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0930 - Das Stigma

0930 - Das Stigma

Titel: 0930 - Das Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sollte ein Lachen sein.
    Normalerweise hätte ich einen Jubelschrei ausgestoßen, aber ich hielt mich zurück, und nicht mehr als nur ein gehauchtes »Danke« drang aus meinem Mund.
    Doniel drehte sich. Wir standen nicht allzu weit vom Dorf entfernt. Der Kirchturm war in der klaren Nachtluft gut zu erkennen. Über ihm war der Himmel von Sternen übersät, zwischen denen der Mond wie ein Wächter stand und sein blasses Licht aussandte.
    Mein Plan näherte sich allmählich der Endphase. Ich hatte mir auch schon den Weg ausgedacht, den wir gehen mußten. Nicht dort, wo die Gassen etwas breit waren, sondern mehr die noch schmaleren, wo wir nicht in Gefahr liefen, irgendwelchen Bewohnern zu begegnen, denn es gab immer wieder welche, die in der Nacht nicht schlafen konnten und nur umhergeisterten. Doch wir hatten Glück, und der Engel blieb nichtsahnend an meiner Seite. Ihm fiel auch nicht auf, daß sich meine Hand hin und wieder dem Rücken näherte und nach einem bestimmten Gegenstand faßte, der durch den dünnen Pullover verdeckt war.
    Auch die Umgebung der Kirche war menschenleer, wie ich sehr bald erkennen konnte. Die alte Mauer brauchten wir an der Westseite nicht zu überwinden. Sie stand sowieso nur mehr zur Hälfte und schützte die in ihrem Windschatten liegenden Gräber nur schwach.
    Ich ging jetzt schneller, war als erste an der Kirchentür und zog sie auf, wobei mich das unangenehm klingende Quietschen störte, doch Abstellen konnte ich es nicht.
    Mehr Sorgen bereitete mir Doniel. Er stand vor der Tür und schaute sich um, als wollte er einen besonderen Eindruck wieder zurück in seine Welt nehmen.
    Ich lächelte kalt, als ich daran dachte. Aber er sollte sich auch beeilen.
    Anzusprechen brauchte ich ihn nicht, denn er bewegte sich von allein und drehte sich um, damit er die letzte Distanz überwinden konnte. Er strich dicht an mir vorbei, so daß er als erster die Kirche betrat, und ich nahm seinen Geruch nicht wahr, weil es ihn einfach nicht gab. Es gab Menschen, die davon sprachen, daß sie die Nähe der Engel riechen können, aber bei Doniel war das nicht der Fall.
    Er roch nicht, seine Haut strömte nichts aus, er war einfach nur ein neutrales Wesen.
    Die Tür fiel wieder zu. Ich hätte gern einen Schlüssel besessen, um sie fest zu verschließen, aber auch so konnte ich davon ausgehen, daß die Kirche um diese Zeit nicht mal vom Pfarrer betreten wurde. In der Nacht war dieses Gotteshaus für ihn tabu.
    Ich wollte nicht näher über meine Vorbereitungen nachdenken und auch nicht über meinen Plan. Es gehörte sich nicht, ihn in der Kirche durchzuführen, aber ich dachte an meine Eltern, an ihren Tod und auch letztendlich an die Enttäuschung, die sie mir durch ihr Ableben bereitet hatten.
    Der Engel bewegte sich auf den Altar zu. Es war sehr dunkel in der Kirche. Nur zwei einsame Kerzen spendeten ein wenig Helligkeit. Doniel trat nur sehr vorsichtig auf, und auch ich bemühte mich, leise zu sein.
    Ich bewegte meine rechte Hand auf den Rücken und schob den Saum des Pullovers in die Höhe, um das Messer hervorzuziehen.
    Es war eine sehr scharfe Klinge. Sie hatte meinem Vater gehört, und er hatte damit Wild ausgeweidet. Sie würde sich auch bei dem Engel bewähren, der für eine bestimmte Zeit eine menschliche Gestalt angenommen hatte.
    Er war wieder nach vorn gegangen und stand jetzt so vor dem Altar, daß er ihn betrachten konnte.
    Großen Schmuck zeigte die flache Platte nicht. Ein paar Blumen, ein Kreuz, das war alles.
    Ich dachte daran, daß ich die Tat im Zeichen des Wortes stehenden Kreuzes begehen würde. Gewissensbisse überfielen mich, die jedoch verschwanden, als ich wieder die Gesichter meiner jetzt toten Eltern vor mir sah.
    Er hatte versagt.
    Er würde dafür büßen, und er würde mir den Weg meines weiteren Lebens ebnen.
    Daran dachte ich, als ich noch einen Schritt näher an ihn heranging, und beim nächsten Schritt, den ich leiser vollzog, hob ich bereits den rechten Arm.
    Aus der Faust schaute die Stahlklinge hervor. Mächtig und furchteinflößend.
    Ich hörte den Engel sprechen. »In diesem Raum fühle ich mich wohl und geborgen. Er ist ein…«
    Weiter sprach er nicht.
    Ich hatte den rechten Arm mit dem Messer nach unten sausen lassen und stieß dann zu.
    Einen Herzschlag später drang die Klinge tief in den Rücken des Engels!
    ***
    Meine Hand zuckte vom Griff zurück, als wäre dieser elektrisiert worden.
    Ich wußte, was ich jetzt war, aber ich wollte nicht darüber nachdenken,

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