0916 - Feuerengel
inzwischen in der Hand hielt. Sein Gesicht - falls man es noch als solches bezeichnen sollte zeigte einen unbeschreiblichen Ausdruck. Panik, Angst, ein schreckliches Wissen, da kam alles zusammen. Genau dieser Ausdruck bewies mir, daß ich es hier mit teuflischen oder dämonischen Mächten zu tun hatte.
Plötzlich sanken die Flammen zusammen, obgleich sie von meinem Kreuz noch nicht berührt worden waren. Ein letztes Zischen, und es war vorbei.
Nichts ging mehr.
Vor mir lag ein verkohlter Körper, aus dessen schrecklich anzusehender Haut noch Rauch quoll, der mir ätzend in die Nase stieg, so daß ich den Kopf zur Seite drehte.
In meinem Magen saß ein widerlicher Druck. Auf der Zunge lag ein Geschmack, für den ich keine Worte fand, aber ich wußte genau, daß ich auch verloren hatte.
Der Mann lag da und rührte sich nicht mehr. Nur ein leises Knistern zeigte an, daß irgend etwas in oder an dem verbrannten Körper noch arbeitete, und ich fragte mich natürlich, wie es zu diesem Grauen hatte kommen können.
Langsam ging ich auf die Tür zu und öffnete sie. Im Gang hatten sich mehrere Menschen versammelt. Ein Mann trug einen Feuerlöscher. Er ließ ihn wieder sinken, als ich den Raum verließ und den Arm hob. »Es ist vorbei«, sagte ich.
Man schaute mich an. In den folgenden Sekunden war es still. Dann prasselten Fragen auf mich hernieder, von denen ich keine einzige beantwortete. Ich sah einen Mann im steifen Kittel, der die Reihe der Wartenden durchbrach. Vielleicht war es der Chef des Krankenhauses.
Seine Wangen sahen aus wie Hamsterbacken. Das schwarze Haar trug er gescheitelt, auf der blassen Stirn schimmerte Schweiß. »Können Sie mir sagen, was hier passiert ist?« fragte er mich. »Ich bin Professor Gladstone und habe hier die Leitung.«
»In der Notaufnahme ist ein Mann verbrannt.«
»Ach ja? Einfach so?«
»Richtig.«
»Und Sie waren dabei?«
»Auch das.«
»Wer gab ihnen die Kompetenz?«
»Ich mir selbst.«
Professor Gladstone holte Luft, aber er hielt sie an, als er meinen Ausweis sah.
»Polizei…«
»Scotland Yard.«
»Dann ist da ein Verbrechen geschehen«, sagte er und stieß endlich die Luft aus.
»Das würde ich so nicht sagen.«
Ich richtete mich auf und deutete auf die Tür. »Ich möchte mir den Mann anschauen.«
»Gern, das können Sie, aber ich gehe mit.«
»Ist schon klar.«
Sicherheitshalber öffnete ich die Tür, schaute in die Notaufnahme, wo sich nichts verändert hatte.
Nur der beißende Geruch lag wie ein dünner Nebel über allem.
Ich ließ den Professor eintreten, der hustete, dann deutete ich auf die Leiche.
Gladstone trat näher heran. Er schüttelte den Kopf. »Himmel, das ist ja unfaßbar!« keuchte er. »Wie ist das nur möglich? Wie kann jemand so schrecklich verbrennen? Ich hörte, daß dies bei lebendigem Leib geschehen ist, Mr. Sinclair.«
»Das entspricht leider den Tatsachen.«
»Und wieso? Wieso konnte das geschehen? Ich bin Mediziner, ich habe viel erlebt, aber so etwas ist mir noch nie vorgekommen. Der Mann starb ja ohne äußere Einflüsse. Und er hat sich wohl auch nicht selbst angezündet, davon gehe ich aus.«
»Das dürfen Sie, Professor.«
»Dann verstehe ich gar nichts mehr.«
Ich überlegte. Sollte ich ihm etwas über meine Erklärungen sagen? Sollte ich den Begriff der magischen Selbstanzündung in die Debatte werfen?
Nein, das war nicht gut. Das behielt ich für mich. Er hätte es mir nicht geglaubt, aber er wartete darauf, von mir eine Antwort zu bekommen. »Es tut mir leid, Professor, aber ich bin ebenfalls kein Mediziner. Ich weiß nicht, wie es zu einer Selbstzündung kommen kann. Da bin ich überfragt, wenn Sie verstehen.«
»Meinen Sie?«
»Sie müssen den Toten untersuchen lassen. Dann werden Sie möglicherweise eine Spur finden.«
»Das weiß ich selbst.« Erschaute mich böse an. »Was hat Sie überhaupt hierher geführt? Warum bin ich nicht informiert, wenn sich die Polizei in meinem Haus aufhält. Dazu noch Scotland Yard!«
»Ich bin privat hier gewesen, Professor Gladstone. Ich habe meinen Vater besucht, der in der sechsten Etage liegt. Einen dienstlichen Auftrag hatte ich nicht.«
»So ist das.«
»Dann hörte ich die Schreie, als ich im Begriff war, das Krankenhaus zu verlassen. Als Polizist ist man es gewohnt, nachzuschauen, und so bin ich in den Fall hineingerutscht. Alles andere ist jetzt Ihre Sache, Professor. Sie haben die Spezialisten hier, die sich mit der Leiche beschäftigen können.«
»Wie hieß
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