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0928 - Das Hexendiadem

0928 - Das Hexendiadem

Titel: 0928 - Das Hexendiadem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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Ähnlichkeit mit einem der fliegenden Aasfresser. Groß, hager und leicht nach vorne gebeugt stand er hinter seinem Schreibtisch und begrüßte Nicole mit einer extrem übertrieben wirkenden Geste, mit weit ausgebreiteten Armen nämlich. »Willkommen, Mademoiselle Deneuve«, sagte er einen Tick zu laut und zu herzlich, als dass es echt gewirkt hätte und seine etwas zu hohe Stimme empfand sie dabei auch nicht gerade herzerwärmend. »Schön, dass Sie den Weg hierher gefunden haben und dass wir uns nun persönlich kennenlernen.«
    Der Klumpen in ihrem Magen löste sich wieder etwas. Nicole lächelte kühl, während sie Landru mit schnell huschenden Blicken betrachtete. Aus dem engen Kragen seines Anzugs ragte ein langer, faltiger Hals, auf dem ein zu klein geratener Kopf mit stark fliehender Stirn saß. Das Gesicht wurde von einer mächtigen Hakennase dominiert; oder doch eher von der großen Hornbrille, die auf der Nasenspitze saß und über die kleine, braune Äuglein schauten. Die wenigen noch verbliebenen Haare standen wirr vom Schädel ab und verliehen ihm das Flair eines Künstlers, wahlweise das von Ungepflegtheit. Nicole war eher geneigt, ihm Letzteres zuzugestehen, woran auch die weißen Bartstoppeln ganz sicher ihren Anteil hatten. Für die Altersflecke, die den gesamten Kopf und die blau geäderten Hände sprenkelten, konnte er hingegen nichts. Sie schätzte, dass er zwischen 70 und 80 Jahre alt war.
    Das glaub ich jetzt nicht. Und so ein Typ repräsentiert eine der größten Stiftungen der Welt? Das kann's ja wohl nicht sein…
    Nicole trat nun näher und reichte ihm die Hand. Sie tauchte in eine Dunstglocke, die von Mottenkugeln und leichtem Schweißgeruch gebildet wurde. Und auch der altmodische graue Anzug war sicher schon länger nicht mehr gereinigt worden. Immerhin pflegte er einen erstaunlich festen Händedruck.
    »Freut mich auch, Professor«, log sie.
    »Setzen wir uns doch da drüben vors Fenster. Da lässt sich leichter plaudern.« Wieder deutete er mit einer übertriebenen Geste zur Sitzecke. Nicole ließ sich nieder. Sie bemerkte, dass er sie eingehend musterte. Unwillkürlich wanderte ihr Blick zum Foto.
    Hat er's jetzt gemerkt? Nein, kann er ja eigentlich gar nicht. Er hat mich nie gesehen und muss mich für eine ältere Frau halten. Er weiß ja, dass ich seit fast 30 Jahren mit Zamorra zusammen bin. War. Puh…
    »Tee?«
    »Was?« Nicole wäre um ein Haar zusammengezuckt.
    »Ich habe gefragt, ob Sie Tee wollen.«
    »Nein danke, ich bin wunschlos glücklich.«
    »So, sind Sie das, Mademoiselle Deneuve.« Das spöttische Funkeln in seinen Augen entging ihr nicht. Landru setzte sich und schlug die Beine übereinander. Dadurch wurden rot-gelb-grün karierte Socken sichtbar!
    Jetzt hört's aber auf. Das ist ja wohl ein absolutes No Go. Hat der Kerl denn keine Frau, die ihm sagt, dass er sich zur Witzfigur macht?
    »Also gut, Mademoiselle Deneuve. Sie glauben also, dass Sie geeignet sind, um für die deBlaussec-Stiftung zu arbeiten. Warum gerade für uns?«
    Nicole lächelte ein wenig hilflos. »Nun, äh, weil ich einfach Menschen helfen will.«
    »Löblich. Aber es gibt etwa zehn Millionen Hilfsorganisationen, in denen Sie das tun könnten. Also, warum gerade deBlaussec?«
    »Sie haben mich ertappt. Ich möchte Menschen helfen, das stimmt schon. Aber ich möchte auch einen interessanten Job, in dem ich ein paar Abenteuer erleben kann, in dem es hin und wieder spannend wird.«
    »Schön, dass Sie so ehrlich sind. Dann weiß ich doch gleich mal, in welche Schublade ich Sie einzusortieren habe, Mademoiselle Deneuve.« Ein harter Zug trat plötzlich in sein Geiergesicht. »Haben Sie keine Furcht, dass es gefährlich werden könnte?«
    Sie lächelte. »Nein, im Gegenteil. Ich habe keine Angst vor dem Übersinnlichen.«
    »Was Sie nicht sagen. Das macht Sie natürlich zu einer heißen Kandidatin für den Job. Denn die meisten lehnen ihn aus ebendiesem Grund ab. Sie fürchten sich, dass sie selbst ins Kreuzfeuer des Übersinnlichen kommen könnten, wenn sie die Bittsteller befragen. Sie denken, dass sie dadurch den Dämon, den Zauberer, den Geist, was auch immer, verärgern könnten und seine Rache herausfordern. So ist es ziemlich schwer für mich, geeignete Leute zu bekommen.« Das spöttische Funkeln seiner Augen, in denen Nicole die hohe Intelligenz erkannte, die noch immer in dem Geierkopf hauste, verstärkte sich. »Nun, Sie sagen, Sie fürchten das Übersinnliche nicht. Darf ich daraus

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