Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
Vom Netzwerk:
du den Fluß rauf, und ich suche den Fluß runter. Mein Schiff ist da unten vertäut. Ich muß es noch vor dem Mittag hier raufbringen. Das alles gefällt mir nicht. Solange der Angelsachse lebt, ist er eine Gefahr für das ganze System. Es wäre das beste gewesen, wenn man ihn in der Abtei gehängt hätte.«
    Der Mann mit dem spitzen Gesicht verließ seinen Gefährten und ging rasch am Ufer entlang, wobei er den Boden nach Eadulfs Spuren absuchte. Der andere blieb eine Weile stehen und musterte die Umgebung, dann schritt er langsam in die andere Richtung. Plötzlich blieb er stehen. Eadulf bewegte sich unruhig. Hatte der Mann die Stelle entdeckt, an der er vom Ufer weg zwischen die Wacholderbüsche gesprungen war?
    Verzweifelt sah er sich nach einer Waffe um. In der Nähe lag ein weggeworfener Schwarzdornknüppel. Eadulf langte vorsichtig hin und holte ihn mit den Fingern heran. Dann packte er ihn fest und stand leise auf, wobei er die scharfen Blätter der Stechpalmen zu vermeiden suchte.
    Der Krieger, der mit dem Namen Dau angeredet worden war, hielt seinen Bogen und einen Pfeil in der einen Hand und schaute sich um, als suche er Spuren.
    In diesem Augenblick wurde es Eadulf klar, daß er keine Wahl hatte. Der Mann wollte ihn töten. Er wußte nicht, warum, aber das spielte auch keine Rolle. Er hatte die Aufgabe, sein eigenes Leben zu retten. Eadulf bewegte sich vorsichtig und versuchte sich an das zu erinnern, was er als Junge von seinem Vater auf der Jagd in seinem eigenen Land gelernt hatte, im Lande des Südvolks. Zentimeterweise schob er sich an den verflochtenen Zweigen vorbei um die Stechpalmen herum und durch die Wacholderbüsche von hinten an seinen Gegner heran. Bei jedem Schritt meinte er, der andere müsse ihn hören.
    Der Bogenschütze blickte unschlüssig auf die Bäume und Sträucher, während Eadulf mit erhobenem Knüppel in beiden Fäusten an ihn heranschlich. Ein blitzschneller Schlag genügte, um ihn zu fällen. Mit einem kaum wahrnehmbaren Grunzen brach er zusammen. Einen Moment stand Eadulf über den Regungslosen gebeugt, bereit, noch einmal zuzuschlagen. Doch der rührte sich nicht mehr.
    »Vergib mir, denn ich habe gesündigt«, murmelte er und bekreuzigte sich. Er kniete sich bei dem Bewußtlosen hin, zog ihm die Lederstiefel aus und warf sie mit dem Bogen und dem Köcher samt den Pfeilen in den Fluß. Das Jagdmesser steckte er in den eigenen Gürtel. Er nahm ihm auch den Schaffellmantel ab, denn den würde er selbst brauchen, sobald er das offene Gelände erreichte. Wenn der Bogenschütze wieder zu sich käme, würde er eine Weile nicht an Verfolgung denken, nicht ohne Stiefel, Mantel und Waffen. Eadulf blickte zum Himmel auf und versuchte sich an die Worte aus dem ersten Brief des Johannes zu erinnern: »So wir aber unsere Sünden bekennen, so ist Er treu und gerecht.« Er hoffte, die himmlischen Mächte würden seine Taten verstehen.
    Dann erhob er sich, warf sich den schweren Mantel um die Schultern und marschierte auf die Berge zu. Er wußte nicht recht, wohin er sich wenden sollte. Bevor er sich für ein endgültiges Ziel entschied, wollte er aber eine hinreichende Entfernung zwischen sich und die Burg von Cam Eolaing legen. Ihm war natürlich klar, daß Fidelma nichts mit diesem seltsamen Plan zu seiner Ermordung zu tun hatte. Es wäre wahrscheinlich eine Zeitverschwendung, jetzt nach ihr zu suchen. Vielleicht war es das beste, wenn er sich nach Osten zur Küste wandte und versuchte, ein Schiff zu finden, das ihn nach Wessex oder in ein anderes der angelsächsischen Königreiche brachte? Nun, darüber konnte er noch lange nachdenken. Erst brauchte er eine Unterkunft und Verpflegung, bevor er Entschlüsse fassen konnte.
    Fidelma blickte auf, als es an der Tür klopfte. Es war Lassar, die Gastwirtin. Sie sah müde und nervös aus.
    »Der Brehon, Bischof Forbassach, ist wieder da. Er möchte dich sprechen.«
    Fidelma hatte sich gerade angekleidet und wollte zum Frühstück in den Hauptraum hinuntergehen.
    »Nun gut. Ich komme sofort«, erklärte sie.
    Unten am Kamin, von Lassar bedient, saß nicht nur der Brehon von Laigin, Bischof Forbassach, sondern auch der alte, weißhaarige Coba, der bó-aire von Cam Eolaing. Sie bemühte sich, ihr Erstaunen über sein Erscheinen an diesem Morgen im Gasthaus zu verbergen. Dann bemerkte sie noch einen dritten Mann am Kamin, einen gestrengen alten Herrn mit hagerem Gesicht und vorspringender Nase. Er trug reiche Mönchskleidung und ein verziertes

Weitere Kostenlose Bücher