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09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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ich erwartet hätte«, erklärte sie grob.
    »Ach ja? Und warum?« erkundigte sich Fidelma unschuldig, als die Verwalterin sie widerwillig einließ.
    »Ich dachte, du würdest voller Freude nach Cashel zurückkehren. Der Angelsachse ist entkommen. Das wolltest du doch, oder nicht?«
    Fidelma sah sie ernst an.
    »Was ich wollte«, erwiderte sie mit scharfer Betonung, »war, daß Bruder Eadulf Gerechtigkeit fände und sich gegen die Beschuldigung rechtfertigen könnte. Was die freudige Rückkehr nach Cashel angeht, so werde ich diesen Ort nicht eher verlassen, bis ich herausgefunden habe, was hier mit Bruder Eadulf geschehen ist, und ich seinen Ruf wiederhergestellt habe. Eine Flucht ist kein Freispruch vor dem Gesetz.«
    »Flucht ist besser als Tod«, antwortete die Verwalterin und wiederholte beinahe Degos Worte.
    »Da ist etwas Wahres dran, aber es wäre mir lieber, seine Unschuld wäre erwiesen, als daß er zum Flüchtling würde, den jeder als außerhalb des Gesetzes stehend behandeln kann.«
    »Jeder in der Abtei denkt, daß du bei seiner Flucht die Hand im Spiel hattest. War das so?«
    »Du fragst sehr direkt, Schwester Étromma. Nein, ich habe Eadulf nicht geholfen zu entkommen.«
    »Es wird schwierig sein, die Leute davon zu überzeugen.«
    »Ob schwierig oder nicht, das ist die Wahrheit. Ich habe auch kein Interesse daran, meine Zeit damit zu verschwenden, Leute überzeugen zu wollen.«
    »Hier wirst du vielleicht feststellen, daß Lügen dir Freunde gewinnen, die Wahrheit aber nur Haß hervorruft.«
    »Da wir gerade von Haß reden, du magst Äbtissin Fainder nicht sonderlich, nicht wahr?«
    »Es ist nicht erforderlich, daß eine Verwalterin die Äbtissin mag, der sie dient.«
    »Gefällt dir die Art, wie sie die Abtei leitet? Ich meine diese Sache mit den Bußgesetzen.«
    »Die Regel der Abtei ist verkündet worden. Ihr muß ich gehorchen. Aber ich weiß, worauf du hinauswillst, Schwester. Versuche mich nicht zu überreden, daß ich die Haltung der Äbtissin oder Bischof Forbassachs verurteile. Ob die Bestrafung nun nach den Bußgesetzen oder nach dem Gesetz der Fénechus erfolgt, vergiß nicht, daß der Angelsachse der Vergewaltigung und des Mordes für schuldig befunden wurde. Für dieses Verbrechen muß er nach dem Gesetz bestraft werden – ganz gleich, nach welchem Gesetz. Jetzt habe ich aber zu tun. Heute ist in der Abtei viel zu erledigen. Was ist der Zweck deines Besuchs?«
    »Zuerst möchte ich die Äbtissin sprechen.«
    »Es würde mich überraschen, wenn sie dich empfängt.«
    »Dann machen wir doch die Probe darauf.«
    Äbtissin Fainder empfing Fidelma doch. Sie saß wie gewöhnlich hinter ihrem Tisch, mit strenger Miene und mit Mißtrauen in den dunklen Augen.
    »Schwester Étromma hat mir berichtet, daß du jede Kenntnis von der Flucht des Angelsachsen leugnest, Schwester Fidelma. Du erwartest doch nicht, daß ich dir das glaube?« lautete ihre bissige Einleitung.
    Fidelma lächelte leise und nahm ungebeten Platz. Sie bemerkte das ärgerliche Zucken in der Miene der Äbtissin, doch in diesem Fall war Äbtissin Fainder zu klug, um etwas einzuwenden.
    »Ich erwarte nicht, daß du irgend etwas glaubst, Mutter Äbtissin«, antwortete Fidelma gelassen.
    »Aber du möchtest dein unschuldiges Nichtwissen vor mir verteidigen?« höhnte die Äbtissin.
    »Ich muß gar nichts vor dir verteidigen«, entgegnete Fidelma. »Ich bin lediglich gekommen, um deine Zustimmung dazu einzuholen, weiterhin Mitglieder dieser Gemeinschaft zu befragen.«
    Überrascht lehnte sich Äbtissin Fidelma zurück.
    »Zu welchem Zweck?« wollte sie wissen. »Du hast doch alle Fragen gestellt und deine Berufung beim Gericht eingelegt. Die Wahrheit kam heraus, als der Angelsachse aus seiner Zelle entfloh.«
    »Gestern hatte ich nicht die Zeit, alle die Fragen zu stellen, mit denen ich die gegen Bruder Eadulf erhobenen Beschuldigungen klären wollte. Deshalb möchte ich heute damit weitermachen.«
    Zum erstenmal schaute Äbtissin Fainder völlig verwirrt drein.
    »Du vergeudest deine Zeit. Wie ich erfuhr, will Forbassach untersuchen, welchen Anteil am Entkommen des Angelsachsen du möglicherweise hast. Für mich ist seine Flucht ein klarer Beweis seiner Schuld. Wenn er gefaßt ist, wird man entsprechend mit ihm verfahren. Wer ihm zur Flucht verholfen hat, wird ebenfalls bestraft. Denke daran, Schwester Fidelma.«
    »Die gerichtlichen Verfahrensregeln sind mir durchaus bekannt, Mutter Äbtissin. Aber bis Bruder Eadulf wieder

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