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0905 - Die Anstalt

0905 - Die Anstalt

Titel: 0905 - Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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bevölkerten, schickte er zurück in die Wachstube.
    Als er allein war, ging er zu dem Tresor, der in der Ecke seines Büros stand, entriegelte das Zahlenschloss und griff in das oberste Fach des offenen Panzerschranks.
    Der Umschlag war alt und nie zuvor geöffnet worden. Er trug noch das Siegel von König George III und war nie geöffnet worden.
    Pallister wusste, dass er schon viel zu lange gezögert hatte. Es hatte bereits Vorzeichen gegeben, dass es dringend geboten war, den Umschlag zu öffnen. Darauf war er eingeschworen worden, als er diesen Posten übertragen bekam.
    Doch der spurlos - angeblich in der Wand seiner Zelle - verschwundene Len Corben und der mysteriöse Mann, der behauptete, aus der Zukunft zu kommen - Turner, Michael Turner war sein Name -, hatten ihn nicht dazu bringen können, diesen Schritt zu vollziehen.
    Er fürchtete um alles, was er erreicht hatte. Er liebte diesen Posten, die Macht, die damit verbunden war. Er war niemandem Rechenschaft schuldig gewesen - bis zum heutigen Tag.
    Mit dem Bruch des Siegels und der Umsetzung der Befehle, die sich in dem Kuvert befanden, würde sich alles ändern.
    Das wusste er.
    Aber konnte er weiter die Augen verschließen vor dem, was an Grauen bereits Einzug gehalten hatte ins Millbank?
    Nein , entschied er.
    Und noch in derselben Stunde verließ ein Bote Pallisters das Millbank Penitentiary mit Ziel Buckingham Palace.
    Zu seiner eigenen Überraschung war er danach erleichtert.
    Die Dinge lagen nun nicht mehr allein in seiner Hand. Hilfe von außen würde eintreffen. Zum Schutze aller, die sich in diesen Mauern befanden. Kompetente Hilfe.
    Glaubte und hoffte er.
    Doch er hatte die Rechnung ohne das gemacht, was bereits Wege gefunden hatte, die uralten Bannsiegel zu durchbrechen.
    Direktor Pallister ahnte zu dieser Stunde noch nicht, dass keine Hilfe eintreffen würde - jedenfalls nicht in der Zahl und nicht von der Art, die er erwartete.
    Auf sein Geheiß hin schlossen sich Tore, die die alten, tagtäglich benutzten wie Spielzeuge erscheinen ließen. Mächtiger, symbolbedeckter Stahl fiel aus verborgenen Öffnungen und schloss das Millbank hermetisch ab.
    So sollte es bis zum Eintreffen der Hilfe bleiben.
    Nichts sollte nach draußen gelangen können.
    Doch als Queen Victoria reagierte, war es so, dass ihre Geheimpolizei, die Männer in Grau, auch nicht hinein kamen.
    Keine Nachricht, kein Lebenszeichen drang nach draußen. Wie ein riesiges Grab wirkte das Millbank. Und die, die ihm nahe kamen, zweifelten kaum noch, dass es das auch tatsächlich war.
    »Wir müssen stürmen«, entschied die Königin.
    »Vielleicht«, wiegelte einer ihrer Männer in Grau ab. Er war ihr engster Berater in jenen anderen Belangen, die nie ans Licht der Öffentlichkeit gelangten. »Aber es gäbe vielleicht noch eine Möglichkeit, die weniger Blutvergießen verspricht - und zumindest eine Chance beinhaltet.«
    »Sprechen Sie.«
    »Ihr erinnert Euch noch an den Mann, der das Millbank seinerzeit plante?«
    »Bentham?«
    Der Mann in Grau schüttelte den Kopf. »Nein, ich meine den eigentlichen Architekten.«
    In den königlichen Augen blitzte es auf. »Er ist längst tot. Auch sein Sohn…«
    »Gewiss. Aber es gibt da noch den Sohn des Sohnes…«
    »Ihr meint…?«
    »Lasst es uns versuchen. Wir verlieren etwas Zeit, das stimmt. Aber vielleicht ist er so gut wie seine Vorgänger. Oder sogar… besser?«
    »Das halten Sie für möglich?«
    »Ich halte nichts für unmöglich , Majestät.«
    Damit war es entschieden.
    2.
    Gegenwart
    Kein gottverdammter Monat, in dem er nicht wenigstens einen Menschen umgebracht hätte.
    Nicht vorsätzlich natürlich.
    Kein gottverdammter Tag trotzdem, an dem ihn die Bilder der Toten in Ruhe gelassen und nicht bis in seine Träume verfolgt hätten!
    Dr. Allan Pickwick seufzte bitter, bevor er die Flasche an die Lippen setzte und einen herzhaften Schluck daraus nahm. Er wusste um seine Fehlbarkeit, ein »Gott in Weiß« war er gewiss nicht.
    Der scharfe Alkohol spülte über die Schleimhäute und rann die Speiseröhre hinab, um ein behagliches Feuer im Magen zu entfachen. Die Sinne leicht benebelt, bildete Pickwick sich ein, es ginge ihm besser.
    Im nächsten Moment schon klopfte es an der Tür seines Stationszimmers.
    Rasch verschloss er die Scotchflasche und verstaute sie in dem Schiebeschrank hinter seinem Schreibtisch, dessen Tür er schloss. Schnell noch geräuspert, dann rief er: »Herein!«
    Paula Finnegan trat ein, die Schwester, die heute

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