0924 - Lockruf der Psychode
hatte. Er war geradezu mager. Ihr Gesicht war verzerrt. „Boyt, töte mich", verlangte sie mit kehliger Stimme. „Ich leide furchtbar."
„Was ist passiert?" fragte Margor über sie gebeugt. Er ließ das Amulett aus seinem Halsausschnitt gleiten, um sie zu beruhigen. Das half. „Wo warst du, Gota? Hast du - entbunden?"
„Ich weiß es nicht", sagte sie. „Ich erinnere mich nur, daß alles so furchtbar war. Der Sturm und der Sand.
Dann die Finsternis. Ich ... ich bin ausgebrannt, Boyt. Ich glaube, ich sterbe."
Margor sah ihr ins Gesicht. Sie war vom Tod gezeichnet. Sie war eine uralte Frau. Der Überlebenskampf - und was noch dazu gekommen sein mochte - mußte ihr alle Substanz gekostet haben. „Du mußt dich erinnern, Gota!" schrie er sie an. „Ich muß erfahren, was passiert ist."
Sie warf den Kopf hin und her. Er griff mit beiden Händen danach und versuchte, ihn still zu halten. Aber sie war stärker. Es war das letzte Aufbäumen. „Es liegt alles wie in einem Nebel", stammelte sie. „Ein Zwotter lief vor mir her... ich war so aufgebracht, so wütend und voll Haß auf ihn... wollte ihn töten. Aber ich konnte ihn nicht einholen. Ich weiß nicht... weiß nicht, wie lange ich hinter ihm hergeirrt bin ... Dann kam die Finsternis. Und dann Generizza. Er führte mich zurück.
Hier kam mir meine Situation voll zu Bewußtsein, und ich wollte mich ... Aber sie hinderten mich daran ... Töte du mich, Boyt. Bitte!"
Aber das war gar nicht mehr nötig.
Ihr ausgemergelter Körper bäumte sich noch einmal auf, dann war sie tot. Eine Flamme, die für kurze Zeit heiß gebrannt hatte, war erloschen. Hatte sie irgendwo auf dieser Welt ein Flämmchen entzündet?
Er kehrte nach oben zurück und ließ nach Generizza suchen. Doch der Zwotter, der Gota zurückgebracht hatte, war unauffindbar. Und aus den anderen Zwottern war kein vernünftiges Wort herauszubekommen. „Glaubst du wirklich, daß es ein Problem gibt, oder machst du nur eines daraus, Boyt?" fragte Hotrenor-Taak.
Margor winkte ab.
Der Lare hatte recht. Wovor hatte er eigentlich Angst? Er konnte doch nicht sich selbst fürchten! 8. „Egghead ist wieder da!"
Diese Meldung verbreitete sich schnell von einem Schiff der KARAWANE zu anderen und erreichte schließlich auch den „Karawanenführer" Dogmesh Aarn Seccor. Aber der uralte Prospektor reagierte vorerst nicht. „Egghead muß verrückt sein, daß er zurückgekommen ist", war die fast einhellige Meinung der rechtlosen Kapitäne. Sie waren nur scheinbar die Kommandanten über ihre Schiffe. In Wirklichkeit wurden sie von Dogmesh Aarn Seccor beherrscht. Er hatte absolute Macht über sie und ihre Mannschaften. Er war ein Tyrann.
Die KARAWANE bestand aus siebzehn Schiffen verschiedener Bauart und Größe. Sie waren durch Traktorstrahlen miteinander verbunden und trieben mit halber Lichtgeschwindigkeit dem Zentrum der Milchstraße zu. Manche schon seit über hundert Jahren. Es passierte nur selten, daß der Karawanenführer eines der Schiffe aus dem Verband ausscheren ließ.
Die Kommandanten und ihre Mannschaften dagegen konnten jederzeit - allerdings unter Zurücklassung ihrer Schiffe - die KARAWANE verlassen. Aber kaum einer wollte das. Sie waren alle Spieler, die hofften, Dogmesh Aarn Seccor eines Tages zu überlisten und ihr Schiff zurückzugewinnen. Das war jedoch bisher noch niemandem gelungen. Der Karawanenführer schien das Glück gepachtet zu haben, er hatte noch nie eine Wette oder ein Spiel verloren.
Alban „Egghead" Visbone war eines seiner Opfer. Er war vor zwei Jahren gekommen und konnte der Verlockung nicht widerstehen, sein Schiff gegen Seccors gesammelte Schätze zu verwetten. Sein Kleinraumschiff, das den irreführenden Namen BILLARD führte, obgleich es annähernd die Form einer rhombischen Pyramide hatte, war das vorletzte in der Kette der Karawane. „Wahrscheinlich ist Egghead zurückgekommen, um sein Schiff zurückzugewinnen", mutmaßten die Kapitäne, die sich aus Freifahrern, Prospektoren und Springern zusammensetzten. „Aber ich gehe jede Wette ein, daß er gegen Seccor erneut auf der Strecke bleiben wird. Bald schon wird die Karawane aus achtzehn Schiffen bestehen."
„Wenigstens bildet dann nicht mehr die GLÜCKSPILZ das Schlußlicht", sagte der Prospektor, den sie auch den Mann mit dem goldenen Arm nannten, weil man ihm nachsagte, daß er von Fortuna stets bevorzugt behandelt worden sei. Aber vor einem halben Jahr hatte er in Seccor seinen Meister gefunden, und das hatte er
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