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09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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verstehen.«
    Der Bischof wollte etwas antworten, überlegte es sich jedoch anders und verließ den Raum ohne ein weiteres Wort.
    Dego trat mit besorgtem Gesicht näher.
    »Geht es dir gut, Lady? Du bist nicht verletzt?« Fidelma schüttelte den Kopf. Sie berührte die Schulter, in die die Schwertspitze des Kriegers eingedrungen war.
    »Nur ein Kratzer, mehr nicht. Reich mir die Kutte, Enda«, bat sie ruhig, erhielt sie und schwang sich aus dem Bett. Sie sah die beiden jungen Krieger eindringlich an.
    »Jetzt, da wir allein sind, sagt mir die Wahrheit. Hat einer von euch etwas mit Eadulfs Flucht zu tun?« Sie stellte die Frage rasch, fast atemlos.
    Dego antwortete sofort mit einer verneinenden Geste. »Ich schwöre es, Lady.« Dann lächelte er schief.
    »Wären wir auf den Gedanken gekommen, hätten wir es uns vielleicht überlegt und mitgemacht.«
    Enda stimmte ihm ernsthaft zu. »So war es wirklich, Lady. Wir kamen nicht auf die Idee, und jetzt, wo jemand anders es ausgeführt hat, schämen wir uns ein bißchen.«
    Fidelma verzog tadelnd das Gesicht. Ihr Herz gab ihnen recht, doch ihr Verstand nicht.
    »Ihr müßtet euch schämen, wenn ihr das Recht gebrochen hättet«, ermahnte sie sie.
    »Nicht das Recht gebrochen, Lady«, beharrte Enda, »es nur ein wenig gebogen, um Zeit zu gewinnen, bis Brehon Barrán eintrifft.«
    Sie schaute auf, als Lassar eintrat, gefolgt von ihrem Bruder Mel. Sie hatten sich anscheinend vergewissert, daß Bischof Forbassach und seine Männer das Gasthaus verlassen hatten.
    »Das ist eine schlimme Sache, Schwester«, sprudelte Lassar aufgeregt los. »Es ist heutzutage schwierig genug, ein Gasthaus zu führen, aber wenn ich den Bischof, der zugleich Brehon ist, die Äbtissin und den König alle zusammen geärgert habe, dann habe ich keine Hoffnung, daß ich weitermachen kann, überhaupt keine Hoffnung.«
    Mel legte seiner Schwester tröstend den Arm um die Schulter.
    »Es ist schon eine schlimme Sache, Lady«, wiederholte er verlegen. »Wir möchten dich ganz offen und ehrlich fragen, ob ihr an dieser Angelegenheit beteiligt seid.«
    »Nein, das sind wir nicht«, versicherte ihnen Fidelma. »Sollen wir aus dem Gasthaus ausziehen?«
    »Verzeih uns, Lady. Für meine Schwester ist das alles natürlich sehr belastend. Es wäre ungerecht, euch aus dem Gasthaus zu verweisen, wenn es keine Gründe dafür gibt.«
    Lassar schluchzte und betupfte ihre Augen mit dem Ende ihres Halstuchs.
    »Ihr könnt gern hier bleiben. Ich meinte nur…«
    »Und es ist richtig, daß du uns deine Lage erklärst«, unterbrach sie Fidelma. »Ich kann dir versprechen, wenn unser Aufenthalt hier deinen Lebensunterhalt gefährdet, ziehen wir aus. Wenn es dir recht ist, daß wir bleiben, bleiben wir auch. Wir haben nichts getan, was nach den Gesetzen dieses Landes unrecht wäre, trotz allem Verdacht, den Bischof Forbassach hegt. Das kann ich dir versichern.«
    »Wir vertrauen deinem Wort, Schwester.«
    »Dann können wir im Augenblick nichts weiter tun als versuchen, für den Rest der Nacht noch etwas Schlaf zu finden.«
    Lassar und ihr Bruder verließen das Zimmer, doch Fidelma gab Dego und Enda ein Zeichen zurückzubleiben.
    »Nachdem wir nun sicher sind, daß niemand von uns an der Flucht beteiligt ist, ergibt sich daraus ein Problem«, flüsterte sie.
    Dego nickte »Wenn wir Eadulf nicht geholfen haben zu entkommen, wer tat es dann und zu welchem Zweck?« fragte er.
    »Zu welchem Zweck?« wiederholte Enda verdutzt. Fidelma lächelte dem jungen Krieger anerkennend zu.
    »Dego hat den springenden Punkt erkannt. Mir ist aufgefallen, daß mehrere Personen, die an diesen Ereignissen beteiligt waren, verschwunden sind – die wichtigsten Zeugen in der Abtei. Könnte es wohl sein, daß man Eadulf auf dieselbe Weise hat ›verschwinden‹ lassen?«
    Diese Möglichkeit beunruhigte sie, doch man mußte sich ihr stellen, so weit hergeholt sie auch schien, denn nach reiflicher Überlegung wirkte sie nicht weiter hergeholt als andere bisher unerklärliche Vorkommnisse in diesem Fall. Schweigend dachten alle drei darüber nach.
    »Nun, jetzt mitten in der Nacht können wir wenig tun«, gab Fidelma widerwillig zu. »Klar ist aber, daß wir Eadulf finden müssen, bevor Bischof Forbassach und seine Leute ihn finden.«
    Als Fidelma allein war, wußte sie nicht, ob sie sich dem Gefühl ungeheurer Erleichterung hingeben sollte, mit dem sie zuerst auf die Nachricht reagiert hatte, daß Eadulf dem Galgen entgangen war, oder der nagenden

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