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0915 - Die Rückkehr des Schrecklichen

0915 - Die Rückkehr des Schrecklichen

Titel: 0915 - Die Rückkehr des Schrecklichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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sie sich weiter durch das Unterholz, bestrebt, nicht hängen zu bleiben und kein lautes Astknacken zu verursachen.
    Diese Ecke des Waldes kannte sie nicht. Doch den Gedanken, wie sie bei glücklichem Ausgang hier wieder herausfinden sollte, schob sie erst Mal weit von sich.
    Eine Lichtung tauchte vor ihr auf, etwa sechzig Meter im Durchmesser, fast kreisrund. Die Frau erstarrte. Atemlos drückte sie sich in den Schutz eines Baumes und beobachtete. Flackerndes Licht beschien den Mann und ließ ihn noch unheimlicher erscheinen, als er ohnehin schon war. Mr. Hyde, das böse Ich des Dr. Jekyll, kam ihr in den Sinn und ließ sie zusätzlich frösteln.
    Die direkte Umgebung verstärkte den unheimlichen Eindruck noch. Denn auf der von hohem Gras und Gestrüpp bewachsenen Lichtung standen Grabkreuze! Uralt, verwittert, teilweise krumm, weil tief in den Boden eingesunken, eines lag sogar ganz quer. Der Mond ließ sie das alles sehen, bevor er, fast wie im Theater, den Vorhang wieder schloss und sich hinter die Wolkengebirge zurückzog.
    Trotzdem hinterließ er keine totale Finsternis. Das flackernde Licht, das nun von einer Sturmlaterne stammte, ließ zuckende Schatten über die beiden Grabsteine wandern, zwischen denen der Mann stand.
    O mein Gott. Ob dieses Flackern die toten Seelen der Begrabenen sind? Ich hab solchen Schiss…
    In ihrer Vorstellung wandten sich die Seelen in heller Empörung gegen den Frevler, der hier ihre Ruhe störte.
    Denn das tat der Mann tatsächlich!
    Er bückte sich soeben ein wenig und begann, mit einem Spaten neben einem der Kreuze zu graben.
    Lieber Gott, der buddelt hier tatsächlich im Grab herum! Was… was will der bloß?
    Die Frau spürte Panik. Der Kerl war noch schlimmer, als sie es bisher vermutet hatte. Doch nichts wie weg! Aber sie konnte nicht. Die Neugierde, die morbide Faszination, die sich gruselig in ihr festgesetzt hatte, nagelten sie auf der Stelle fest. Und das Bestreben, es ihm endlich heim zu zahlen.
    Wie besessen grub der Mann. Erde flog schaufelweise durch die Luft. Immer wieder hörte sie sein Keuchen, vor allem, wenn er mit steigender Wut den Spaten in die Erde hackte, weil ihm Wurzeln den Weg versperrten.
    Was war das hier für ein Friedhof? Er lag auf Dumbarton-Besitz, gehörte also ganz sicher dazu, aber sie hatte noch nie zuvor etwas von ihm gehört.
    Der Mann grub fast eine halbe Stunde. Das plötzliche Knirschen ließ die Frau zusammen fahren. Er war auf den Sarg gestoßen!
    Ihr schauderte. Vor allem, als er wie ein wildes Tier auf das Holz einhackte und schließlich den Deckel durchbrach. Einen Moment hielt er schwer atmend inne und das Sturmlicht flackerte dabei wie irr. Dann ging er in die Knie, fasste in die offene Erde - und hob einen Totenschädel heraus!
    In diesem Moment kam der Mond wieder hervor. Mit beiden Händen umklammerte der Mann den Schädel und hielt ihn mit ausgestreckten Armen vor sein Gesicht. Ein paar Sekunden lang fraß sich sein Blick in den leeren, beinernen Augenhöhlen fest. Der Schädel schien ihn anzugrinsen, so, als wolle er sagen: Pech gehabt, mein Lieber, ich bin nicht der, den du suchst…
    So empfand es die junge Frau, die nun bis in die tiefsten Tiefen ihrer Seele fror. Sie konnte ihr Zittern nicht mehr kontrollieren.
    Mit einer kurzen, heftigen Handbewegung und einem lästerlichen Fluch schleuderte der Mann den Schädel weg. Er flog ein Stück über den Friedhof - direkt auf die Frau zu!
    Unwillkürlich wich sie ein Stück zurück, als sie das unheimliche Geschoss auf sich zuwirbeln sah. Ein Ast knackte. Doch der Schädel erreichte sie nicht. Lange vorher knallte er mit einem dumpfen Geräusch gegen ein Grabkreuz.
    Die Frau fixierte wie hypnotisiert die Stelle, an der der Schädel aufgeschlagen war. Als sie ihre Blicke nach einigen Augenblicken wieder löste, war der Mann verschwunden!
    Es durchfuhr sie heiß. Wo war er hin? Mit rasendem Herzklopfen ließ sie ihre Blicke schweifen, der Mond war diesmal nicht ihr Freund. Er verschwand in diesem Moment erneut.
    Nichts. Das Pochen in ihr war so laut, dass sie selbst lautere Geräusche in diesem Moment nicht wahrgenommen hätte. Sie drehte sich um.
    In diesem Moment wuchs der Schatten vor ihr auf. Sie glaubte, ihr Herz müsse stehen bleiben.
    »Wen haben wir denn da?«, flüsterte der Mann heiser.
    Und stürzte sich auf sie.
    ***
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