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0906 - Das Vermächtnis der Hexe

0906 - Das Vermächtnis der Hexe

Titel: 0906 - Das Vermächtnis der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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allen Farben des Regenbogens zu leuchten. Der eine schrumpfte zusammen und ging dabei in die Breite. Der andere wurde lang und dünn. Seine Arme verwandelten sich zu Tentakeln, durch die Lichtwellen flossen.
    Sie wusste, dass keine von diesen Veränderungen wirklich geschah. Es war lediglich ihr sterbendes Gehirn, das ihr diese Bilder vorgaukelte.
    Und dennoch stockte sie in ihrem Zauberspruch nicht! Selbst als sich das Licht der Linse zu zwei fingerdicken Strahlen bündelte und in Henriettes Augen raste, hörte sie nicht damit auf! Sie musste den Spruch unter allen Umständen zu Ende bringen! Wenn sie noch eine Chance haben wollte, durfte sie sich nicht ablenken lassen.
    Unerträgliche Hitze flutete ihren Körper, ließ ihr Blut gerinnen und verbrannte die Innereien. Ihre Haare knisterten, als sie sich zu verschmorten Würmchen zusammenrollten. Ein durchdringender Gestank stieg von ihnen auf. Flammen tänzelten über ihre Fingernägel, schlugen aus dem Mund, den Nasenlöchern, den Ohren und den Augen.
    Jetzt endlich hörte Henriette damit auf, den Zauberspruch zu murmeln. Der Schmerz hatte ihr das Bewusstsein geraubt. Dennoch sank sie nicht in sich zusammen. Der Bann des Hexenlichts hielt sie auf den Beinen.
    Wie eine menschliche Fackel stand sie hinter dem Tresen. Obwohl sie eine mörderische Hitze ausstrahlte, griff das Feuer nicht auf den Laden über. Es zerstörte lediglich den gottlosen Körper der Hexe.
    Noch einmal loderten die Flammen auf, umhüllten Henriettes Gestalt, wirbelten um sie herum wie ein Tornado - und rasten zurück in die Linse unter den Händen der beiden Männer.
    Jakob stellte sich auf die Zehenspitzen und lugte über den Verkaufstisch. Auf dem Boden jenseits des Tresens entdeckte er eine Handvoll gräulicher Asche. Das war alles, was von der Hexe übrig geblieben war.
    »Das wäre geschafft«, sagte er.
    Wilhelm nickte. »Ja. Und nun lass uns den Jungen holen.«
    ***
    Gegenwart
    »Wo ist eigentlich Rhett?« Zamorra nahm den letzten Schluck des Glühweins, der inzwischen schon so weit abgekühlt war, dass er Gefrierwein hätte heißen müssen, und verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
    »Bäh!«
    Er knüllte den Pappbecher zusammen und warf ihn in einen der Mülleimer, von denen auf dem Gelände des Karnevalsmarkts reichlich aufgestellt waren.
    Lady Patricia drehte sich um und ließ ihren Blick auf die Suche nach ihrem Sohn gehen. Dann zeigte sie auf einen Stand, an dem ein kleiner, dicker Glatzkopf Masken verkaufte. »Als ich ihn zuletzt gesehen habe, hat er sich da drüben umgeschaut.«
    Sie packte die Aufschläge ihres Mantels und zog sie enger zusammen. Seit die Sonne untergegangen war, war es noch einmal merklich kälter geworden. Wenigstens hatte es heute nicht geschneit.
    »Wir sind seit gerade mal neunzig Minuten hier, aber mir ist kalt, als hätten wir schon eine komplette Eiszeit hinter uns. Wollen wir wirklich noch bis zum Feuerwerk warten?«
    Zamorra zuckte mit den Schultern. »Das ist mir egal. Lassen wir den Jungen entscheiden. Schließlich haben wir es ihm versprochen.«
    »Dazu müssten wir aber erst einmal wissen, wo er steckt.«
    »Guter Einwand!« Zamorra grinste. Sein Atem kondensierte vor den Lippen. Es sah aus, als würde mit jedem Atemzug ein Stück seiner Seele aus dem Körper fliehen. »Sollen wir ihn suchen?«
    »Ich weiß auch nicht. Dann mault er wieder, dass wir ihn behandeln wie ein kleines Kind.«
    »Und das, obwohl er doch schon ein großes Kind ist!«
    »Lass ihn das nur nicht hören!«
    Zamorra lachte. »Nein, keine Sorge. Wie wäre es, wenn du dich auf die Suche nach ihm machst? Ich warte hier so lange, falls er zurückkommt. Dieser Plan hätte den unschätzbaren Vorteil, dass ich in aller Ruhe noch ein Schälchen Glühwein zu mir nehmen könnte.«
    Lady Patricia nickte. »Klingt nach einer guten Idee.«
    »Ist ja auch von mir!«
    Während Patricia in der Menschenmenge untertauchte, fischte Zamorra in der Manteltasche nach ein paar Münzen. Gar kein so leichtes Unterfangen mit steif gefrorenen Fingern! Schließlich gelang es ihm aber doch und zwei Minuten später presste er die kalten Handflächen gegen einen frisch gefüllten Glühweinbecher.
    Er schlenderte hinüber zu dem Stand des Maskenverkäufers. Von dort aus hatte er immer noch eine gute Sicht auf den Glühweinstand. Auf dem Weg nahm er einen kleinen Schluck des heißen Getränks und verbrannte sich prompt die Zunge. Er fühlte, wie die Hitze seine Kehle hinabrann und schließlich im Magen

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