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0930 - Das Stigma

0930 - Das Stigma

Titel: 0930 - Das Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ich schaute nur auf den Rücken des Engels und hoffte, daß ich ihn tödlich getroffen hatte.
    Wenn er so reagierte wie ein Mensch, dann konnte dies durchaus zutreffen, dann mußte er einfach zusammensacken und zu Boden fallen.
    Das Messer steckte tief, und aus der Wunde sickerte nur wenig Blut. Mir kam die Zeit bis zum ersten Zittern der Gestalt unendlich lang vor, dann aber hätte ich beinahe gejubelt.
    Doniel sackte zusammen. Er fiel noch nicht, weil es ihm durch einen Schritt nach vorn gelang, auf den Beinen zu bleiben.
    Aber der zweite Teil seines Endes war damit eingeläutet, das wußte ich genau. Ich ließ auch meine Waffe in seinem Rücken stecken und lauerte darauf, ob er es schaffte, sich noch einmal zu erholen.
    Nein, das passierte nicht.
    Seine Gestalt verlor alle Kraft. Es kam mir so vor, als würde sie schwammig werden. Er schwankte von einer Seite zur anderen, er versuchte es noch mit einem Ausfallschritt, ohne sich allerdings wieder in die Senkrechte bewegen zu können.
    Seine linke Hand fuhr wild durch die Luft, weil sie nach einem Halt suchte. Da gab es nichts, auch nicht den äußeren Rand einer Kirchenbank. So griff er ins Leere, und es kam, wie es kommen mußte.
    Er verlor völlig die Kontrolle und fiel hin.
    Als er aufschlug und ich dieses Geräusch hörte, da kam es mir vor, als wäre mir ein Stein vom Herzen gerollt. Er war nicht auf den Rücken gefallen, sondern blieb auf dem Bauch liegen. Ich näherte mich dem Engel mit vorsichtigen Schritten, schaute erst einmal hoch, ob er sich bewegte, was nicht der Fall war, und faßte ihn dann an.
    Ich rüttelte ihn und erlebte keine Reaktion.
    Sehr gut, sehr gut.
    Dann stellte ich mich wieder hin, bückte mich aber und umfaßte mit beiden Händen sein rechtes Handgelenk. Zusammen mit dem Arm hob ich es an, denn ich wollte den Arm als Hebel benutzen und ihn so zu dem Platz schleifen, den ich mir ausgesucht hatte.
    Es war die kleine Sakristei, in der ich einiges vorbereitet hatte. Ziemlich außer Atem kam ich dort an und sah auch die Gefäße dort stehen, die mich im Augenblick nicht interessierten, denn viel wichtiger war der Raum unter der Klappe.
    Ich zerrte die Luke hoch und war außer Atem, als ich es endlich geschafft hatte. Danach schleifte ich den Körper bis dicht an den Rand, bevor ich ihn in die Tiefe rollte.
    Er prallte auf und blieb dort liegen.
    Ich war zufrieden. Zusammen mit einigen Gefäßen kletterte ich ihm nach. Es war sehr dunkel, ich mußte einfach Licht haben, aber auch das war vorbereitet.
    Die Kerzen standen bereit. Zwei Flammen reichten aus, um die Umgebung zu erhellen.
    Ich lächelte, als das Licht über die Gestalt fiel. Dann bückte ich mich und umfaßte den Messergriff. Mit beiden Händen mußte ich daran zerren, um ihn aus der Wunde zu bekommen, und das erste Blut floß.
    Ich wußte ja, daß ich Zeit hatte, und ich besaß das Messer, das mir auch weiterhin dienlich sein würde.
    Das Blut war wichtig. Es war für mich zwar nicht der Ersatz meiner Eltern, aber es würde mir helfen, mir ein neues Leben aufzubauen. Alles andere konnte ich vergessen. Denn diese Blutabgabe war mir der Mann einfach schuldig. Und ich machte mich an die Arbeit…
    Hier endeten die Erzählungen der Marcia Morana, und auch sie war beinahe am Ende, wie ich sehr gut erkennen konnte. Sie hockte noch immer auf dem Bett, sie schüttelte den Kopf, die dünne Kleidung klebte auf ihrer schweißnassen Haut.
    Leise stöhnte sie auf, wischte durch ihr Gesicht und wühlte die Haare auf. Es wirkte nicht geschauspielert, diese Person sah aus, als würde sie unter den Erinnerungen leiden. Da ich nichts sagte, ergriff sie das Wort, hob den Kopf an und schaute mir ins Gesicht. »Verdammst du mich jetzt, John?«
    Ich hob die Schultern. »Nein, wie könnte ich? Ich habe kein Recht, einen Menschen zu verdammen.«
    »Danke, daß du so denkst, aber du mußt dir auch darüber im klaren sein, daß eine Mörderin vor dir sitzt.«
    »Das weiß ich, obwohl ich da auch mildere Umstände einsetzen würde.«
    »Warum? Weil ich dir vielleicht das Leben gerettet habe?«
    »Nein, nicht nur das. Außerdem bin ich nicht der einzige gewesen, dem du geholfen hast. Dein Ruf hat sich ja in London herumgesprochen. Nicht alle standen dir positiv gegenüber, das weißt du, denn du bist der Gesundheitsbehörde aufgefallen, doch das ist in diesem Moment uninteressant geworden. Hier geht es um andere Dinge.«
    »Um welche?«
    »Erst einmal um dich.«
    Marcia nickte mir zu. »Ich weiß, was du

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