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09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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eingefangen ist, habe ich Zeit, meine Aufgabe fortzuführen. Es sei denn, du weißt etwas, was ich nicht erfahren soll.«
    Äbtissin Fainder wurde blaß und setzte zu einer Erwiderung an, als die Tür aufgerissen wurde. Fidelma fuhr herum.
    Zu ihrer Überraschung war es der dürre, hagere Flußschiffer namens Gabrán, der im Türrahmen stand. Er stutzte, erkannte sie und wurde verlegen.
    »Tut mir leid, Lady«, entschuldigte er sich bei der Äbtissin. »Ich wußte nicht, daß du Besuch hast. Die Verwalterin sagte, du wolltest mich sprechen. Ich komme später noch einmal.«
    Er ging und schloß die Tür, ohne Fidelma zu grüßen.
    Mit leicht belustigter Miene wandte sich Fidelma wieder Äbtissin Fainder zu.
    »Nun, das ist hochinteressant. Ich habe noch nie einen Flußschiffer gesehen, der solche Freiheiten in einer Abtei genoß, daß er die Privaträume der Äbtissin betreten konnte, ohne anzuklopfen.«
    Äbtissin Fainder war irritiert. »Der Mann ist ein Flegel. Er hat kein Recht, hier so hereinzukommen«, erklärte sie nach kurzem Zögern. Es klang nicht sehr überzeugend. »Wer erlaubt dir überhaupt, mich danach zu fragen?«
    Schwester Fidelma lächelte sanft, ohne darauf einzugehen.
    Äbtissin Fainder wartete einen Moment, dann zuckte sie die Achseln.
    »Der Mann treibt Handel mit der Abtei, das ist alles.« Es hörte sich wie eine Entschuldigung an. Fidelma schwieg, als erwarte sie, daß Äbtissin Fainder fortfahre.
    »Bischof Forbassach hat dich letzte Nacht gesucht«, begann die Äbtissin. »Sobald entdeckt wurde, daß der Angelsachse geflohen war, oder vielmehr, daß man ihm zur Flucht verholfen hatte, ließ ich den Bischof holen. Er meinte, wenn jemand wüßte, wo der Angelsachse geblieben wäre, dann müßtest du das sein. Anscheinend hat er dich verfehlt.«
    »Nein, das hat er nicht«, erwiderte Fidelma. »Er weckte mich mitten in der Nacht und suchte vergeblich nach Bruder Eadulf.«
    Äbtissin Fainder riß die Augen auf. Sie hatte offensichtlich noch nichts von Forbassachs mitternächtlichem Besuch gehört.
    »Er hat dein Zimmer durchsucht und nichts gefunden?« fragte sie unsicher.
    »Du scheinst überrascht. Nein, er hat nicht Bruder Eadulf unter meinem Bett entdeckt, wenn du das meinst, Mutter Äbtissin. Wenn er Verstand besäße, hätte er das auch nicht erwartet. Bischof Forbassach hat nichts gefunden.«
    »Nichts?« Äbtissin Fainder klang ungläubig, und sie grübelte sichtlich über diese Neuigkeit nach. Dann schien ihre hochmütige Haltung von ihr abzufallen.
    Sie fügte sich. »Na gut, wenn du noch weitere Fragen stellen willst, dann fang an. Ich bin sicher, jeder in der Abtei hegt dieselbe Vermutung darüber, wer dem Angelsachsen zur Flucht verhalf.«
    Fidelma erhob sich und meinte beiläufig: »Vielen Dank für deine Hilfe, Mutter Äbtissin. Es ist gut zu wissen, daß jeder in der Abtei dieselbe Vermutung hegt, wer Eadulf zur Flucht verhalf.«
    Äbtissin Fainder war verblüfft. Fragend sah sie Fidelma an.
    Fidelma entschied sich zu antworten.
    »Wenn jeder in der Abtei eine Idee hat, wer Eadulf bei seiner Flucht behilflich war, dann werden sie es mir vielleicht mitteilen, damit wir dieses Geheimnis rasch lüften können. Vielleicht wissen sie sogar, wer das junge Mädchen wirklich getötet hat, dessen Ermordung man ihm zur Last legt.«
    Äbtissin Fainder fand zu ihrer überlegenen Haltung zurück.
    »Willst du trotz allem behaupten, daß der Angelsachse unschuldig ist?«
    »Ich bin auch jetzt noch davon überzeugt, daß es so ist.«
    Die Äbtissin schüttelte langsam den Kopf. »Eins muß ich dir lassen, Schwester Fidelma, du bist hartnäckig in deinem Glauben.«
    »Ich freue mich, daß du soviel schon über mich weißt, Mutter Äbtissin. Du wirst auch noch merken, daß ich nie aufgebe, bis die Wahrheit ans Licht gekommen ist.«
    »Die Wahrheit ist mächtig und setzt sich durch«, zitierte Äbtissin Fainder spöttisch.
    »Ein weiser Spruch, nur stimmt er leider nicht immer. Aber er ist ein Ideal, für das man arbeiten kann, und das habe ich mein Leben lang getan.« Plötzlich setzte sie sich wieder und beugte sich über den Tisch vor. »Da sich die Gelegenheit bietet, muß ich dir ein paar Fragen stellen.«
    Äbtissin Fainder wurde von diesem Kurswechsel überrascht. Sie machte eine Handbewegung, die man als Einladung deuten konnte.
    »Ich nehme an, Schwester Fial ist weiterhin verschwunden?«
    »Ich habe nicht gehört, daß man ihren Aufenthalt ermittelt hätte. Anscheinend hat sie sich

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