0924 - Lockruf der Psychode
Gesicht wirkte wie mumifiziert, und die Last der Jahre hatte ihn gebeugt. Da ihn seine schwachen Beine kaum mehr tragen konnten, bewegte er sich ausschließlich auf einem Gefährt fort, das an den Tragerobot des Supermutanten Ribald Corello erinnerte. „Ist dein Spielkapital so mickrig, daß du dich dafür schämst und es vor mir versteckst?" stichelte Seccor und deutete in die Richtung, in der seine Ortungsgeräte ein durch ein Deflektorfeld der optischen Wahrnehmung entzogenes Objekt ausgewiesen hatten. „Oder willst du dich nur interessant machen? Aber ich will sofort klarstellen, daß ich mich darauf nicht einlasse. Entweder du enthüllst deinen Einsatz, oder wir lassen es."
„Wie du meinst, Seccor", sagte Visbone. „Ich wollte dich nur schützen. Du solltest eine reelle Chance gegen mich haben."
Er schaltete das Deflektorfeld aus, so daß der Karawanenführer freien Blick auf das Psychod hatte. „Was soll das!" rief Seccor im ersten Augenblick verärgert. „Dieser unförmige Klumpen sagt mir überhaupt nichts. Er ist für mich völlig wertlos."
„Betrachte ihn nur genauer, dann wird er dir selbst seinen Wert verraten."
Seccor betrachtete das Psychod eingehender, und je länger er darauf starrte, desto deutlicher hörte er seine parusische Botschaft. Es dauerte gar nicht so lange, dann war es um ihn geschehen. „Woher hast du es?" fragte der uralte Prospektor keuchend. „Ich muß es besitzen."
„In der Provcon-Faust gibt es noch mehr davon."
„Ich will das Ding haben. Und ich werde mir auch die anderen holen."
„Dann kann das Spiel beginnen." Als Visbone Stunden später zu den anderen Kapitänen zurückkehrte, verkündete er: „Ihr seid frei, und ihr könnt wieder über eure Schiffe verfügen!"
„Hast du Seccor besiegt?" wollten alle wissen. „Das nicht", gab Visbone mit säuerlichem Grinsen zu. „Er ist unbesiegbar, das weiß ich jetzt. Dennoch habe ich gewonnen. Ich habe das Psychod an Seccor verloren und bin nun praktisch sein Leibeigener. Doch was macht das schon. Ich gehe mit meiner Space-Jet an Bord seines Schiffes, und gemeinsam werden wir in die Dunkelwolke fliegen. Und mehr wollte ich nicht."
Sie klopften Egghead auf die Schulter und sagten, er sei ein guter Verlierer.
Visbone fragte: „Was werdet ihr mit eurer wiedergewonnenen Freiheit anfangen?"
„Wir fliegen in die Provcon-Faust!"
Darin waren sich alle Kapitäne einig. Visbone wußte, daß sich das bald herumsprechen und auch andere Kapitäne dieses Schlages anlocken würde.
*
Steve Norquund stolperte über einen im Wege liegenden Balken und fiel der Länge nach hin. „Steve! Achtung!" Das war die Stimme Oliver Buttons, eines der beiden Paratender, mit denen ihm die Flucht gelungen war. Die anderen vier waren von den Tansor-Bürgern gefangengenommen worden und sahen einem Ungewissen Schicksal entgegen. Oder aber die aufgebrachte Menge hatte sie bereits gelyncht.
Norquund hörte die Verfolger näher kommen. Er griff nach dem Strahler, der ihm bei dem Sturz entglitten war, und rappelte sich auf. Doch kaum auf den Beinen, knickte er wieder ein. Ein stechender Schmerz ging von seinem linken Knie aus. „Da ist er!"
Die Meute strömte aus einem Seitengang in den breiten Korridor und näherte sich ihm drohend. Zehn Meter vor ihm standen Button und Vrener an einem offenen Schott. Sie hätten es nur hinter sich zu schließen brauchen und wären in Sicherheit gewesen. Aber sie wollten ihn, Norquund, offenbar nicht im Stich lassen. „Schneller, Steve!" rief Chat Vrener.
Norquund humpelte weiter. Aber nach drei Schritten gab sein linkes Bein nach. Er stolperte und fiel wieder hin. Als er auf dem Boden aufschlug, wälzte er sich sofort auf den Rücken herum und richtete den Strahler auf seine Verfolger. „Halt! Keinen Schritt weiter, oder ich schieße!" schrie er ihnen entgegen.
Die Meute kam für einen Moment zum Stillstand. „Laßt euch nicht bluffen!" kam eine Stimme aus dem Hintergrund. Auf einmal setzte sich die Menge wieder in Bewegung.
Norquund richtete die Waffe über die Köpfe der Bürger und drückte ab. Er wollte nur einen Warnschuß abgeben. Aber nicht einmal das war ihm möglich. Der Strahler war ausgebrannt. Wütend schleuderte er ihn der Meute entgegen.
Plötzlich fühlte sich Norquund hochgehoben. Als er aufsah, war Buttons verschwitztes Gesicht über ihm. Er zerrte ihn zum Schott, wo Vrener ihm zu Hilfe kam, und gemeinsam zogen sie ihn hindurch.
Norquund atmete auf, als das Schott hinter ihm
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