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0927 - Nacht über GALAHAD

0927 - Nacht über GALAHAD

Titel: 0927 - Nacht über GALAHAD Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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verwandelte…
    Kapitel 11 - Zamorra: Zu wenig
    Der Engländer hatte Zamorra und Teri wieder zurück zu den Wissenschaftlern gesperrt und ihnen eine haarsträubende Geschichte erzählt. Das Nebelwesen in der Kammer, so Morrow, sei sein Sohn Nigel, der vor knapp dreißig Jahren verstarb - durch Morrows eigene Hand.
    »Anfang der 1980er Jahre hatte ich eine Forschungsreise anstehen«, hatte Morrow gesagt, »und meine junge Familie begleitete mich. Es sollte ein Abenteuer sein, ein Spaß für uns alle - aber es wurde zur Tragödie.« Irgendwo in den Anden, an einem entlegenen, unwirtlichen Ort, trafen die Morrows auf den Höllendunst. Und Morrows Frau Donna fiel ihm zum Opfer.
    »Als ich von einer Wanderung zu unserem Zelt zurückkehrte, war es bereits geschehen. Ich fand sie mutierend vor, sah ihren Verfall und konnte ihn nicht aufhalten. Woher der Nebel kam, was er wollte - ich wusste es nicht und weiß bis heute zu wenig, um dahin gehend auch nur spekulieren zu können. Es scheint mir zufällig zu geschehen, planlos und in ungleich langen Intervallen. Aber er war da.«
    Daraufhin hatte sich Morrow den gemeinsamen Sohn, Nigel, gegriffen und war geflohen. Hangabwärts, der Zivilisation entgegen. Donna folgte ihnen. Es kam zum Kampf. Fieberhaft erwehrte sich Morrow dem Angriff des Monstrums, das einst die Liebe seines Lebens gewesen war. Schließlich fiel die unglückliche Kreatur in eine Bergspalte und wurde beim Aufprall vernichtet. Zurück blieb nur eine große, dickflüssige Pfütze.
    »Doch bevor das geschah«, so hatte der Wissenschaftler seinen Bericht beendet, »hatte sie noch Nigel beißen können. Sie infizierte ihn, machte ihn zu einer Kopie ihrer Selbst! Und ich… Zamorra, ich sah die Anzeichen der Veränderung an ihm, genau wie ich sie erst Stunden zuvor an ihr miterleben musste! Ich ahnte , was aus meinem Sohn werden würde! Und ich schwor mir, ihm dieses Schicksal zu ersparen.«
    Noch immer schüttelte es den Meister des Übersinnlichen, wenn er nur daran dachte. Denn er spürte instinktiv, dass Morrow die Wahrheit sagte.
    Morrow hatte sein vierjähriges Kind retten wollen - und es deswegen getötet. Er hatte Nigel umarmt, ihn festgehalten und ihm so lange Mund und Nase zu gedrückt, bis der Kleine nicht mehr zuckte. Mord als Akt der Gnade.
    »Und seitdem sucht er den Nebel?«, fragte Remy Baudoin. Die Wissenschaftler hingen an Zamorras Lippen, während dieser die Hintergründe Julian Morrows wiedergab.
    »Ich glaube, er sucht mehr als nur das«, antwortete der Dämonenjäger.
    »Vermutlich sucht er nach einem Weg, die Schuld, die er wegen seiner damaligen Tat empfindet, durch eine andere wieder auszugleichen.«
    »Zum Beispiel durch die Entdeckung einer Waffe, die alle Kriege der Erde in Windeseile beenden könnte«, murmelte Hisham Ababi, und Zamorra nickte. »Dieser Wahnsinnige… Das wird doch niemals funktionieren! Sieht er das denn nicht?«
    Teri schüttelte den Kopf. »Dieser Mann sieht nur, was er will. Und er will eine zweite Chance. Deswegen ist er hier. Seine Forschungen zeigten ihm, wo der Nebel auftreten würde, wie sie es schon einmal taten. Und jetzt wartet er einfach ab.«
    Abermals öffnete sich die Tür des Besprechungszimmers, und Morrow trat herein, begleitet von zwei stämmigen Bohrinsel-Arbeitern. »Es wird Zeit«, sagte der Physiker und klang gleichzeitig traurig und aufgeregt. »Meine Berechnungen und Recherchen weisen allesamt auf diesen Termin hin. In wenigen Minuten wird sich der Nebel in den Firth schleichen - direkt auf GALAHAD zu. Und dann werde ich ihn einfangen, ein für alle Mal.« Auffordernd nickte er Zamorra zu. »Wenn ich Sie mit an Bord bitten dürfte, Monsieur? Ein Mann Ihrer Profession sollte sich dieses Schauspiel nicht entgehen lassen.«
    ***
    Irgendwo am Horizont machte sich die Sonne gerade auf, den Himmel zu erobern. Ein neuer Tag brach an, langsam und nahezu zögerlich. Doch Zamorra nahm das kaum wahr. Er hatte nur noch Augen für das, was der frische Nordseewind mit in den Firth brachte. Und er spürte instinktiv, dass er ihm schon einmal gegenübergestanden hatte, wenn auch einer um ein Vielfaches kleineren Version.
    Der Nebel war gierig, unersättlich, zerstörerisch. Eine neongrüne diffuse Wolke aus Dunst, bestimmt zwanzig Meter breit und… fremdartig. Wie das Nigel-Wesen im Inneren von GALAHAD wirkte auch diese Erscheinung, als sei sie nicht Teil dieser Realität; als versuche sie, mit aller Macht einen Halt in der Wirklichkeit zu finden. Zamorra

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