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0930 - Das Stigma

0930 - Das Stigma

Titel: 0930 - Das Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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atmete innerlich auf. Ich war unheimlich zufrieden mit dieser Aussage, aber ich ließ mir meine Freude nicht anmerken. Zum Glück durfte Doniel als Engel nicht lügen, denn das paßte nicht zu ihm. Er hielt sichln die Regeln und wußte nicht, wie sehr er mir dabei entgegenkam.
    »Möchtest du sonst noch etwas wissen?« fragte er mich.
    Ich nickte heftig. »Ja, gern. Wenn du wieder zurück in deine Welt eintauchst, bist du unverletzbar.«
    »So lauten die Regeln.«
    Ich nickte. »Das dachte ich mir. Aber ich weiß jetzt, daß ich nicht verloren bin und einen Schutzengel habe.«
    »Ich habe mich dir einmal gezeigt, und dabei möchte ich es bleiben lassen. Du weißt Bescheid, du kannst dich danach richten.«
    Plötzlich spürte ich Furcht, daß mein Plan doch nicht gelingen konnte.
    »Bitte, noch keinen Abschied, ich - ich habe noch etwas anderes mit dir vor, Doniel.«
    »So? Was?«
    Ich senkte den Kopf und demonstrierte Verlegenheit. »Nun ja, eigentlich traue ich mich nicht so recht, aber wo du doch mein Schutzengel bist, möchte ich es dir trotzdem sagen.«
    »Sprich es aus!«
    Mein Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Ich möchte, daß du mit mir durch den Ort gehst. Ich will dir zeigen, wie meine Eltern gelebt haben und wie ich lebe. Ich möchte auch mit dir in die Kirche gehen, und wenn du nichts dagegen hast, den Ort besuchen, wo deine beiden Schützlinge den Tod gefunden haben.«
    Er schwieg. Und dieses Schweigen ließ bei mir die Spannung kochen.
    Es kam jetzt einzig und allein auf seine Antwort an. Fiel sie in meinem Sinne positiv aus, war alles klar. Klang sie negativ, konnte ich meinen Plan vergessen.
    »Bitte«, flüsterte ich und schaute ihn dabei mit einem Blick an, für den ich mich selbst schämte.
    Doniel ließ mich noch warten. Seinem Gesicht war nicht anzusehen, mit welchen Gedanken er sich beschäftigte, ich konnte mir selbst nur die Daumen drücken.
    Der Engel wollte mir meinen Wunsch erfüllen und sich den Ort ansehen.
    »Wann soll es geschehen?« fragte er noch.
    Die' Antwort war simpel, doch ich hatte Mühe, sie über die Lippen zu bringen, was an meiner inneren Erregtheit lag und auch an der Weichheit in den Knien.
    »Sofort…«, flüsterte ich.
    Doniel nickte. »Ja, dann laß uns gehen, bevor meine Zeit vorbei ist…«
    Ich atmete auf und jubelte innerlich.
    ***
    Bevor meine Zeit vorbei ist, hatte er gesagt, und diese Worte hatte ich nicht vergessen. Deshalb wollte ich auch nicht zu langsam durch Aldroni gehen, sondern ziemlich schnell und mit ihm zuerst den Ort aufsuchen, wo meine Eltern verunglückt waren.
    Der Platz lag nicht weit vom Dorf entfernt. In südlicher Richtung, wo die schmale Straße steil und in vielen Kurven ins Tal führte. Eine dieser Kurven hatte mein Vater damals unterschätzt. Es war möglicherweise auch glatt oder feucht gewesen, jedenfalls war die Maschine ins Rutschen geraten und hatte meine Eltern gegen die Felswand geschleudert.
    Auch für einen Fremden war der Unglücksort nicht zu übersehen, denn er wurde von mir immer wieder mit einem Blumenstrauß geschmückt, der auch jetzt dort lag. Ich hatte mir dafür eine schmale Vertiefung zwischen zwei kleinen Steinen ausgesucht.
    Wir blieben davor stehen. Mühsam kämpfte ich mit den Tränen, und meine Stimme klang tränenschwer, als ich sägte: »Hier ist es passiert, genau an dieser Stelle.«
    Doniel nickte. Er legte mir eine Hand auf die Schultern. Die Geste, so fürsorglich sie auch gemeint war, beruhigte mich keineswegs. Ich hatte Mühe, auf der Stelle zu stehen, denn mir kam es vor, als hätte mich der Sensenmann berührt.
    »Du wirst darüber hinwegkommen, Marcia. Du wirst irgendwann lernen, die Schläge des Schicksals zu vergessen. Das kannst du mir glauben. Ich als Engel kenne die Menschen.«
    »Kennst du sie wirklich?«
    »Ja.«
    Ich schwieg, denn ich glaubte ihm nicht. Mich zum Beispiel kannte er nicht. Er wußte nichts von meinem außergewöhnlichen Plan, aber er sah die Gänsehaut, die über meine Arme lief und auch das Gesicht dabei nicht aussparte.
    »Wäre es nicht besser für dich, wenn wir diesen Platz hier verlassen, Marcia?«
    Ich nickte verkrampft, noch immer unter Tränen und auch mit einem Kloß im Hals. »Ja, du hast recht. Es ist bestimmt besser, wenn wir gehen, sonst verliere ich mich noch in meine traurigen Erinnerungen. Aber die Kirche, die möchte ich dir noch zeigen. Dort wirst du dich als Engel sicherlich wohl fühlen.«
    »Gern.« In der Höhe seines Mundes bewegte sich die Haut. Es

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