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0930 - Das Stigma

0930 - Das Stigma

Titel: 0930 - Das Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Fläche genau dort auf, wo sich seine Umrisse befanden, und im nächsten Augenblick hatte er seine Welt und auch sein Tor verlassen.
    Er war bei mir!
    Ich war nicht in der Lage, mich zu bewegen, geschweige denn, etwas zu sagen. Ich mußte ihn einfach nur anschauen und sah ihn - ja, als was sah ich ihn denn?
    War er ein Geist, ein feinstoffliches Wesen, öder war er dabei, sich in einen Menschen zu verwandeln?
    Er war ein feinstoffliches Wesen und kein Mensch mehr. Er kam hervor, er brauchte den Boden nicht zu berühren, denn er schwebte über ihn hinweg. Er hatte keine Farbe, er war bleich wie ein heller Schatten, aber ich sah seine Beine und auch seine Arme, wobei ihm keine Flügel auf dem Rücken wuchsen.
    Der Engel näherte sich meinem Bett. Ich wartete darauf, daß er bis zu mir kam und dicht vor mir stehenblieb, daß er mich berühren konnte. Das tat er nicht, denn nach einem weiteren kleinen Schritt blieb er stehen, als sollte ich mich erst an seine Anwesenheit gewöhnen.
    Ich hatte ihn hingenommen. Er war jetzt da. Es gab ihn, und er war kein Traum.
    Und er spreizte die Arme, streckte sie von seinem Körper weg, als wollte er ein Kreuz bilden. Diese Bewegung führte er sehr langsam durch, ich konnte ihn genau dabei beobachten, und ich sah auch, was mit ihm geschah, denn er veränderte sich.
    War er zunächst nur als ein geistiges Wesen aus dem Spiegel hervorgetreten, so glich er sich nun den Lebewesen an, die auf dieser Erde ihre Heimat gefunden hatten.
    Es war kaum zu glauben, aber er verwandelte sich in einen Menschen.
    Seine feinstoffliche Gestalt löste sich nicht auf, sie füllte sich nur von innen, und dort, wo ich noch vor kurzem hätte hindurchfassen können, war alles kompakt geworden.
    Sehnen, Muskeln, Fleisch, Blut oder wie auch immer, ich wußte es nicht.
    Er war einfach da, und er hatte seinen feinstofflichen Zustand verlassen, um einen menschlichen Körper zu bekommen.
    Dabei blieb er nackt, und ich fand auch, daß eine Kleidung irgendwie nicht zu ihm paßte. Seine Haut war anders als die eines Menschen. Sie erinnerte mich an helle Asche.
    Ich konzentrierte mich auf seine Augen, ohne dort den himmlischen Glanz entdecken zu können, der von Engeln immer erwartet wurde. Sie blieben blaß, farblos, einfach grau, und es war für mich irgendwie enttäuschend. Auch sein Gesicht zeigte keine besonders markanten Merkmale. Wenn ich es beschreiben sollte, hätte ich es als neutral angesehen. Es war ein Gesicht, das einer Frau oder auch einem Mann gehören konnte, ohne daß irgendwelche prägnanten Merkmale hervortraten.
    Ich wußte nicht, wie ich mich verhalten sollte. Ich hatte lange auf diese Bewegung gewartet, jetzt aber war ich so überrascht, daß es mir die Sprache verschlagen hatte.
    Der Engel schaute mich an.
    Ich wich seinem Blick nicht aus und hatte plötzlich Mühe, meine Tränen zu unterdrücken, denn ich mußte wieder an meine toten Eltern denken, die genau auf diesen Engel gesetzt hatten, um von ihm beschützt zu werden. Sie hatten leider dem Falschen vertraut, und dieses Wissen ließ mich innerlich zittern.
    Ich riß mich zusammen.
    Nur keine Gefühle zu offen zeigen. Keinen Haß, auch keine Freude, mich möglichst neutral zu verhalten. Ich schaffte es, mir genau den Ruck zu geben, den ich brauchte und stand auf.
    Gott, was fiel es mir schwer, ruhig stehenzubleiben. Die leichteste Frage zu stellen, wurde zu einem Problem. Nach einem zweimaligen Räuspern endlich schaffte ich es.
    »Wer bist du?«
    »Ich komme nicht von hier«, antwortete er mit einer Stimme, die so ungewöhnlich klang, als käme sie nicht von dieser Welt, sondern aus einer weiten Entfernung, wobei sie trotzdem nah war. Sie hallte irgendwo nach; ich wußte nicht wo. Möglicherweise sogar in meinem Kopf, aber darüber wollte ich nicht nachdenken.
    »Ich weiß, daß du aus einer anderen Welt gekommen bist. Aber hast du auch einen Namen?«
    »Jeder von uns hat einen Namen.«
    »Ja, auch wir. Ich heiße…«
    »Ich weiß, wie du heißt. Du bist Marcia, und du hast mich gerufen.«
    »Sag mir, wie du heißt!« forderte ich. Die Furcht war jetzt verschwunden.
    Ich hatte mich zwar nicht an den Besucher gewöhnt, aber ich konnte mit ihm leben.
    »Ich bin Doniel.«
    Daraufhin sagte ich nichts. Doniel - dieser Name war mir fremd. Aber ich wußte genau, daß die Engel, so unzählig sie auch sein mochten, alle Namen hatten, die mit denen der Menschen kaum zu vergleichen waren.
    Er hieß also Doniel, und er mußte zu höheren Gattung der

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