0922 - Mein Trip ins Jenseits
fragte Suko.
»Ja.«
»Dann hast du dich also entschlossen, es wirklich zu tun?«
Ich gab die Antwort nicht sofort; auch dann hob ich nur die Schultern, als ich die Tür aufzog und mich auf den Beifahrersitz hockte. Suko ahnte, daß ich jetzt allein bleiben wollte, und er stieg deshalb nicht ein.
Ich streckte die Beine aus, und meine Gedanken drehten sich nur um das eine Thema. Brachte es wirklich etwas, wenn man mich in den klinischen Tod versetzte, und dies möglichst bald, ohne irgendwelche langwierigen Untersuchungen, ähnlich wie bei einer Notoperation? War es die Sache wert, daß ich dabei mein Leben riskierte?
Der Entschluß fiel mir schwer. Auf der anderen Seite aber brauchte ich mir nur Nathans Bild vor Augen zu holen, dieses festgeklemmte Totengrinsen, dann die verdammten Augen, die mit menschlichen nichts gemein hatten. Und ich wußte ja auch, daß er scharf auf Menschenleben war, um seinen Tunnel zu verstärken.
Wie ein Märtyrer fühlte ich mich nicht. Ich war da schon Realist und konnte das Risiko abschätzen.
Möglicherweise fiel mir der Entschluß auch deshalb etwas leichter, weil ich schon oft Zeitreisen unternommen hatte.
Ich erinnerte mich an die vier Erzengel, die wie Beschützer über mich gewacht hatten, und ich dachte auch an den geheimnisvollen Seher, von dem ich lange nichts mehr gehört hatte.
Eine gewisse Rückendeckung gab es schon, denn ich wurde von gewissen Kräften beobachtet.
Auf eigene Faust konnte ich nicht handeln, deshalb wählte ich die Nummer meines Vorgesetzten wegen der normalen Rückversicherung. Sir James saß noch in seinem Büro. Er erklärte mir, daß er auf meinen Anruf gewartet hatte, und er wollte natürlich wissen, ob wir erfolgreich gewesen waren.
»Leider nein, Sir.«
»Das ist schlecht.«
»Ja, denn er ist uns ein zweites Mal entwischt.« Der Superintendent erhielt von mir einen knappen Bericht, den er sich gelassen anhörte und dann die Frage stellte, auf die ich gewartet hatte.
»Was haben sie jetzt vor?«
»Jane, Suko und ich haben natürlich diskutiert und sind zu dritt zu dem Entschluß gelangt, daß dieser Nathan verdammt raffiniert ist. Wir haben uns dann überlegt, ob wir ihn nicht mit seinen eigenen Waffen schlagen können.«
Da ich eine kurze Pause einlegte, sah sich Sir James genötigt, selbst zu reden. »Das hört sich nach einem zumindest ungewöhnlichen Weg an, John, was ich auch dem Klang Ihrer Stimme entnehmen kann.«
»Das ist es auch, Sir.«
»Reden Sie!«
Ich fiel mit der Tür ins Haus und sagte: »Wahrscheinlich werde ich sterben müssen!«
Schweigen. Pause. Überraschung. Dann ein Schnaufen, danach die Frage. »Sie haben nichts getrunken?«
»Nein.«
»Und ich habe Sie auch richtig verstanden?«
»Das denke ich schon, Sir.«
»Sie wollen«, er räusperte sich, »Sie wollen also tatsächlich sterben, wenn ich alles richtig verstanden habe?«
»Ja, aber nicht so ganz.«
»Wie dann?«
»Klinisch tot, Sir.«
Ich hörte ihn stöhnen. »Auch das noch. Es wird immer besser. Wo soll das noch hinführen?«
»Ich weiß selbst, wie riskant es ist, aber wir haben es hier mit einem Wesen zu tun, mit dessen Existenz ich nicht zurechtkomme. Ich weiß nicht, wie ich es einordnen soll. Es ist vielleicht ein Mensch, vielleicht ein Dämon und vielleicht ein abtrünniger Engel. Jedenfalls hat er Kontakt zum Jenseits. Auf dem Weg dorthin…«
»Wie wollen Sie dorthin gelangen?« unterbrach mich Sir James.
»Nicht ich, mein Astralleib. Es sind ja genügend Berichte von klinisch Toten erschienen. Man weiß also, was da vor sich geht, und etwas Ähnliches habe ich schon hinter mir.«
Die Besorgnis war nicht aus seiner Stimme verschwunden. »Und Sie wollen das freiwillig tun, John?«
»Ja.« Ich wischte über meinen verschwitzten Nacken. »Allerdings nicht ohne ärztliche Hilfe. Ich weiß, daß es Spezialisten gibt für Reanimation, aber ich habe keinen Kontakt zu ihnen, weiß nicht mal ihre Namen. Da habe ich gedacht, daß Sie es für mich in die Wege leiten können, daß eine dieser Kapazitäten mich praktisch begleitet, mich in einen klinischen Tod versetzt, um mich später wieder zurückzuholen.«
Mein Chef schwieg. Dann hörte ich ihn stöhnen. »Sie wollen das ohne große Untersuchung durchziehen?«
»Ja, wie bei einer Notoperation. Ich fühle mich fit, Sir. Außerdem habe ich noch gewisse Freunde, die über mich wachen.«
»Das schon, das schon…«
»Sir, ich muß es tun. Es ist die beste Möglichkeit, Nathan zu fangen. Wir
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