und ihr Blick fiel auf ein Loch an der Seite der Matratze, wo die Naht geöffnet worden war. Sie lächelte. Sie kannte Eadulf besser als er sich selbst. Er war ein vorsichtiger Mensch, und in der Aufregung der letzten Wochen hatte er vergessen, wie vorsichtig er gewesen war.
    Fidelma griff in die Matratze hinein, und ihre schlanken Finger erfaßten den kleinen Holzstab. Daneben spürte sie die weiche Pergamentrolle. Rasch zog sie beides heraus und hielt es der erstaunten Schwester Étromma hin.
    »Das wirst du mir bezeugen, Schwester«, sagte Fidelma und stand auf. »Hier ist der weiße Amtsstab, den Bruder Eadulf bei sich führte zum Zeichen dafür, daß er als offizieller Gesandter des Königs von Cashel unterwegs war. Hier ist der Brief von der Hand desselben Königs an Erzbischof Theodor von Canterbury. Bruder Eadulf hatte sie aus Vorsicht in der Matratze versteckt.«
    Schwester Étrommas Miene nahm einen seltsamen Ausdruck an, in dem Unsicherheit vorzuherrschen schien.
    »Das sollten wir am besten zu Äbtissin Fainder bringen«, meinte sie schließlich.
    Fidelma schüttelte den Kopf und steckte beides in ihr marsupium, die Ledertasche, die sie immer am

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