0929 - Krieg der Vampire
gesenkt, ganz so, als wolle er jeden Blickkontakt vermeiden. Seine Stimme, die in Starless' Kopf so drastisch und dramatisch geklungen hatte, war nun wieder beinahe sanft.
»Ich ziehe mich in das Herrenhaus zurück. Die kommenden 24 Stunden haltet ihr mir jede Störung vom Hals - dafür haftet ihr mir mit eurem Leben.«
Starless sah, dass Sinje-Li den Mund öffnete, weil ihr Fragen auf der Zunge brannten. Doch die Vampirin schwieg. Morano passierte die beiden, ohne nach links oder rechts zu schauen. Er gab sich alle Mühe, keine Schwäche zu zeigen. Erst als er sich mit aller Kraft in sein Schlafzimmer geschleppt hatte, erlaubte er seinem Körper zu reagieren.
Tan Morano brach zusammen, hilflos wie ein neugeborenes Kind rollte er sich zusammen. Seine Gliedmaßen zuckten wild, doch das nahm er überhaupt nicht wahr.
Zu viel… es war zu viel! Er fordert mehr, als ich geben kann…
Der neue Herrscher über das Nachtvolk, Führer einer Streitmacht, die keinen Gegner auf der Erde und in der Hölle zu fürchten hatte, wimmerte wie ein Baby…
***
Artimus van Zant verzweifelte an der schlimmsten Arbeit, die er sich je aufgeladen hatte.
Dennoch stand sein Entschluss nach wie vor fest: no tears hatte keine Zukunft mehr, zumindest nicht in der Form als Heim für Kinder, die Schlimmes erlebt hatten, denen ein normales Leben versagt geblieben war.
Der Grund für diesen Entschluss war einfach erklärt, denn die alte Villa, die als Stammsitz und Heim von no tears fungierte, war mehr als nur einmal Ziel dunkler Mächte geworden. Vor nur wenigen Wochen war das geschehen, was van Zant schon lange befürchtet hatte - ein Vampir war in die Villa eingedrungen und hatte Manja Bannier getötet, die hier als Erzieherin gearbeitet hatte. Unfassbar - und dennoch war die Sache noch relativ glimpflich abgelaufen, denn nur wenige Zimmer entfernt hatten die Kinder darauf gewartet, dass Manja zu ihnen zurückkehrte. Es war beinahe ein Wunder, dass der Vampir die Kleinen nicht bemerkt hatte.
Nein, es gab keine Alternative mehr. No tears würde als Organisation unter der Verwaltung von Robert Tendyke auch weiterhin helfend eingreifen, doch ein Zuhause für betroffene Kinder würde es nie wieder sein. Artimus selbst wollte sich komplett zurückziehen, denn er war doch stets der Hauptgrund für die Übergriffe aus der Hölle gewesen - zumindest empfand er das so.
Es würde jedoch nicht ausreichen, wenn er ging und sich das Zamorra-Team hier nicht mehr blicken ließ. Das konnte keine Sicherheit für die Kinder garantieren, denn dieser Ort war gebrandmarkt, er war Vampiren und anderem Höllengesocks bekannt, und das reichte vollkommen aus, um eine ständige Gefahr zu beschwören.
Seit vielen Tagen bestand van Zants Arbeit daher darin, eine neue und gute Unterkunft für die Kinder zu suchen. Erst dann konnte er gehen. Bisher hatte sich Rola diBurn noch nicht konkret geäußert, was sie tun würde, wenn der Tag gekommen war. Artimus fürchtete, sie würde ihn vielleicht nicht weiter auf seinem Weg begleiten wollen. Übel konnte er ihr das dann ganz sicher nicht nehmen, denn bei ihm zu bleiben, glich einem Sprung in kaltes Wasser. Artimus hatte noch keine Vorstellung, wie seine Zukunft aussehen mochte. Zu solchen Überlegungen fehlte ihm jetzt auch die notwendige Ruhe.
Und die stellte sich auch ganz sicher nicht ein, als draußen von der Halle her Kindergeplapper laut und lauter wurde. Die Tür zu seinem Büro öffnete sich und ein grinsender Professor Zamorra trat ein, der alle Mühe hatte, um ein gutes Dutzend Kinder draußen zu halten, die natürlich mit in van Zants Allerheiligstes wollten. Die Männer begrüßten sich kurz und herzlich.
»Vielleicht sollte ich für ein paar Tage bei euch einziehen. Die Kinder schaffen es irgendwie, mir meine Grübelei auszutreiben, habe ich das Gefühl.«
Van Zant nickte. »Noch immer keine Änderung bei dir und Nicole?«
Zamorra winkte nur ab. Ein eindeutiges Zeichen, dass er darüber nicht sprechen wollte.
»Ich bin aus anderem Grund hier, ganz sicher nicht, weil ich dir meine miese Laune um die Ohren schlagen will.« In kurzen Sätzen berichtete er van Zant, dass er Ted Ewigk bei Vinca und Lakir einquartieren wollte. Der Physiker nickte bedächtig. Es war ein Risiko, Ewigk so nahe dem Ort unterzubringen, den die Vampire um Tan Morano ja kannten - Sinje-Li und dieser Starless Bibleblack, der Mörder von Manja Bannier, waren beide bei no tears eingedrungen, wenn auch aus verschiedenen Motiven
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