0915 - Die Rückkehr des Schrecklichen
tief schwarzer Haut, den eines Mannes, mit einer scharfen Klaue statt des Daumens an beiden Händen. Es präsentierte sich völlig nackt, mit riesigem, männlichem Geschlechtsteil, das durch die Beine nach hinten gebogen war und kleinen weißen, sich ständig krümmenden Würmern dort, wo bei Menschen die Schamhaare wuchsen. Das Wesen überragte Leonardo um gut ein Drittel, stand auf bemerkenswert kleinen Füßen und trug einen Kopf auf den Schultern, der den Schwarzmagier entfernt an einen Esel erinnerte. Rot glühende Augen starrten ihn an und ließen ein Gefühl unbestimmter Furcht in ihm hoch steigen. Er spürte die Aura der Macht, die den Dämon umgab. Eine Aura, die er bei den Feuerdämonen, die er zuvor als Hilfskräfte für sein böses Tun beschworen hatte, in der Tat bisher nicht feststellen konnte.
Aus den Schultern des Höllischen wuchsen zwei schmale Federn, fast wie Engelsflügel. Sie wirkten ein wenig armselig.
»Ihr seid Adramelech, nicht wahr?«
Der Höllische verbeugte sich mit einem Kratzfuß. Dabei fächerten die Federn auf und bildeten plötzlich ein mächtiges, buntes Rad hinter ihm, genau wie das des Pfaus. »Ihr habt mich also gleich erkannt, Leonardo. Nun, der Eine oder Andere von Euch Sterblichen, der meine höllische Majestät schauen durfte, hat mich in seinen Zeichnungen ganz gut getroffen. Ja, ich bin Adramelech, Kanzler der höllischen Regionen, teuflischer Befehlshaber, Vorsitzender des Hohen Rates der Teufel, Bewahrer der sieben höllischen Mysterien und nicht zuletzt Garderobier Satans.«
Adramelech fuhr das Rad wieder ein. Er bleckte seine scharfen Reißzähne. »Nun, ich gebe zu, dass der Titel Garderobier Satans ein wenig anmaßend und übertrieben ist, denn LUZIFER selbst bin ich nicht zu Diensten. Immerhin aber dem Fürsten der Finsternis. Asmodis ist mir sehr dankbar, wenn ich ihm für die zahlreichen offiziellen Termine in den Schwefelklüften die richtige Garderobe zurecht lege. Das dürft Ihr ruhig glauben, Leonardo. Die Kleidungsvorschriften in der Hölle sind durchaus streng und seit vielen Jahrzehntausenden bis ins kleinste Detail geregelt. Trifft sich zum Beispiel der Hohe Rat der Teufel, so hängt es nicht nur vom Tag ab, sondern auch vom jeweiligen Äon, verschiedenen Sternenkonstellationen und einigen weiteren Kleinigkeiten, was der Fürst der Finsternis jeweils zu tragen hat. Das gilt übrigens auch für die höllischen Attribute, die seine Macht unterstreichen. Na ja, dann gibt es da mal die offizielle Einweihung einer neuen Seelenhalde und dort die Auszeichnung eines besonders verdienten Dämons. Nicht ganz einfach also, da den Überblick zu behalten.«
Leonardo war wider Willen schwer beeindruckt und verspürte den Drang, das Knie zu beugen und das Haupt zu neigen. Dann tat er es doch nicht. Auch er verfügte über einen eisernen Willen und musste schauen, dem Dämon einigermaßen auf Augenhöhe zu begegnen. Sonst hatte er schon am Anfang verloren.
»Ihr seid also ein Fürst der Hölle, einer der Erzdämonen gar?«
»So ist es. Wisst Ihr, Leonardo, uns höllischen Majestäten bleibt nichts von dem verborgen, was auf der Erde vorgeht. Gar nichts. Und Menschen wie Euch beobachten wir natürlich ganz besonders. Darf ich Euch selbst zum Beispiel machen?«
»Tut, was Ihr nicht lassen könnt, Adramelech.«
»Natürlich tue ich es. Also, mein lieber Leonardo, Ihr erinnert Euch sicher noch gerne an die Zeit zurück, als Ihr ein junger Mann wart und mit Vorliebe in den Chroniken Eurer Familie stöbertet.«
»Ja. Es ist ja erst ein paar Jahre her.«
»Das ist also Euer berüchtigter schwarzer Humor. Ich bin begeistert. Nun, bei Euren Studien seid Ihr auf die Schriften Ehrenfried de Montagnes gestoßen. Er war der erste de Montagne überhaupt, von Frankenkönig Karl dem Dicken wegen besonderer Tapferkeit in den Adelsstand erhoben und mit Ländereien bedacht sowie mit dem recht ausgestattet, seine eigene Burg zu bauen. Ja, der alte Ehrenfried, ich kannte ihn ganz gut. Er erbaute also in den Jahren 891 bis 897 das alte Château Montagne, begründete die Dynastie und war zugleich ein begeisterter und fähiger Alchemist.«
Leonardo sagt nichts. Er setzte sich auf einen weich gepolsterten Eichenstuhl. Mit Blicken forderte er Adramelech auf, fortzufahren.
»In den Aufzeichnungen des Ehrenfried de Montagne steht, dass er den Platz für Château Montagne bewusst erwählt habe, weil sich seinen Berechnungen nach im Berg darunter zwei wichtige kosmische Linien kreuzen. Und
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