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0917 - Das Totenfest

0917 - Das Totenfest

Titel: 0917 - Das Totenfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Ich mußte einfach an ihr vorbeilaufen, weil ich nicht mehr die Kraft hatte, meinen eigenen Lauf zu stoppen, und Rhena war es schließlich, die mir den Rest gab.
    Der heftige Stoß erwischte mich zwischen den Schulterblättern. Er war das Aus für mich.
    Ich stolperte nach vorn, wurde losgelassen, ruderte mit den Armen, und es war doch vergebene Liebesmüh. Ich blieb nicht mehr auf den Beinen, hörte Rhena hinter mir kichern und fiel dann nach vorn…
    ***
    Es war ein Fall, der sich völlig normal abspielte. Dennoch erlebte ich ihn doppelt oder dreimal so lange, weil mein Wahrnehmungsvermögen trotz aller Schwierigkeiten mehr als klar war und ich zu viele Einzelheiten mitbekam.
    Ich fiel meinem Gefühl nach nicht zu Boden, sondern schwebte einem Meer aus Licht entgegen. Es gab keine Räume oder Lücken mehr zwischen den einzelnen Kerzen, sie hatten sich miteinander verbunden. Sie waren zu einem Meer geworden. Das Licht schwamm über dem Boden und machte ihn für mich unsichtbar.
    Doch der Schein fing mich nicht auf.
    Er ließ mich hindurch, und ich schlug mit meinem vollen Gewicht zu Boden. In einer instinktiv durchgeführten Aktion hatte ich die Arme vor mein Gesicht gerissen, um mich zu schützen, was sich beim Aufprall bezahlt machte. Nase und Zähne überstanden die Landung unversehrt.
    Trotzdem spürte ich den Aufprall bis in den letzten Knochen. Der harte Untergrund und die spitzen Steine waren dafür verantwortlich.
    Ich rollte und rutschte zugleich, blieb dabei aber nicht auf dem schmalen Pfad zwischen den Kerzen.
    Ich erwischte mit den Händen die Kerzen, die sich anfühlten wie fettige Knochen, an denen ich aber keinen Halt finden konnte.
    So rutschte ich weiter, schürfte mir dabei an mehreren Stellen die Haut auf, riß immer mehr Kerzen um und spürte auch den mörderischen heißen Hauch der Flammen, wie er über meine Haut hinwegglitt.
    Zwei dicke Kerzen rollten über mich hinweg, blieben aber wegen des geschmolzenen Wachses kleben, wobei die Flammen bei mir nach Nahrung suchten.
    Ich schlug sie aus.
    Dann erst merkte ich, daß ich nicht mehr weiter in die Tiefe glitt. Auf dem Rücken liegend war ich zur Ruhe gekommen und hatte den Mund weit geöffnet, um Luft einsaugen zu können, auch wenn sie noch so mies und schlimm war.
    Ich schaute in die Höhe.
    An einem bestimmten Punkt oberhalb von mir hatte sich Rhena aufgebaut. Sie starrte in die Tiefe.
    Im Licht der Kerzen sah sie aus, als würde sie selbst brennen, und aus ihrem Mund drang ein hartes und kehliges Lachen.
    »Ich habe es dir doch gesagt, Sinclair. Aber du hast nicht gehört, verdammt! Ich will nicht weg, ich muß bleiben, und ich bleibe gern. Diese Welt ist meine Heimat, aber für dich wird sie zu einem Ort des Todes werden…«
    ***
    Ich wollte es nicht glauben, aber es stimmte. Es war Rhena gelungen, mich mit einer nahezu spielerischen Leichtigkeit auszuschalten. Ein einfacher Trick, ein Stoß in den Rücken, ich war gefallen und lag jetzt auf dem harten, rauhen Untergrund zwischen all den Kerzen, die mich beschienen. Ich fühlte mich wie jemand, der beerdigt werden sollte, aber noch nicht tot war und erst mal sehen wollte, wie man die Umgebung seines Grabes gestaltet hatte.
    Lichter, Kerzen, strahlend hell, doch für mich war jede Flamme ein Symbol des Todes. Eine Schlange aus Feuer, die sich an mich heranfressen wollte, um mich zu verbrennen.
    Die Hitze war nicht vergangen. Sie und der Nebel schienen mich gemeinsam zu erdrücken.
    Die Hautabschürfungen waren ärgerlich, aber gebrochen hatte ich mir nichts.
    Meine Glieder gehorchten mir trotzdem nicht mehr wie sonst, sie schienen mit Blei gefüllt worden zu sein, so schwer, daß ich sie kaum anheben konnte. Ich fühlte mich absolut matt!
    Und Rhena schaute zu.
    Wie eine Königin stand sie über mir und blickte mir ins Gesicht, um dort erkennen zu können, was ich dachte. Ich spielte ihr nichts mehr vor. Ich war völlig groggy, down; halb abgetaucht, brauchte etwas Zeit, um mich erholen zu können, wenn ich es überhaupt schaffte, und ich würde sogar Schwierigkeiten bekommen, an meine Waffe zu gelangen, so schwer waren meine Arme geworden.
    Diese Welt war auf eine perfide Art und Weise brutal. Sie saugte mich leer. Sie nahm mir die Kraft, sie zerrte an meiner Energie, und irgendwann würde ich völlig allein und ausgelaugt ein Opfer dieses alten Ghouls werden. Darauf wartete er, und er hatte in Rhena die perfekte Verbündete gefunden. Ghouls mögen Tote. Ich aber lebte. Wenn ich zum Opfer

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