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0928 - Das Hexendiadem

0928 - Das Hexendiadem

Titel: 0928 - Das Hexendiadem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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mächtiger als bisher.
    Dein Leben ist ein Stück Dreck, Vilma , flüsterten die toten Seelen. Beende es. BEENDE ES!
    Als sie das Haus verlassen hatte, um hierher zu kommen, war ihr völlig klar gewesen, dass sie es nie wieder sehen würde. Dass sie zu den Klippen ging, um sich in den Brechern der Nordsee das Leben zu nehmen. Das Leben, das sie so liebte und das ihr irgendeine dunkle Macht nicht gönnte. Eine Macht, die sie nicht kannte und gegen die sie nicht ankam. Eine Macht, die sie bei vollem Bewusstsein in den Tod hätte gehen lassen.
    Doch sie hatte sich befreit!
    Wie auch immer…
    Vilma stolperte über einen Stein, kam ins Straucheln, fing sich in letzter Sekunde. Sie rannte zwischen zwei hüfthohen Felsen durch, um so schnell wie möglich ins Haus zu kommen, wo sie in ihrer Nachttischschublade das geweihte Silberkreuz ihrer Mutter aufbewahrte. Das musste sie umhängen. Dann würde das böse Flüstern endgültig keine Macht mehr über sie haben.
    Vilma prallte zurück. Die Angst überflutete sie erneut, tötete brutal die Hoffnung, die sie gerade noch erfüllt hatte. Panisch schrie sie los. Ihre Knie wurden so weich, dass sie auf der Stelle nachgaben. Die junge Frau sank auf den harten Boden. Sie merkte weder, dass sich kleine Steine schmerzhaft in ihre Kniescheiben bohrten, noch dass sie das Wasser nicht mehr halten konnte. Über einem geheimnisvoll weiß im Sternenlicht leuchtenden Felsen schwebte eine unglaubliche Gestalt. Sie leuchtete aus sich selbst heraus und erhellte einen Umkreis von gut fünf Metern.
    Gellendes Lachen fegte plötzlich durch den Regen und den immer stärker heulenden Wind. »Wie gewonnen so zerronnen«, schrie die schwebende Gestalt. »Kurz war die Hoffnung, lang ist der Tod. Und ewig ist die Verdammnis. Glaubst du tatsächlich, ich hätte dich noch einmal gehen lassen, meine liebe Vilma?«
    Die junge Frau konnte nichts mehr sagen. Wie ein waidwundes Tier kauerte sie auf den Knien, den Rücken gekrümmt, das Gesicht in die am Boden liegenden Hände gedrückt. Weinkrämpfe schüttelten ihren Körper.
    »Wie niedlich«, befand der fliegende Albtraum. »Fast könnte man Mitleid bekommen. Aber eben nur fast.« Der Wind trug ein unendlich böses Kichern auf die aufgewühlten Wasser des Kanals hinaus. »So, nun ist es aber genug mit dem Spielen. Steh auf, Vilma. Deine Uhr ist endgültig abgelaufen. Jetzt heißt es Abschied nehmen und sterben.«
    »Neiiiiiiiin!« Vilma umklammerte mit aller Kraft ein paar Grasbüschel, riss sich dabei die Hände an den dazwischen liegenden Steinen auf und konnte doch nichts gegen den plötzlich wieder einsetzenden Zwang tun, der sie auf die Beine drückte. Die junge Frau stolperte zur Klippenkante. Ganz kurz verharrte sie. Dann breitete sie langsam die Arme aus, während die ins Weiße verdrehten Augäpfel von dem inneren Kampf kündeten, den sie nach wie vor ausfocht.
    Vilma wollte nicht sterben. Nicht ihre Seele verlieren. Hatte sie nicht immer gebetet und war ein gehorsames Kind Gottes gewesen?
    Ihre seitlich ausgebreiteten Arme hoben sich langsam nach oben. Vilma spürte, wie sich ihr Körper, der jetzt so steif wie ein Brett war, ganz leicht nach vorne neigte.
    Mama, hilf mir, bitte hilf mir doch… Neiiiiiin!
    Vilmas Körper kippte endgültig nach vorne. Mehrere Male überschlug er sich mit immer noch ausgebreiteten Armen und Beinen in der Luft, knallte ein paar Mal gegen die über 100 Meter senkrecht abfallende Felswand und klatschte schließlich in die Küstenbrecher.
    Mit Befriedigung sah die knapp über den weißen Schaumkronen schwebende Gestalt zu, wie Vilma in die finsteren Wasser tauchte, um sich schlug und langsam ertrank. Erst als sie tot war, ließ die unheimliche Mörderin es zu, dass der Körper wieder an die Oberfläche trieb.
    »Madeleine Brissac ist wieder da!«, tönte die schrille Stimme über den Kanal und brach sich viele Male an den Küstenfelsen. Der Wind trug sie als schauerliches Echo wieder zurück. »Der Hexenfluch geht weiter. Fürchte dich, mein nächstes Opfer, fürchte dich!«
    ***
    La Defense, Paris
    Nicole stellte ihr weißes Cadillac-Cabrio in der riesigen, schummrig beleuchteten Tiefgarage ab. Mit dem Aufzug fuhr sie in den 12. Stock. Dabei hielt sie sich an dem hellgrün-gelben Aktenkoffer fest, den sie seit Neuestem mit sich herumschleppte.
    Über einen ansonsten kahlen Flur, dem lediglich ein paar schrecklich naive Stillleben an den Wänden ein wenig Farbe und Leben verliehen, erreichte sie eine von unzähligen

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