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0917 - Das Totenfest

0917 - Das Totenfest

Titel: 0917 - Das Totenfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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kümmerten sie sich nicht um mich.
    Rhena hatte mir den Rücken zugedreht und schritt inmitten der Kerzen den Pfad zur Höhle hoch, wo der alte Ghoul noch immer stand und auf sie wartete.
    Für mich war er die Inkarnation des Bösen, des Häßlichen, des absoluten Menschenfeindes. Ich hatte schon zahlreiche Ghouls in allen möglichen Formen und Gestalten kennengelernt, aber einen wie diesen noch nicht. Er war kein Schleimklumpen, er war auch kein Mensch, der diesen widerlichen Schleim absonderte, er war eine stinkende Bestie, zusammengesetzt aus höllischen Resten, aus Fleisch und Fell sowie einer widerlichen Haut. Den Mantel hatte er zurückgeworfen und dachte auch nicht daran, den Körper durch ihn wieder zu bedecken. So stand er da, leicht breitbeinig, und er wartete auf sein Opfer.
    Sein Opfer?
    Ich konnte es nicht so recht glauben, denn den Eindruck machte mir die junge Frau nicht. Im Gegenteil, sie schien dem Ghoul sogar mehr als Sympathie entgegenzubringen, und das mochte verstehen, wer wollte. Ich nicht, denn für mich war es zu hoch.
    Sie ging locker und relativ schnell. Das fast knielange Hemd wippte bei jedem Schritt, und es war schon der typisch weibliche Gang, mit dem sie sich dem Monster näherte.
    Die Schöne und das Biest.
    Hier erlebte ich es. Leider nur in einer anderen Variante, denn das Biest litt nicht unter seinem Aussehen, es genoß es, und es war ebenso böse, wie es sich auch äußerlich darstellte.
    Da mir die junge Frau den Rücken zudrehte, konnte ich versuchen, wieder auf die Beine zu kommen. Ich mußte einfach weg aus meiner mehr als bescheidenen Lage, denn hier am Boden wurde die Luft immer knapper. Normal atmen konnte ich nicht. Ich schnappte nach dem restlichen Sauerstoff, und was in meine Lunge drang, war durch den Kerzenschein so heiß geworden, daß ich befürchten mußte, innerlich zu verbrennen.
    Ich rollte mich auf die Seite. Auch mein Kopf schien zu einer Glühbirne geworden zu sein. Der heiße Druck breitete sich bis in die Stirn und zu den Ohren hin aus.
    Ich stemmte mich mit dem rechten Arm ab und geriet dann in eine sitzende Haltung. Noch in dieser Position drehte ich den Kopf, um Rhenas Weg zu verfolgen.
    Sie hatte ihr Ziel beinahe erreicht. Nur wenige Schritte oder Stufen trennten sie noch. Dabei war sie voll und ganz auf die Bestie konzentriert und hatte ihr bereits die Arme entgegengestreckt.
    Für mich war diese Haltung günstig. So kam sie nicht in Versuchung, sich zu drehen, denn die Ghoul-Bestie zog die Aufmerksamkeit der Schönen voll auf sich.
    Ich hatte dagegen mit meinen Schwierigkeiten zu kämpfen. Wie ein Kleinkind, das übt, auf die Beine zu kommen, kam ich mir vor. Der Schwindel wollte nicht weichen. Zwei Kerzen wurden durch einen Kick meines rechten Ellbogens umgestoßen. Es gab überhaupt keine Stellen, an denen ich mich festhalten konnte.
    Aber ich stand schließlich doch.
    Gebückt zwar, mit nach vorn hängenden Armen, keuchend, doch ich blieb stehen, biß die Zähne zusammen und drückte mich in die Höhe. Nur raus aus dem unmittelbaren Hitzeschleier der Kerzenflammen. In der vollen Größe überragte ich die Flammen. Obwohl Hitze nach oben steigt, war die Luft hier etwas besser. Mir gelang es, die Terrasse hochzuschauen. Es war genau der Weg zur Höhle.
    Dort stand Rhena. Aber auch der Ghoul!
    Sie hatte ihn erreicht, und es kam mir vor, als hätten zwei Liebende lange auf sich gewartet. Sie warf sich in die Arme der Bestie und wurde von ihr regelrecht umklammert.
    Mir fiel auf, wie sich die Arme des Ghouls streckten und dann um ihren Rücken drehten. Bei den spitzen, dunklen Krallen hätte eigentlich der Stoff des weißen Hemdes in Fetzen gehen müssen, aber er hielt auch deshalb, weil der Ghoul den Körper der Frau mit einer gewissen Zärtlichkeit streichelte.
    Das begriff ich zwar nicht, nahm es aber hin. Hier war die Logik sowieso auf den Kopf gestellt worden, denn hier kam zusammen, was nicht zusammengehörte.
    Beide blieben vor dem Maul des Totenkopfs stehen. Sie hatten die Welt um sich herum vergessen, natürlich auch mich, was mir sehr gelegen kam. Fit fühlte ich mich auf keinen Fall. Ich mußte einfach weg aus dem Bereich der Kerzen. Ihr Geruch, ihre Wärme machten mich allmählich kaputt, und als ich mich zur Seite bewegte, hielt mich niemand auf. Beide waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Aus der Distanz gesehen wirkten ihre Körper, als wären sie miteinander verschmolzen, und ich konnte mich an dieses Bild nicht gewöhnen, weil es

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