0925 - Boten der Finsternis
und es war fast ein Wunder, daß er es nach langer Zeit dennoch geschafft hatte, sein Schiff wiederzufinden und mit ihm ins eigene Universum zurückzukehren.
Eine neue Serie von Blitzen schoß aus den Kontrollwänden, verbrannte Teile der Einrichtung und verursachte noch mehr Rauch. Ein singendes Heulen schien aus weiter Ferne an Lethos’ Ohr zu kommen. Er ahnte, daß der Kampf gegen den Atombrand seinen Höhepunkt erreicht hatte.
Langsam hob er den Kopf. Die smaragdgrünen Punkte in seinen bernsteinfarbenen Augen schienen zu glühen und durch die Wände zu blicken.
Tengri Lethos machte sich mit dem Gedanken vertraut, seine Existenz beenden zu müssen. Und obwohl er in seinem Leben schon so viel gesehen und gehört hatte, vermochte er sich die Frage nach dem Danach nicht zu beantworten. Jedenfalls nicht die Frage nach dem Danach für sich selbst.
Die andere Frage, nämlich die, wie es nach seinem Tod für die Intelligenzen des Universums weitergehen würde, beunruhigte ihn zu seinem eigenen Erstaunen kaum. Seit die ersten Hüter des Lichts angetreten waren, um das Feuer des Geistes zu behüten und zu einer unauslöschbaren Flamme werden zu lassen, hatte sich viel getan. Die Evolutionen hatten zahlreiche junge Völker reifen lassen, sie hatten bei den viel älteren Superintelligenzen zu einem Durchbruch in positive Richtungen geführt. Die Flamme des Geistes brannte inzwischen so stark, daß sie auch ohne Hüter des Lichts nicht mehr erlöschen konnte ...
Tengri Lethos lächelte entrückt.
Erst nach einiger Zeit merkte er, daß das singende Heulen, das Dröhnen überlasteter Aggregate und das Krachen der Blitze erloschen waren. Der Boden in der Memozentrale lag wieder ruhig und fest unter seinen Füßen, und auf den Bildschirmen, die zuvor schwarz gewesen waren, zeichnete sich eine hellgraue Dämmerung ab.
Die unmittelbare Gefahr schien gebannt zu sein.
Dennoch sprach der Hüter des Lichts das Semor-Gehirn nicht an, denn er wußte, daß es sich von selbst bei ihm melden würde, sobald seine Kapazität nicht mehr voll von der Steuerung der Arbeiten beansprucht wurde, die das nackte Überleben für das Schiff und für ihn sichern sollten.
Ungefähr eine halbe Stunde mußte Tengri Lethos warten, dann sagte die vertraute Stimme des Semor-Gehirns nur eine Spur hastiger als sonst: „Wir werden überleben, Meister. Der Atombrand ist erloschen; die Lebenserhaltungssysteme arbeiten, wenn auch nur mit einem Zehntel Kraft. Aber es reicht aus, denn durch die laufenden Reparaturarbeiten wird nach und nach auch die Leistungsfähigkeit der Lebenserhaltungssysteme gesteigert."
„Danke, Semor-Gehirn", erwiderte der Hüter des Lichts. „Wann tauchen wir ins Normalkontinuum ein?"
„Das müßte in wenigen Sekunden ... Wir sind da! Und die Sternkonstellationen ringsum gehören zur Galaxis Milchstraße."
Tengri Lethos atmete auf.
„Ortest du Impulse, die identisch mit denen sein könnten, die nach Omar Hawks Botschaft für parapsychische Manipulationen verantwortlich sind?"
„,Ja", antwortete das Semor-Gehirn, und es schien, als hätte es gezögert. „Ich orte solche Impulse aus mehreren Richtungen und besonders starke aus einer Richtung. Sie sind ein wenig anders als einfache psionische Impulse. Ich könnte sie parusische Impulse nennen."
„Parusische Impulse", wiederholte Tengri Lethos. „Woher kommen die besonders starken?"
„System Gadaia im Sektor Innen, vier, drei, eins, null, Planet Dhomany", antwortete das Semor-Gehirn.
„Die Terraner nennen den Planeten Varsok und das System Dermial-System. Von dort kommen außergewöhnlich starke Impulse."
„Wir fliegen dorthin, sobald das Schiff dazu in der Lage ist!" bestimmte Tengri Lethos und merkte verwundert, wie erregt er war.
*
„Wohin willst du, Chumetos?" brüllte Yapra Zellot.
Arkur Chumet blieb vor der offenen Schiebetür des Antigravlifts stehen.
„Spazieren", antwortete er, dann trat er in den Liftschacht. Hinter ihm schloß sich die Schiebetür wieder.
„Spazieren?" grollte Yapra Zellot entgeistert. Er starrte durch das transparente Material des kuppelförmigen Raumes, in dem die Zentrale des halutischen GAVÖK-Stützpunkts auf Varsok untergebracht war.
Draußen tobte der Sandsturm mit unvermindeter Heftigkeit. Nur ab und zu tauchten schemenhaft Teile der nächsten Bauwerke auf, wurden aber sofort wieder unter Megatonnen gelben staubfeinen Sandes begraben.
Nicht einmal ein Haluter ging bei diesem Wetter spazieren. Zwar widerstand
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