Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
Vom Netzwerk:
keine Demut, Mann?« Ihre Stimme schnappte fast über vor Zorn.
    Coba lachte kühl. »Ich besitze Demut genug, um zu erkennen, wenn es mir an Demut fehlt.«
    Plötzlich fiel der Blick der Äbtissin auf Fidelma, die in der Tür stand und der Auseinandersetzung mit stillem Vergnügen lauschte. Die Miene der Äbtissin Fainder verwandelte sich sofort in eine kalte Maske. Sie wandte sich wieder dem älteren Mann zu.
    »Der Brehon und der König sind sich in der Frage der Strafe einig, Coba. Sie wird vollzogen. Mehr habe ich dir nicht zu sagen. Du kannst gehen.« Dann fragte sie Fidelma mit eisiger Stimme: »Und was willst du jetzt, Schwester?«
    Der Mann hatte sich umgeschaut, sobald er Fidelma gewahrte. Er machte keine Miene, der brüsken Verabschiedung durch die Äbtissin zu folgen.
    »Ich warne dich, Äbtissin Fainder«, sagte er, den Blick auf Fidelma gerichtet, und schnitt ihr jede Antwort an die Äbtissin ab. »Ich lasse diese Sache nicht auf sich beruhen. Du hast schon einen jungen Bruder hingemetzelt, und jetzt willst du den Angelsachsen töten. Das entspricht nicht unserem Gesetz.«
    Fidelma redete ihn an und nicht die Äbtissin.
    »Du bist also gekommen, um Einspruch gegen dieses Todesurteil zu erheben?« fragte sie und schaute ihn interessiert an.
    Coba reagierte wenig freundlich.
    »Das habe ich getan. Wenn du eine Nonne sein willst, dann wirst du das auch tun.«
    »Ich habe meinen Einspruch bereits eingelegt«, versicherte ihm Fidelma. »Wer bist du?«
    Unwillig schaltete sich Äbtissin Fainder ein.
    »Dies ist Coba von Cam Eolaing. Er ist bó-aire dieses Ortes und kein ollamh des Rechts oder der Religion«, fügte sie gehässig hinzu. Ein bó-aire war ein örtlicher Friedensrichter, ein Fürst ohne Landbesitz, dessen Reichtum nach der Zahl der Rinder bemessen wurde, die er besaß, weshalb er ein »Kuh-Häuptling« genannt wurde. »Coba, das ist Schwester Fidelma von Cashel.«
    Der Mann musterte Fidelma mit zusammengekniffenen Augen.
    »Was tut eine Nonne aus Cashel hier in Fearna? Willst du nur gegen die Handlungen der Äbtissin protestieren, oder hast du noch ein anderes Anliegen?« wollte er wissen.
    »Die Äbtissin hat nicht erwähnt, daß ich eine dálaigh bei Gericht mit dem Rang eines anruth bin«, erwiderte sie. »Außerdem bin ich eine Freundin des Angelsachsen, der mit dem Tode bedroht ist. Ich bin hergekommen, um ihn gegen jede Ungerechtigkeit zu verteidigen.«
    Der Fürst wurde etwas zugänglicher.
    »Aha. Ich nehme an, es ist dir nicht gelungen, die Äbtissin davon zu überzeugen, daß sie von ihrem schlimmen Vorhaben abstehen soll?«
    »Es ist mir nicht gelungen, das Urteil abzuändern, das vom König und seinem Brehon bestätigt wurde«, formulierte Fidelma vorsichtig ihre Antwort.
    »Was hast du jetzt also vor? Heute morgen wurde ein Mann hingemordet, und ein zweiter soll morgen umgebracht werden. Rache ist nicht unsere Art.«
    Äbtissin Fainder stieß ein paar unartikulierte Laute aus, doch Fidelma ignorierte sie.
    »Das ist nicht unsere Art, darin stimme ich dir zu. Aber wir können die Ungerechtigkeit nur bekämpfen, indem wir den Weg des Rechts beschreiten. Ich habe die Erlaubnis, zu untersuchen, ob es Gründe für eine Berufung gibt.«
    Der Mann schnaubte vor Zorn. »Berufung! Quatsch!
    Der Angelsachse soll morgen hingerichtet werden. Man muß seine Freilassung verlangen. Für juristische Spitzfindigkeiten ist keine Zeit mehr.«
    Äbtissin Fainder kniff die Augen zusammen. »Ich muß dich warnen, Coba. Solche Forderungen werden auf Widerstand treffen. Wenn du versuchst, das Recht zu behindern…«
    »Recht? Barbarei ist das! Wer die juristische Tötung eines Menschen unterstützt, ist selbst beinahe ein Mörder und kann sich nicht als zivilisiert betrachten.«
    »Ich warne dich, Coba, der König wird von deinen Ansichten unterrichtet werden.«
    »Der König? Ein übellauniger junger Bursche, der sich in diesen Dingen schlecht beraten ließ.«
    Fidelma legte dem alten Herrn die Hand auf den Arm.
    »Ein übellauniger junger Bursche mit großer Macht«, warnte sie ihn freundlich. Der Fürst schien ihr mit einer Freimütigkeit zu reden, die ihm leicht schaden konnte.
    Coba lachte trocken über ihre Vorsicht. »Ich bin zu alt und habe ein zu erfülltes Leben geführt, als daß ich vor Leuten mit Macht noch Angst hätte, wer sie auch seien. Und dieses ganze Leben lang, junge Frau, habe ich unser Recht, unsere Kultur und unsere Lebensauffassung bewahrt. Keine neue Barbarei soll meine Grundsätze

Weitere Kostenlose Bücher