091 - Ein Geist kehrt zurück
ich werde versuchen, ihn zu erreichen, aber ich kann Ihnen nicht versprechen, daß ich auch Erfolg habe.«
»Es ist sehr wichtig, Schwester Sandra.«
»Okay, ich werde mir Mühe geben. Das ist alles, was ich Ihnen versprechen kann.« Sie verließ das Krankenzimmer, kam aber einige Minuten später mit einer winzigen Pille wieder. »Hier, nehmen Sie die«, sagte sie.
»Was ist das?« wollte Campas wissen.
»Eine Beruhigungspille. Es ist nicht gut, wenn Sie sich aufregen. Sie könnten Fieber bekommen. Soviel ich gehört habe, würden Sie gern am Freitag nach Hause gehen. Bei erhöhter Temperatur können Sie das vergessen.«
Campas schluckte die Pille sofort.
Er spülte sie mit Wasser hinunter. Schwester Sandra schüttelte sein Kissen auf und empfahl ihm, sich zu entspannen.
Vom Schwesternzimmer aus rief sie bei Vance Winger zu Hause an. Sie war froh, daß niemand abhob, denn sie wußte eigentlich nicht genau, womit sie die späte Störung entschuldigen sollte.
Es war wohl besser, wenn das Medikament wirkte, das sie dem Patienten gebracht hatte. Es würde ihn nicht nur beruhigen. Er würde darauf auch fest schlafen.
Als Campas die Augen zufielen, riß er sie entsetzt wieder auf. »Verdammt, die Schwester hat mir eine Schlaftablette gegeben!« schrie er.
»Ist doch gut für Sie«, sagte Ken Anderson. »Dann können Sie wenigstens bis morgen früh durchschlafen.«
»Aber das will ich nicht! Ich will nicht schlafen! Es… es ist gefährlich, zu schlafen… Stan Vandell… Er hat auch geschlafen…«
»Nun kommen Sie, Campas, drehen Sie nicht durch«, sagte Anderson beschwichtigend. »Sie haben doch nicht etwa Angst. Das ist wirklich nicht nötig. Ich bin ja auch hier. Wenn Sie so wollen, halte ich an Ihrer Seite Wache. Ich habe nämlich einen sehr leichten Schlaf. Das geringste Geräusch würde mich wecken.«
Er sagte das zwar, aber es stimmte nicht. Wenn Ken Anderson schlief, konnte man eine Kanone abfeuern, ohne daß er davon wach geworden wäre. Es ging ihm lediglich darum, dem Bettnachbarn die Furcht zu nehmen.
Campas war verzweifelt. Er kämpfte gegen die starke Wirkung des Medikaments. Er bildete sich ein, daß es sein Tod war, wenn er einschlief, denn im Schlaf würde er diesem Teufelskiller ausgeliefert sein. Er würde sich nicht wehren, nicht um Hilfe schreien können.
Schwester Sandra hatte ihm mit dieser winzigen Pille den Tod gebracht ! Immer wieder öffnete er weit die Augen, schüttelte den Kopf und zwang sich, wach zu bleiben.
Aber es fiel ihm immer schwerer.
»Ich… darf… nicht…«, flüsterte er mit matter Stimme. Er sprach wie ein Betrunkener mit schwerer, müder Zunge. »Darf… nicht… schlafen…«
»Entspannen Sie sich«, riet ihm Ken Anderson.
»Kaltes Wasser…«, lallte Campas. »Schütten Sie mir… kaltes Wasser ins… Gesicht…«
»Was wollen Sie? Ich habe Sie nicht verstanden. Sagten Sie etwas von Wasser? Haben Sie Durst?«
»Kaffee… Viel Kaffee… trinken…«
Anderson läutete nach der Schwester. Als sie kam, schlief Lane Campas mit einem unglücklichen Gesichtsausdruck.
»Ich konnte den Chefarzt leider nicht erreichen«, sagte Schwester Sandra.
»Jetzt schläft er«, sagte Anderson. »Aber er hat sich verzweifelt dagegen gewehrt. Er wollte um keinen Preis einschlafen. Fast schien es, als wäre er davon überzeugt, daß er aus diesem Schlaf nicht aufwachen wird.«
»Der Schlaf wird ihm guttun. Er wird sich morgen früh besser fühlen«, sagte die Krankenschwester und legte den Walkman in Campas' Nachttischlade.
Aber Schwester Sandra irrte sich gewaltig…
***
Alle, die nicht in meinem Haus wohnten, waren gegangen. Der Aufbruch begann um halb zwölf, und um Mitternacht befanden sich nur noch Boram, Jubilee, Mr. Silver, Roxane, Vicky Bonney und ich im Haus.
Das Wiedersehensfest hatte überall seine Spuren hinterlassen. Es stand eine Menge Geschirr herum, dem unsere drei Mädchen morgen früh den Kampf ansagen würden.
Für heute blieb alles so, wie es war. Wir hatten alle den Wunsch, zu Bett zu gehen.
Als ich unter die Decke kroch und mich ächzend streckte, rauschte im Bad noch die Dusche. Wenig später kam meine bezaubernde Freundin zur Tür herein.
Die Nachttischlampe tauchte Vicky in ein weiches, warmes Licht und ließ ihre hübschen Züge ein wenig zerfließen. Sie trug einen weißen Bademantel, der nur bis zu ihren Knien reichte.
»Endlich habe ich dich für mich allein«, sagte sie und lächelte mich so liebevoll an, daß ich das Gefühl hatte, mir
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