091- Das Schloß der teuflischen Deborah
Manor-Castle. Ihre Gedanken drehten sich nur darum.
Aber dann war
sie wieder bewußtlos geworden. Ihr Gesicht wirkte seltsam durchscheinend, und
ihre Augenlider zuckten. Sie stöhnte leise: »Der Wind pfeift… Manor-Castle ist
verlassen… Türen schlagen… aber niemand hört es, niemand ist da. Räuberbanden
ziehen durch das Land, Feinde fallen ein, plündern das Schloß… kostbare
Teppiche, Schmuck, Truhen mit Gold und Silber, feines Tafelgeschirr… sie nehmen
alles mit… Wind und Wetter verrichten ihr Zerstörungswerk, Unkraut und Moos
überziehen die Mauern…
Vögel nisten
auf den Mauervorsprüngen im Innern von Manor-Castle. Ein Besucher nähert sich,
ein Ritter… fast dreißig Jahre sind vergangen… die Bewohner der nahen Dörfer
meiden das Gebäude… es ist als Geisterschloß der teuflischen Deborah
verschrien!«
Manchmal
verlor sie den Faden und berichtete stockend, dann wieder sprudelten die Worte
zusammenhängend über ihre Lippen. »Der Ritter ist Henry, der älteste Sohn Lady
Deborahs.
Er steigt vom
Pferd, geht in das vom Untergang gezeichnete Schloß. Noch ist nicht alles
ausgeplündert. Es gibt noch einige Dinge, vor allem die Familienbilder, die
noch unberührt an den Wänden hängen. Ritter Henry betritt furchtlos das
Gespensterschloß. Er schreitet durch die Hallen, inspiziert die düsteren
Gewölbe, die Folterkammer. Lang steht er dann vor den Porträts, besonders vor
dem seiner böse und finster dreinschauenden Mutter. Er hängt die Bilder ab,
eines nach dem anderen und bringt sie hinunter in einen Keller, wo eine große,
eisenbeschlagene Truhe steht. Darin verstaut er sie… zuunterst das Porträt
seiner Mutter… und mit ihm macht er etwas Merkwürdiges. Er legt ein großes
Kreuz darauf, das er mitgebracht hat und befestigt es mit breiten Ledergurten, die
er um das Bild schlingt. Dann stapelt er die anderen Bilder oben auf und
verschließt die Truhe… Ritter Henry wirft einen letzten Blick auf Manor-Castle…
reitet davon… er wird nicht wieder hierherkommen, niemals wieder!«
Susan Anne
Hoogans Stimme wurde immer leiser. Ihre Lippen bewegten sich noch, aber kein
Laut drang mehr aus ihrem Mund. Sie sank wieder zurück in tiefe
Bewußtlosigkeit.
Larry nahm
seine Schwester beim Arm und zog sie hinaus.
»Sie erzählt
immer von der Vergangenheit, Larry«, murmelte Miriam nachdenklich. »Ich
verstehe das nicht. Was will sie damit sagen?«
Er zuckte die
Achsel. »Ich weiß es nicht, Miriam. Aber es muß von großer Bedeutung für sie
sein, wenn es sie so beschäftigt. Sie redet von einem Manor-Castle, das nichts
mit dem zu tun hat, das David T. Wimburn offensichtlich wieder aufbauen ließ.
Und doch handelt es sich um dasselbe Schloß. Das, was Susan Anne Hoogan
berichtet, liegt einige Jahrhunderte zurück.
Wieso
empfängt sie diese Bilder, wieso vermag sie diese so genau zu beschreiben?«
»Sie hat
Fieber. Können es Phantasien sein, die sie durchlebt, Larry?«
»Auch das ist
möglich. Aber ich mag nicht so recht dran glauben, Miriam. Was ist mit Susan
Anne Hoogan passiert? Daran müssen wir anknüpfen und diese Frage beantworten.
Vielleicht finden wir in ihrer Wohnung eine Antwort. Fahren wir doch dorthin.
Sie hat etwas von einem Film erzählt.«
»Ja, und auch
etwas von einem Bild. Davon hat sie eben zuletzt auch wieder gesprochen.
Das Porträt
einer Frau, die sie als teuflische Deborah bezeichnet, spukt in ihrem
Unterbewußtsein. Was hat es damit auf sich?«
●
Knapp
anderthalb Flugstunden von New York entfernt lag Tampa, eine Stadt in Florida.
In der Nähe
von Tampa existierte die kleine Stadt Lakeland.
Zwischen
Tampa und Lakeland hatte David T. Wimburn, inmitten eines ausgedehnten
Parkgeländes, das schottische Schloß Manor-Castle Stein für Stein wieder
errichten lassen.
Inmitten
Floridas war ein Bauwerk aus einer anderen Zeit, aus einer anderen Epoche
entstanden.
David T.
Wimburn war durch seine extravaganten Wünsche und ungewöhnlichen Interessen
bekanntgeworden. So hatte einmal die Schlagzeile Furore gemacht, wonach er
Franzosen bei einem Gala-Empfang des Weißen Hauses während eines Gespräches den
Vorschlag gemacht haben sollte, ihnen den Eiffelturm abzukaufen.
David T.
Wimburn gehörte zu den drei reichsten Männern der Welt. Seine Ölfirmen hatten
ihm Milliarden eingebracht. Doch wieviel Geld er wirklich besaß, wußte er
selbst nicht genau.
Sein
Riesenbesitz verteilte sich über die ganze Welt, und sein Vermögen war nicht
mehr zu zählen. Viele
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